In Corona-gerechtem Abstand sitzen die Zuhörer in eingeteilten Gruppen im Dettinger Schlossgarten und genießen den Abend und die Musik.Fotos: Morlok Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Neben anderen auf einer Festbank im Grünen sitzen und Livemusik hören: Der Abend mit Felix Vees war eine Erfrischung

Wie sehr sich die Menschen in Corona-Zeiten nach einen kleinen Stück Freiheit sehnen, das sah man beim Open-Air-Konzert von Felix Vees im Dettinger Schlosspark.

Horb-Dettingen. Der Drang, mal wieder mit ein paar Freunden zusammen zu sitzen und im Schatten alter Bäume an einem Sommerabend ein Konzert zu genießen, stellte "Adler"-Wirtin Sigi Hellstern an diesem Abend vor ein echtes Luxusproblem.

Viel mehr Leute als angenommen wollten bei ihrer ersten Freiluftveranstaltung in diesem Jahr mit dabei sein, und ihr schöner, coronagerechter Sitzplan musste deshalb das ein oder andere Mal von ihr leicht modifiziert werden. Zwar waren die eineinhalb Meter Abstand von Bierbank zu Bierbank exakt ausgemessen, die Tische durchnummeriert und die Menge an Besuchern, die an einem Tisch sitzen durften, ebenfalls vorher genau festgelegt, doch irgendwann geht auch mal auf der größten Wiese der Platz aus. Hier waren dann das Vermittlungsgeschick und die Flexibilität der erfahrenen Gastronomin gefragt, die versuchte, jedem der Gäste ein Plätzchen zu bieten. Und wenn es nur ein einsamer Stuhl ganz hinten Richtung Mauer war. Bevor man jedoch aufs Gelände durfte, musste man sich namentlich anmelden. Eigentlich ein fast schon surrealer Anblick, wenn die Menschen, die in das Parkgelände wollten, zuerst Namen und Telefonnummer nennen mussten. Aber auch die Damen und Herren, die im Außengastronomiebereich des "Adlers" auf der anderen Straßenseite dicht an dicht saßen, wurden namentlich erfasst.

Doch wer es dann bis zu seinem Platz geschafft und sich vielleicht sogar ein Getränk, einen Wurstsalat oder ein Schnitzel organisiert hatte, der erlebte einen ganz besonderen Abend.

Das Wetter war geradezu ideal, die Stimmung unter den vielen Besuchern hervorragend und der Künstler selbst in allerbester Spiellaune. Felix Vees hatte sich für diesen Gig ein Set aus recht bekannten Songs aus der Singer-Songwriter-Szene zusammengestellt, das er geschickt mit ein paar nicht ganz so oft gespielten Stücken und vier eigenen Liedern aufpeppte.

Er begleitete sich selbst auf einer Gitarre der Edel-Marke "Taylor" und blies die Blues-Harp, wo deren Einsatz gefragt war. Mit seiner leicht rauen, rockigen Stimme machte er die Songs von Bob Dylan, Neil Young oder Kurt Cobain (Nirvana) zu seinen eigenen. Er sang sie nicht nach, sondern interpretierte sie in seinem persönlichen Stil. So blieb der "Broken Arrow" von Buffalo Springfield, der ersten Band von Neil Young, mitten in den Herzen einiger Zuhörer stecken, und der Nirvana-Titel "My Girl" tönte mit der ganzen Kraft der Eifersucht und Verzweiflung eines Mannes, der nicht wusste, wo sein "Girl" die letzte Nacht geschlafen hatte, durch Dettingen. Im "House of the Rising Sun" war sie sicher nicht, doch wurde dieser weltbekannte Song von Eric Burdon von einigen Besucher genauso mitgesummt – singen und tanzen war leider verboten.

Ganz besonders tief hat der junge Künstler anscheinend im Plattenschrank von Papa Peter gegraben, der an diesem Abend für den Sound zuständig war. Gefunden hat er zwei weitere Titel von Neil Young. Ein Ergebnis, das sich hören ließ. "Out on the Weekend" ist ein Song, der 1972 auf Vinyl gepresst wurde, und die Hymne "Hey Hey, My My", in der es in der letzten Strophe so prophetisch heißt: Rock ’n’ Roll can never die. (Rock ’n’ Roll kann niemals sterben) kamen in bester Folksong-Manier über die Lautsprecher.

Felix Vees nahm seine Zuhörer bei diesem Auftritt auch mit in seine eigene, deutschsprachige Liederwelt. Seiner recht philosophischen Betrachtung "Tage des Hedonismus", die er bei diesem Auftritt das erste Mal vor Publikum spielte, setzte er mit dem "Club der 1000 Leichen" eine zeitkritische Reflektion entgegen. Es ist ein Club, in dem die Menschen in ihrem eigenen Profilierungswahn vereinsamen. Düstere Gedanken an einem schönen Sommertag. Da ist die Idee der "Aeronauten", die anstatt Krawall machen lieber eine Freundin finden möchten, schon deutlich besser.

Viel mehr als gut war auf jeden die ganze Veranstaltung. Egal mit wem man sprach, nur zufriedene Gesichter und gute Laune. Besser geht’s nicht.