BI empört über "Flächen-Hinterlist" bei Hau und Holzwiese. Rathaus hielt Gutachten geheim.
Horb - Das war ein Schock – nicht nur für die Bürgerinitiative gegen das geplante Gewerbegebiet in Ahldorf: Plötzlich zaubert das Rathaus eine komplett neue Fläche hervor. BI-Sprecherin Christina Nuss: "Die Mitglieder der Bürgerinitiative sind empört über das Vorgehen des Rathauses!"
Kein Wunder. Am Mittwoch hatte OB Peter Rosenberger im Interview des Schwarzwälder Boten über die Kommunikation des Rathauses noch gesagt: "Sehr häufig wird beispielsweise über den richtigen Zeitpunkt, wann was kommuniziert werden soll, diskutiert. So frühzeitig als möglich, wenn noch keine Fakten vorliegen, oder aber – so wie wir es handhaben – wenn wir konkrete Informationen mitteilen können."
Die Praxis sieht so aus: Im Dezember 2018 wird im Gemeinderat über das weitere Vorgehen beim geplanten Gewerbegebiet beschlossen. Im Beschlussvorschlag heißt es: "Den Standort B 32 zur möglichen Gewerbeentwicklung weiter zu prüfen und hierzu insbesondere das Thema Artenschutz, Erschließung und Emissionen vertieft zu betrachten."
Der "Flächenhammer" überrascht
Am Donnerstag dann der "Flächen-Hammer"! Statt des bisher heiß umkämpften Gewerbegebiets Hau und Holzwiese ist jetzt auf einmal die Fläche daneben bis zur Autobahn der besser geeignete Standort für ein Gewerbegebiet. Das legt ein Gutachten des Geologen Thomas Reichel aus Rottenburg-Kiebingen nahe. Der Auftrag für dieses Gutachten wurde vom Rathaus Horb am 9. April 2019 vergeben.
Erst am Donnerstag, 15. Oktober 2020, wird dieses Gutachten ins Bürgerinformationssystem eingestellt. Die Gemeinderäte haben die Unterlagen nach Informationen des Schwarzwälder Boten zwei Tage eher bekommen.
Hielt die Stadt das Gutachten geheim?
Christina Nuss, Bi-Sprecherin und Fraktionschefin der Bürger im Mittelpunkt: "Dieses für alle offenbar neue Gutachten über eine komplette Alternativfläche wurde für das Rathaus schon am 28. August 2019 fertiggestellt.
Auch das artenschutzrechtlich vertiefende Gutachten des Büro Gförer trägt das Datum vom 30. September 2019.
Wir fragen schon seit über einem Jahr nach diesen Gutachten. Das Rathaus und auch OB Rosenberger haben immer gesagt, dass die Gutachten seit Ende 2019 vorliegen. Dass die geologische Untersuchung der zweiten Fläche schon im April 2019 gestartet wurde und 13 Monate geheim gehalten wurde, das empört die Mitglieder der Bürgerinitiative!"
Auch CDU-Fraktionschef Michael Keßler sagt zu der jetzt ins Spiel gekommenen zweiten Fläche: "Den Untersuchungsauftrag, den der Gemeinderat im Dezember 2018 dem Rathaus gegeben hat, habe ich nicht so weitgehend verstanden."
Hinterlist-Trick der Stadtverwaltung?
Versucht das Rathaus mit einem "Hinterlist-Trick" und dem Überraschungs-Coup des 13 Monate geheim gehaltenen geologischen Gutachtens über die Alternativfläche, die Abstimmung über das geplante Gewerbegebiet zu beeinflussen?
Fakt ist: Michael Keßler hat in der Tat einen Acker im Gebiet 2. Ungefähr einen Hektar (10 000 Quadratmeter) im Gewann Zehrbaum, wie er dieser Zeitung sagt. Damit wäre der Nebenerwerbslandwirt und Vize-Ortsvorsteher von Ahldorf möglicherweise befangen. Fatal für die Gegner. Keßler sagt: "Keiner hat mehr und öfter gegen das geplante Gewerbegebiet in Ahldorf gestimmt. Dabei bleibt es – egal, in welcher Variante."
Gewerbegebietsgegner Keßler besitzt Acker
Keßler hat schon angefragt, wie es tatsächlich um seine mögliche Befangenheit in der Abstimmung steht: "Das muss kommunalrechtlich geklärt werden."
Fakt ist aber auch: Im 13 Monate lang vom Rathaus geheim gehaltenen Gutachten heißt es, dass die neue Fläche erheblich besser für Gewerbe geeignet ist. Zitat: "Unter zusätzlicher Berücksichtigung der Flächennutzung des Standorts 1 (Wald und landwirtschaftliche Nutzflächen) und des Standorts 2 (praktisch nur landwirtschaftliche Nutzung/Ackerbau) sowie der gesamtökologischen und naturräumlichen Wertigkei der beiden Standorte ist der Alternativstandort 2 sogar als erheblich besser geeignet zu bewerten."
Neuer Standort "besser geeignet"?
Allerdings: Dieser neue Standort ist durch Berg und Tal viel teurer zu erschließen, so der Gutachter: "Zu beachten ist jedoch, dass der Alternativstandort 2 vermutlich deutlich höhere Erschließungskosten aufwerfen wird als der Standort 1, da am Alternativstandort 2 großvolumige Geländeauffüllungen oder Massenverlagerungen zur Modellierung der dortigen Mulden- und Wannenstrukturen notwendig werden."
Bei "Hau und Holzwiese" gehen nur 11 Hektar
Schon im ersten geologischen Gutachten 2018 hatte Gutachter Thomas Reichel zu Hau und Holzwiese geschrieben: "Gewerbebaumaßnahmen sind (...) bis auf den West/Südwestbereich und den äußersten Südostbreich vermutlich technisch möglich." Auf der dazugehörigen Skizze sind diese Gebiete markiert. Damit wären aber lediglich 10,9 Hektar von "Hau und Holzwiese" zu nutzen. Das Rathaus hatte immer von mindestens 20 Hektar Gewerbefläche gesprochen – sonst sind die Erschließungskosten zu hoch.
Mit Fläche 2 würde der Wald stehen bleiben. Beruhigt das Gegner? Michael Keßler: "Gewerbebauten dort würden genau in Blickrichtung von Ahldorf stehen."