Wegen eines Streits um ein Knöllchen zog Grüber vor Gericht. Foto: Lück

Zoff um Bahnhofs-Stellplatz. Besitzer: "Ich räum hier auf." Grüber: "Sie kleiner Scheißer!"

Horb - Neuer Parkärger für den Kulturschaffenden Michael Grüber. Nachdem er sich vor Gericht vergeblich gegen die vermeintliche "Knöllchen-Hetzjagd" der Stadt gewehrt hatte, ging es diesmal um eine Beleidigung. Grüber hatte sein Auto auf einem fremden Privat-Stellplatz geparkt. Mit Folgen.

Das Parken bringt Michael Grüber immer wieder Ärger. Im November 2018 wehrte er sich vor dem Amtsgericht Horb gegen die "Knöllchen-Hetzjagd". Weil er 15 Knöllchen dafür bekommen hatte, weil sein Anwohnerparkausweis nicht sichtbar ausgelegen hatte.

Jetzt war Grüber wieder vor dem Amtsgericht. Die Anklage: Beleidigung. Der Auslöser: Wieder ein Parkärger.

"Ein Mann bedrohte mich mit dem Abschleppen des Autos"

Was war passiert? Grüber hatte sein Auto im Dezember letzten Jahres seinem alten Freund - dem Musikprofessor Miguel Monroy - ausgeliehen. Grüber: "Der war früher an der Musikhochschule Trossingen und lebt jetzt in Venezuela. Der 80-jährige Miguel rief uns am 28. Dezember an - dass er uns das Auto zurückbringt."

Grübers Lebensgefährtin Christa Stiegenroth erinnert sich: "Wir haben uns in unserem Showroom getroffen. Miguel hat so ergreifend von der politisch und sozialen schlimmen Situation in Venezuela gesprochen - wir haben einfach nicht auf die Uhr geguckt."

Plötzlich waren es nur noch 15 Minuten zur Abfahrt des Zuges. Grüber: "Wir sind zum Bahnhof, mussten noch ein Ticket kaufen. Mein Auto hat mich in den erstbesten Parkplatz geführt." Dann ging in einem Gebäude nebenan oben Fenster auf. "Ein Mann bedrohte mich mit dem Abschleppen des Autos. Ich rief hoch: Wir haben nur fünf Minuten, müssen noch ein Ticket lösen, dann sind wir wieder weg!"

Angeklagter beleidigt Parkmieter

Grüber brachte seinen Freund gerade noch rechtzeitig zum Zug. Miguel Monroy erinnert sich in einem Brief an Grüber: "Der Zug fuhr ein und ich war sofort weg in Stuttgart." Grüber schilderte: "Als ich zurückkam, waren alle drei Scheibenwischer und die Spiegel verdreht. Ich habe dann bei dem Mann oben geschellt und ihn alles geheißen!"

Richter Albrecht Trick will wissen: "Was haben Sie ihn geheißen?"

Grüber: "Das, was in der Anklage geschrieben ist. Wenn es nicht mehr möglich ist, fünf Minuten zu parken, dann will ich nicht mehr auf der Welt sein. Amen!"

Laut der Anklageschrift hat Grüber "Sie kleiner Scheißer. Sie Kleinkackerscheißer" gerufen. Das ist auch auf einem Video zu sehen und zu hören, das der Parkplatz-Mieter von oben gedreht hatte. Die Tatzeit: Donnerstag, 28. Dezember um 12.46 Uhr.

Der Richter will wissen, warum Grüber unbedingt auf diesem Parkplatz halten musste. Der Kulturschaffende (unter anderem Organist in der evangelischen Johanneskirche) sagte: "Das Auto hat mich da hingeführt."

"Er geht gleich auf 180!"

Dann kommt der Parkplatzmieter als Zeuge. Ein 47-jähriger Selbstständiger. Nennen wir ihn Bernhard M. (Name geändert). Er schult im Bahnhof Horb Lokführer.

Er sagt: "Meine Firma hat 25 Mitarbeiter. Wir haben deshalb Privat-Parkplätze direkt vor dem Bahnhof gemietet. Grüber fuhr dort rein und belegte gleich zwei Parkplätze. Ich sagte: "Wäre nett, Sie würden nur einen Parkplatz belegen. Nein. Er geht gleich auf 180!"

Dann zeigt er einen Zettel hoch: "Das passiert öfter, dass da Leute einfach parken. Ich zahle genug für die Parkplätze. Es kann nicht sein, dass unsere Kunden im Parkhaus zahlen müssen, während Leute wie Grüber dort parken! Ich räume halt auf!"

Zitiert aus dem Zettel-Text, der die Illegalität des Parkens anhand von Paragrafen begründet. Sagt: "Dem habe ich Grüber unter den Wischer geklemmt!"

Grüber sah von Anzeige ab

Der Richter hält ihm vor, dass Grüber gesagt habe, dass er nur ein paar Minuten bleibt.

Bernhard M. "Das ist mir egal. Ich ziehe das durch. Den Abschleppunternehmen habe ich auch schon gerufen. Diese Rechnung werde ich bei Grüber auch noch einklagen!"

Richter Trick will noch wissen, ob M. die Seitenspiegel eingeklappt und die Scheibenwischer verdreht hat. Der Unternehmer meinte: "Das weiß ich nicht mehr."

Dann wendet sich der Richter an Grüber: "Was ist der Sinn ihres Einspruchs?"

Grüber: "Das war Verteidigung. Der Ton macht die Musik. Er hat mir auch noch die Wischer und die Spiegel runtergerissen!"

Angezeigt habe er ihn deshalb aber nicht.

150 Euro Geldstrafe für Künstler

Die Staatsanwältin spricht in ihrem Plädoyer von "umfänglichen Anhaltspunkten für eine Provokation. Für die Sachbeschädigung durch Bernhard M. sehe ich keinen Beweis. Der Angeklagte zeigt keine wirkliche Einsicht. Er versucht, minus mit minus zu bekämpfen!" Sie fordert eine Geldstrafe von 735 Euro. Im Strafbefehl, gegen den Grüber Einspruch eingelegt hatte, waren es noch 600 Euro.

Dann zieht sich Richter Albrecht Trick kurz zum Urteil zurück. Spricht Grüber für schuldig, verhängt aber nur eine Geldstrafe von 150 Euro. Der Richter äußerte Verständnis für beide Seiten. "Ich hätte mir gewünscht, dass Sie sich bei ihm entschuldigen. Schade, dass man keinen Ausgleich gefunden hat. So gab es ein Urteil."

Die Geldstrafe mit 150 Euro sei ganz am unteren Rand, weil Grüber als Künstler wegen Corona derzeit kein Einkommen hat.