Politik: Winfried Kretschmann wartet gleich zum Auftakt mit Überraschung auf / Starker Brief von Fischer

Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat am Freitag den Kreis Freudenstadt besucht. Bei einem kommunalpolitischen Gespräch hat er für viele überraschend Geld vom Land für den Campus Nordschwarzwald in Aussicht gestellt.

Kreis Freudenstadt. Wirtschaftsstark und mit einer einzigartigen Landschaft gesegnet – das ist für den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) der Landkreis Freudenstadt. Mit der dicken Winterjacke reiste er am Mittag an und drängte ins Warme der Dualen Hochschule in Horb, obwohl er als "Älbler" doch Kälte gewöhnt sein müsste, wie einige Kommunalpolitiker bei der knappen Begrüßung vor der Tür unkten – was allerdings falsch ist. Sigmaringen-Laiz liegt im Donautal, jenseits der Schwäbischen Alb. Drinnen warteten rund 50 Bürgermeister, Oberbürgermeister und Kreisräte auf den "Landesvater", der eineinhalb Stunden für kommunalpolitische Gespräche mit ihnen reserviert hatte. Vier Themen standen auf der Tagesordnung: Bildung, Breitbandausbau, Verkehr und Gesundheitsversorgung.

Die Überraschung gelang Kretschmann gleich beim ersten Punkt, der Bildung: Der Hochschulcampus Nordschwarzwald in Freudenstadt könnte Geld vom Land bekommen. "Wir schauen, wie wir uns finanziell engagieren können", sagte Kretschmann. In der Landesregierung denke man drüber nach, einen Fonds zu bilden, aus dem unter anderem der Campus "bedient" werden könnte, so Kretschmann. Möglicherweise hat ein Schreiben aus Waldachtal-Tumlingen zu dieser Überlegung beigetragen: "Ich habe einen sehr starken Brief von Herrn Fischer bekommen", verriet Kretschmann.

Erleichterung bei zwei Oberbürgermeistern

Dem Freudenstädter Oberbürgermeister Julian Osswald (CDU) kann sich ein breites Grinsen nicht verkneifen. Wenig später sagte er über den Hinweis auf einen Zuschuss des Landes: "Ich bin hochzufrieden." Woher das Geld komme, ob aus einem Fonds oder anderswoher, sei ihm indes egal. Kretschmann kenne er als zuverlässig, was dieser Aussage besonderen Wert verleihe.

Bei dem Horber Oberbürgermeister Peter Rosenberger (CDU) hat Kretschmann ebenfalls mit einer Aussage zur Bildung für Erleichterung gesorgt. Rosenberger hatte vorgebracht, dass im ländlichen Raum nicht alle Familien begeistert sind von einer möglicherweise kommenden Pflicht zur Ganztagsschule. Kretschmann sicherte zu, dass weiterhin die Freiheit besteht, nur freiwillige Ganztagesbetreuung anzubieten. Gleichzeitig machte er klar: "Ich bin ein ganz großer Anhänger gebundener Ganztagsschulen." Nur dann sei es möglich, den Pflichtunterricht über den ganzen Tag zu verteilen und die Kinder unter dem Motto "mit Kopf, Herz und Hand" auf unterschiedlichen Ebenen zu fordern und zu fördern.

Immer wieder ging es um die Angst der Politiker, als ländliche Region den Anschluss zu verpassen – beim Breitbandausbau, beim öffentlichen Nahverkehr, bei der Gewinnung von Fachkräften. "Abgehängt wird bei uns niemand", versicherte Kretschmann am Rande seines Besuchs. Ihm sei nicht bange um ländliche Gebiete im Südwesten. Die Kommunen tun seinem Eindruck nach schon was, um zum Beispiel Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern und eine gute Bildungsinfrastruktur anzubieten. "Sie haben ja erkannt, wo es klemmt", so Kretschmann.

Um dem Slogan "Hightech und Tannenduft" des Wirtschaftsstandortes Kreis Freudenstadt gerecht zu werden, besuchte der Ministerpräsident den Naturschutzbund in Horb, wo Vereins-Urgestein Volkmar Rieber in einem launigen Vortrag die Pflanzen- und Tiervielfalt im Naturschutzgebiet Kugler Hang vorstellte.

Bei der Firma Schmalz in Glatten wurde Kretschmann von den Brüdern Kurt und Wolfgang Schmalz als Ideengeber des Hochschulcampus’ begrüßt. Sie berichteten von der Herausforderung, kluge Köpfe nach Glatten zu kriegen. Zu einer zugekauften Tochter-GmbH mit Sitz in Stuttgart seien IT-affine Leute viel eher zu bekommen als in den Schwarzwald. "Arbeiten von überall" sei bei Schmalz schon möglich, die Arbeitszeiten und -orte können Mitarbeiter demnach sehr flexibel wählen. Aber auch wer vor Ort arbeitet, bekommt modernste Büro-Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt, wie bei einem Rundgang deutlich wurde.

Geschäftsführer Kurt Schmalz gibt Kretschmann die selben Wünsche mit auf den Weg wie die Politiker: Ausbau von Breitbandversorgung und Mobilfunkabdeckung, bessere Anbindung an die A81, außerdem forderte er größere Investitionen in Digitalisierungsprojekte – "wenngleich hier schon sehr viel läuft", so Schmalz.

Kreisräte beeindruckt von "nahbarem Landesvater"

Kretschmann wurde von den Teilnehmern als nahbar erlebt, er wirke nicht wie ein "Großkopfeter", sagte ein Kreisrat über ihn. Wenn das kein Lob ist für einen baden-württembergischen Ministerpräsidenten. Am Abend wurde er noch zu einem Bürgerempfang in Freudenstadt erwartet (wir werden noch berichten).