Ist Tennis nur was für den reichen Erben? Die Dettinger Tennisjugend wehrt sich gegen die Aussagen einer CDU-Politikerin und nimmt Stellung. (Symbolfoto) Foto: Pixel-Shot/ Shutterstock

TV-Statement einer CDU-Abgeordneten irritiert Dettinger Tennisjugend. Offener Brief. Mit Glosse

Horb-Dettingen - Der Jugendausschuss im TC Dettingen hat einen offenen Brief an die CDU-Abgeordnete Antje Tillmann verfasst. Anlass ist eine Äußerung der finanzpolitischen Sprecherin der  CDU/CSU Fraktion im Bundestag zum "Streit um die Vermögenssteuer". Tillmann sprach vom "Tennis spielenden" Erben.

Tennis ist der Sport für Ärzte, Rechtsanwälte und Unternehmer – und in der DDR galt Tennis sogar als Zeitvertreib des Klassenfeindes. Aber wer es mit Tennisclubs auf dem Land zu tun hat, kann sofort bestätigen: Das Klischee war bereits vor dem Ende der DDR ziemlich veraltet und hat mit den real existierenden Tennisclubs schon lange nichts mehr zu tun.

Hartnäckiges Klischee lässt sich nicht so leicht unterkriegen

Do ch was ein hartnäckiges Klischee ist, lässt sich nicht so leicht unterkriegen. Das erlebten jugendliche Tennisspielerinnen und -spieler, die sich beim Anschauen der ZDF-Fernsehsendung "Heute" über eine Aussage der finanzpolitischen Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Antje Tillmann, gewundert haben.

Der Jugendausschuss des Tennisclub Dettingen hat daraufhin einen offenen Brief verfasst, in dem es heißt: "Wir, der Jugendausschuss des Tennisclub Dettingen, sahen am 23.08.2019 Ihren Beitrag zum Thema Vermögenssteuer bei ZDF heute, in welchem Sie die Aussage: ›Man hat immer so vor Augen den tennisspielenden Erben...‹ tätigten. Auch, wenn dies nicht die Hauptaussage Ihres Interviews darstellte, sorgte dieser Satz bei uns für reichlich Gesprächsbedarf, denn wir erleben jeden Tag aufs neue, dass Tennis kein Sport nur für reiche Erben, sondern für Kinder, Jugendliche und Erwachsene aller gesellschaftlichen Schichten ist, der Menschen jeglicher Herkunft verbindet."

Weiter schreibt die Dettinger Tennisjugend: "Um bei uns Tennis zu spielen muss man nicht reich sein, denn unser Verein übernimmt beispielsweise fast die gesamten Kosten des Sommertrainings, fördert das Wintertraining finanziell und gibt uns immer Zuschüsse für Veranstaltungen sowie unseren jährlichen Jugendausflug, Kinobesuche oder Turniere, was auch finanziell schwächeren Familien die Möglichkeit gibt, aktiv am Vereinsleben teilzunehmen."

Damit sie sich ein Bild machen könne, "was Tennis für uns, und vielleicht dann auch für Sie bedeutet", sei Tillmann dazu eingeladen, die Dettinger Tennisjugend einen Tag lang zu besuchen. "So könnten Sie unser Vereinsleben und dessen Vielfalt näher kennenlernen und, wenn Sie möchten, auch eine kleine Partie Tennis mit uns spielen. Über eine positive Rückmeldung Ihrerseits würden wir uns sehr freuen."

Glosse: Ball im Netz

Von Christof Schülke

Vorsicht mit Vergleichen. Nicht jeder passt, und gerade die Bildersprache verleitet zu groteskem Irrwitz. Journalisten wissen das meistens und schreiben selten Kommentare mit der Wendung "Beim Versuch, die Kuh vom Eis zu holen, schoss er aus der Hüfte und traf in den Ofen". Solche redensartlichen Metaphern gibt es viele, und es kommen immer wieder neue dazu. Ob die "Tennis spielenden Erben" einfach nur ein unglücklicher Griff in die Spruchkiste waren, oder ob die CDU/CSU-Bundestagsabgeordnete schlechte Erfahrungen mit Tennis gemacht hat und deshalb einem unbewusstem freudschen Versprecher zum Opfer gefallen ist, spielt keine Rolle – denn das Klischee des Oberschichten-Tennis ist einfach zu alt und zu ausgelatscht. Wer heutzutage erbt, der zahlt erst mal Steuern, dann vielleicht Schulden ab. Danach kann er oder sie sich je nach Finanzkraft ein paar exklusive Mountainbikes kaufen oder zum Trekking nach Neuseeland düsen. Aber Tennis? Da muss man doch an Vereinssitzungen teilnehmen und sich bei Arbeitseinsätzen auf den Plätzen blicken lassen. Ganz zu schweigen vom Bewirten im Vereinsheim und den Putzdiensten! Passt nicht so gut zu reichen Erben, Frau Tillmann. Der Ball ging ins Netz.