Rottweil/Horb - Ein mögliches Mordmotiv von Mohammed O. wurde bisher im Mordprozess herausgearbeitet: Der syrische Flüchtling war dauerpleite. Hat er Michael Riecher auch getötet, weil er sich ausgenutzt fühlte? Eine Vermutung, die Koray K. (45, Name geändert) bestätigen könnte. Er war der "Vorgänger" von O.

Er ist groß, schlank, Handwerker. Sagt über Riecher: "Mir hat er auch versprochen, dass ich sein Elternhaus kaufen darf." Riecher habe er 2013 kennengelernt – in seiner Scheidungs- und Schulden-Krise.

Koray K.: "Ich habe Riecher als Makler eingesetzt. Wir haben unter uns besprochen, dass er seine Maklercourtage von mir behält und mir später dann auszahlt, wenn meine Frau nicht mehr an das Geld rankommt. Mit den 16.000 Euro hätte ich meine Schulden bezahlen können."

Als Gegenleistung sollte der damals arbeitslose Handwerker ihm im Offizierskasino helfen. Für zehn Euro die Stunde. Der Handwerker: "Dafür stehe ich normal nicht mal auf. Aber Michael hat mir in meinem Loch so geholfen, dass ich es für ihn getan habe." Sagt aber auch: "Er war dann besitzergreifend. Das Geld war Mittel zum Zweck, um mich günstigst als Handwerker zu haben. Egal zu welcher Zeit, ich war für ihn da. Sobald ich andere Jobs hatte, hat er mir das nicht gegönnt. Er hat sich dann mit meinen anderen Arbeitgebern gestritten." Riecher bezeichnete ihn angeblich als "verlorenen Sohn". Der Handwerker war befreundet mit ihm, verteidigt ihn teilweise auch gestern im Gerichtssaal.

Der Friseur hatte unter anderem erzählt, dass er erst bei Mohammed O. war und Iyad dann gegen 10.30 Uhr vom Bahnhof Horb abgeholt hatte. Hamburg: "Von Ihrem Telefon ging ein Anruf an Michael Riecher raus. Das letzte Mal haben Sie gesagt, dass Iyad dabei war. Davor, dass er nicht dabei war. Der Anruf war um 9.49 Uhr." Der Friseur sagte: "Ich lüge nicht. Ich habe massivste Probleme mit dem Gedächtnis. Es gibt Dinge, die sich bei mir einbrennen. Andere, die gänzlich aus der Erinnerung weggelöscht werden."

Koray: "Nein. Er hat Frauen von Freunden oder Bekannten nie sexistisch gesehen. Da war er sehr anständig und respektvoll." Als Riecher einen Privatkredit über 120.000 Euro für einen krebskranken Freund nicht wiederbekam, habe er K. gefragt, ob er das Geld von der Witwe eintreiben kann. Der Türke: "Ich habe Freunde in Berlin angerufen. Die haben ein Inkassounternehmen. Die sehen gefährlicher aus als Gerichtsvollzieher. Wenn die auftreten, fließt das Geld." Er vermittelte die Geldeintreiber. Später habe Riecher erzählt, dass er das Geld von der Witwe bekommen habe, sagte der Zeuge.

Bei Festen in Horb war er der Leibwächter von Riecher: "Der hatte jede Menge Ärger mit Bauunternehmen. Da gab es einen ganzen Schrank voll Klagen. Wenn die Jungs was getrunken haben und ihn angegangen sind, habe ich mich vor Michael gestellt. Dann war Ruhe!" Nebenkläger Rössler will wissen, warum sich der Zeuge mit dem Betrug seiner Frau beim Hausverkauf, mit dem Arbeitsamt und dem Inkasso selbst strafbar gemacht hat. Der Handwerker: "Das war mir Michael wert."

Der Immobilienunternehmer habe ihm auch angeboten, im Offizierscasino ganz oben einzuziehen. Das hatte Riecher auch O. angeboten, so die Zwillingsschwester des Opfers. Rechtsanwalt Frank: "Hat er Menschen wie Eigentum behandelt?" Der Zeuge: "Mich ja." Ende 2015 kommt es dann zum Bruch, erzählt Koray K.: "Er kam einer meiner Töchter so nahe, wie es keinem Vater gefallen hätte."

Rottweil/Horb: Friseur hat Erinnerungslücken

Rottweil/Horb - Neben dem Mitangeklagten Iyad B. ist Hesham – der Friseur – einer der Hauptbelastungszeugen im Prozess um den Mord an Michael Riecher. Ist er ein Lügner? Ist er überhaupt glaubwürdig? Hesham – der als Friseur vielen Flüchtlingen Haare und Bart gemacht hatte, ist einer der Hauptbelastungszeugen im Mordprozess gegen den syrischen Flüchtling Mohammed O. und Iyad B.

Er will O. und den Palästinenser in Horb zusammengebracht haben. An Allerheiligen schmiedeten sie vor seinen Augen und Ohren die Überfallpläne auf Michael Riecher – am Tag vor der Tat.

Schafft es jetzt die Verteidigung, den Friseur als Belastungszeugen aus dem Prozess zu nehmen?

Am gestrigen Montag wurde Hesham A. von Mohammed O.s Verteidigung im Gerichtssaal in die Mangel genommen. Rechtsanwalt Alexander Hamburg bombardierte ihn mit Fragen zu den Uhrzeiten, zu Telefonaten. Deckte Widersprüche in den Aussagen des Friseurs auf.

Der Friseur hatte unter anderem erzählt, dass er erst bei Mohammed O. war und Iyad dann gegen 10.30 Uhr vom Bahnhof Horb abgeholt hatte. Hamburg: "Von Ihrem Telefon ging ein Anruf an Michael Riecher raus. Das letzte Mal haben Sie gesagt, dass Iyad dabei war. Davor, dass er nicht dabei war. Der Anruf war um 9.49 Uhr." Der Friseur sagte: "Ich lüge nicht. Ich habe massivste Probleme mit dem Gedächtnis. Es gibt Dinge, die sich bei mir einbrennen. Andere, die gänzlich aus der Erinnerung weggelöscht werden."

Dann ziehen sich die vier Verteidiger eine Stunde lang zurück, um einen Antrag zu formulieren. Gegen 17 Uhr ist er ausgedruckt und wird verteilt. Iyads Verteidiger Kristian Frank beantragt eine "neuropsychologische Untersuchung. In Rahmen der Hauptverhandlung gab der Zeuge folgendes an: Er hat Probleme mit dem Gedächtnis. Die Aussage ist so zu bewerten, dass der Zeuge einmal Gedächtnislücken aufweist. Und dass er aufgrund der Gedächtnislücken unwahre Behauptungen gegenüber dem Landgericht aufgestellt hat."

Richter Karlheinz Münzer fragt den Friseur noch, ob er schon mal in psychiatrischer Behandlung war, oder eine neurologische Erkrankung diagnostiziert wurde? Hesham schüttelt beides mal den Kopf.