Spurensicherung vor dem Haus von Michael Riecher: Auch am Montag wurde hier weiter ermittelt. Foto: Lück

Polizei ermittelt weiterhin intensiv. Kriminologe Pfeiffer: "Es muss massives Belastungsmaterial vorliegen".

Horb-Nordstetten - Hat er Michael Riecher getötet? Der dringend Tatverdächtige sagt etwas "zur Person und zur Sache", aber ein Geständnis gibt es aktuell nicht. "Es muss aber massives Belastungsmaterial vorliegen", sagt der bekannte Kriminologe Christian Pfeiffer.

Der Syrer M. O. (27) gilt als dringend tatverdächtig und sitzt deshalb in Untersuchungshaft. Doch noch immer ist das Rätsel groß: Wie und warum musste der Immobilien-Unternehmer Michael Riecher sterben? Das Tatmotiv und die Umstände scheinen noch nicht – zumindest vollständig – geklärt.

In einer Pressemitteilung von Staatsanwaltschaft und Polizei am Montagmittag heißt es: "Die kriminalpolizeilichen Ermittlungen der eingerichteten Sonderkommission zu den näheren Umständen und auch zum Motiv der Tat dauern nach wie vor an." Stehen die Ermittler selbst noch hinsichtlich des Tatmotivs vor einem Rätsel? Staatsanwalt Frank Grundke sagt: "Es gibt noch eine ganze Menge offene Fragen zum Motiv."

Der bekannte Kriminologe Christian Pfeiffer aus Hannover erklärt auf Anfrage unserer Zeitung: "Die Polizei ist bisher wohl auf die Indizien angewiesen. Beim Tatmotiv gibt es noch Fragezeichen." Dennoch sei klar: "Man kann mit Sicherheit sagen: Wenn ein dringender Tatverdacht vorliegt und der Haftbefehl von der Justiz bestätigt wurde, dann liegt massives Belastungsmaterial vor." Zur aktuellen Informationslage sagt Pfeiffer: "Im aktuellen Fall ist es sicher interessant, das Abhängigkeitsverhältnis des Tatverdächtigen zu dem Opfer zu beleuchten."

In der Regel sei es dann eine Frage der Zeit, dass der Anwalt dem Tatverdächtigen klarmache, was es für Auswirkungen auf das Strafmaß hat, wenn weiterhin geschwiegen wird. Doch was bedeutet es, dass der Tatbestand im Haftbefehl "Mord" ist? Das muss wohl noch nicht bedeuten, dass es am Ende zu einer Anklage wegen Mordes kommt. "Am Anfang wird der Tatbestand oft bewusst hoch gehängt. Da steckt auch Strategie dahinter", so der Experte. Genauer werde es, wenn der Tatverdächtige zu reden beginne. Dann könne es auch sein, dass man nicht mehr Mord, sondern beispielsweise Totschlag annehme.

Auch am Montagvormittag war die Spurensicherung wieder im Wohnhaus von Michael Riecher in der Weikersthalstraße in Nordstetten im Einsatz. "Das kann sehr gut möglich sein", sagt Staatsanwalt Grundke dazu. Außerdem fuhren vermehrt Zivilfahrzeuge der Polizei durch Horb – unter anderem mit Blaulicht die Christophorusbrücke stadteinwärts entlang.

Unterdessen mahnt Oberbürgermeister Peter Rosenberger vor Spekulationen: "Ich warne davor, die Gerüchteküche anzuheizen. Wir sollten den Ermittlungen der Polizei und die Ergebnisse abwarten. Es gilt die Unschuldsvermutung. Wir wissen auch noch nichts über den Tathergang. Wenn am Ende herauskommt, dass es so war, dann darf jeder seine Meinung dazu äußern. Doch jetzt ist noch nicht der richtige Zeitpunkt dafür."

Info: Was bedeutet "Tatbestand Mord"?

Im Volksmund wird schnell von "Mord" gesprochen. Doch juristisch gesehen, müssen spezielle Voraussetzungen erfüllt sein, damit man tatsächlich von Mord sprechen kann. Wir fassen zusammen, was der Tatbestand Mord bedeutet.  

Strafmaß Auf Mord oder auf versuchten Mord steht als Höchststrafe bei Erwachsenen lebenslange Haft. Weder Mord noch versuchter Mord können verjähren. Für gefährliche Körperverletzung gibt es Strafen zwischen sechs Monaten und zehn Jahren.  

Voraussetzungen Für den Tatbestand des Mordes wie auch des versuchten Mordes gelten zwei Voraussetzungen. Zum einen muss mindestens ein bedingter Vorsatz vorliegen. Rechnet ein Täter beispielsweise damit, dass eine Handlung Todesopfer fordern wird, und lässt trotzdem nicht von seinem Tun ab, dann ist das ein bedingter Vorsatz, auch wenn es ihm auf die Tötung gar nicht ankommt.

Zweite Voraussetzung für den Tatbestand Mord sind die Mordmerkmale. Dazu gehören Mordlust und Habgier, Heimtücke und Grausamkeit sowie die Verdeckung anderer Straftaten.

Unterscheidungen  Eine Tat aus Habgier liegt beispielsweise vor, wenn durch diese unmittelbar oder mittelbar wirtschaftliche Vorteile erlangt werden sollen. Für Heimtücke ist zentral, dass das Opfer in einer hilflosen Lage überrascht wird. Eine Tötung auf Verlangen gilt dagegen laut Rechtsprechung nicht als Mord, denn es müsse eine "feindliche Willensrichtung" vorhanden sein.

Mord im Affekt Die Tötung muss nicht zwangsläufig geplant und beabsichtig gewesen sein, um den Tatbestand des Mordes zu erfüllen. Auch eine Tötung im Affekt kann also Mord sein, wenn der Tod billigend in Kauf genommen wurde und man sich den Umständen, die den Totschlag zum Mord machen, bewusst ist.