Michael Riechers Elternhaus (rechts) in Nordstetten wird derzeit ausgeräumt. In dem Haus wohnte Mohammed O., der Riecher getötet haben soll. Foto: Lück

Vor 110 Tagen wurde Immobilienunternehmer getötet. Warum sind Ermittler so verschlossen?

Horb - Die Ritterschaftsstraße 15. Das Elternhaus von Michael Riecher. Und die letzte Wohnung des Mannes, der mit angeklagt ist, ihn getötet zu haben. Jetzt ist die Erlacher Höhe da und räumt das Haus leer.

Seit Dienstagmorgen stehen Container vor dem Haus. Im Vorgarten liegen die Reste von demontierten Schränken. Am Seiteneingang steht ein Nutzfahrzeug der Erlacher Höhe.

Auf dem Hof stehen eine alte Waschmaschine und Herde. Ein Mann im grauen Arbeitsoverall mit dem Logo der Erlacher Höhe lädt einen Karton ins Fahrzeug. Er sagt zu seinem Kollegen: "Fotograf." Der schaut von der alten Holztreppe herunter und sagt: "Ich habe Anweisung, dass Sie diese Baustelle sofort verlassen müssen."

Das traurige, banale Ende einer ganz besonderen Beziehung. Ein Haus wird leer geräumt. Alle Spuren der Bewohner und Vorbesitzer getilgt. Bis Anfang November wohnte hier Mohammed O. (27). Der Immobilienunternehmer Michael Riecher hatte den syrischen Flüchtling im Sommer sein Elternhaus vermietet.

Damit der frischverheiratete Angestellte einer Empfinger Firma eine angemessene Wohnung für sich und seine Frau hat. Mohammed O. wurde am Freitag, 9. November, verhaftet. Einen Tag später kommt er in Untersuchungshaft. Ein Polizeisprecher damals: "Der Tatbestand im Haftantrag lautet auf Mord."

Klartext: Der syrische Flüchtling soll Riecher ermordet haben.

Vier Tage später wird ein staatenloser Palästinenser (32) aus dem Landkreis Ludwigsburg verhaftet. Er hatte zunächst Angaben zur Tat gemacht, vor dem Haftrichter aber geschwiegen. Eigentlich sollte er in seiner Wohnung verhaftet werden, aber die Handschellen klickten dann am Hauptbahnhof Darmstadt – der Mann saß in einem Zug Richtung Norden.

Und seitdem rätselt die gesamte Region: Ist es wirklich möglich, dass der so integrationsbereite Mohammed O. etwas mit dem Tod seines väterlichen Freundes Riecher (zum Todeszeitpunkt 57 Jahre alt) zu tun hat?

Polizei und Staatsanwalt halten sich bedeckt. Sagen nichts zur Tötungsart. Sprechen nur von einer "aktiven Tötungshandlung". Ob diese Tötungsart etwas mit der Lungenkrankheit (COPD im vierten Stadium) von Riecher zu tun hat? Bis heute keine Antwort.

Geschweige denn, dass es Auskünfte zu einem möglichen Motiv gibt. Fest steht nur: Riecher galt als sehr vermögend. Er besaß einen schwarzen Jaguar, den er sich einigen Monate vor seinem Tod gekauft hatte, weil sein uraltes BMW-Cabrio einfach nicht mehr wollte. Doch ansonsten trug Riecher sein Vermögen nicht nach außen.

In der Wohnung, so erzählen enge Freunde, habe nichts auf das Vermögen von Riecher hingewiesen.

Und auch am Dienstag – 109 Tage nach dem Tod von Riecher – geben sich die Ermittler schmallippig. Der sonst speziell für diesen Fall zuständige Polizeisprecher ist im Moment krank. Frank Grundke, Sprecher der Staatsanwaltschaft: "Wir haben gerade die Akten von der Polizei bekommen. Die sind sehr umfangreich. Diese Akten werden jetzt von der Staatsanwaltschaft durchgearbeitet. Dann wird entschieden, ob und welche Art der Anklage erhoben wird." Das heißt: Die Arbeit der Soko mit dem Namen "Pfand", die über 50 Mann stark war, ist abgeschlossen.

Im Januar gab es noch einmal Wirbel um die Tötung von Riecher. Einer Zeugin war aufgefallen, dass vier Männer vor dem Elternhaus des Immobilienunternehmers etwas in den Schnee gezeichnet haben. Und dass diese Männer offenbar gegraben haben – auf dem Nachbargrundstück. Drei Männer wurden dann von der Polizei vernommen.

Warum sind die Ermittler so verschlossen? Warum hat es in der Zwischenzeit keine Pressekonferenz gegeben, bei der es mehr Details gibt?

Staatsanwalt Grundke: "In der Zwischenzeit hat es nichts weiter zu sagen gegeben."

Haben die Anwälte der Tatverdächtigen in der Zwischenzeit Antrag auf Entlassung aus der Untersuchungshaft gestellt?

Staatsanwalt Grundke: "Es hat keine Anträge auf Haftentlassung gegeben."

Wie geht es jetzt weiter? Dazu sagt Grundke: "Wenn sich etwas Neues ergibt, werden wir eine Erklärung abgeben."

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