Ein Motiv des syrischen Flüchtlings Mohammed O., der den Immobilienunternehmer Michael Riecher in Nordstetten erwürgt haben soll, war offenbar Gier. Foto: Lück

Friseur sagt vor Gericht als Zeuge aus. Angeklagter wollte Gold und Geld. Verhandlung unterbrochen.

Horb - Es wird immer deutlicher: Ein Motiv des syrischen Flüchtlings Mohammed O., der den Immobilienunternehmer Michael Riecher in Nordstetten erwürgt haben soll, war Gier. Das macht die Zeugenaussagen von Hesham A. (Name geändert) klar. Der Friseur hatte dem Hauptangeklagten O. seinen Bekannten Iyad B. aus Ludwigsburg vermittelt.

 

35 Grad im Gerichtssaal. Stundenlang wird der Friseur – der vielen Flüchtlingen in Horb die Haare geschnitten hatte – vernommen. Da zeigt Richter Karlheinz Münzer endlich Gnade: Die Kammer kommt robenfrei rein. Der Richter scherzt noch: "Gut, dass jetzt keine Filmaufnahmen mehr gestattet sind."

Die Vernehmung des Friseurs. Intensiver als vor dem Amtsgericht Horb. Kein Wunder: Damals, am 7. Mai, ging es lediglich darum, warum der Friseur nicht gleich am Morgen der Tat Riecher oder die Polizei angerufen hatte, um den jetzt angeklagten Mord zu verhindern.

Tresor voller Gold und Geld

Diesmal wird Hesham "gegrillt", um nähere Details über Tat und Motive rauszubekommen. Denn er hatte Iyad B., der laut Anklage Riecher überfallen haben soll, an Mohammed O. vermittelt. Nachdem Richter und Oberstaatsanwalt Christoph Kalkschmid den Friseur intensiv befragt haben, ist Rechtsanwalt Rüdiger Kaulmann dran. Er vertritt Riechers Zwillingsschwester aus Nordstetten.

Kaulmann fragt: "Was hat Mohammed O. Ihnen über den Schwarzhandel mit Gold erzählt?"

Der Friseur: "Er hat mir erzählt, dass er schon einmal für Riecher Gold für 10.000 Euro gekauft hat. Danach habe Riecher den Tresor aufgemacht, und O. konnte gucken, was da drin war. O. hat mir erzählt: Der war voller Gold und Geld. Und ich sollte ihm beim illegalen Goldhandel helfen."

Der Rechtsanwalt fragt nach, was der Hauptangeklagte genau über den Schwarzhandel mit Gold erzählt habe.

Der Friseur: "In diesem Fall will O. das Gold schwarz verkaufen – für sich selbst."

Hätte der Goldhandel nicht gereicht?

Der Rechtsanwalt will wissen, warum Mohammed O. vor den Augen und Ohren in seinem Auto mit Iyad B. den Überfall-Plan auf Riecher geschmiedet hat. Hätte der Goldhandel nicht gereicht?

Der Friseur: "Er war gierig nach dem Geld. So ein Tresor ist wie aus Aladins 1001er Nacht für ihn."

Richter Karlheinz Münzer hakt nach: "Hat der Hauptangeklagte darüber berichtet, dass er Gold für Riecher bestellt hatte? Krügerrand? Und diese am 2. November (dem Tattag, d. Red.) abholen sollte?"

Der Friseur: "Nein." Hat der Hauptangeklagte darüber gesprochen, dass das Gold schon da sei? Der Friseur: "Ja. Er sagte: Es gibt Gold im Tresor. Ich habe es gesehen. Das will ich stehlen!"

Vorher fragte der Richter nach den Plänen, die Mohammed O. und Iyad im Auto in Horb besprochen hatten. Nach Döner und Pizza und Kaffee in einem Lokal. Der Friseur bringt diesmal noch eine fünfte Variante ins Spiel: "Ein Plan war auch, dass Iyad sich zu Halloween eine Maske überzieht und damit in Riechers Haus eindringt."

Der Richter hakt nach: Wie hat Iyad darauf reagiert, als er O. von den Plänen und dem schlechten Gesundheitszustand von Riecher erzählt hatte. Der Friseur: "Iyad hat nichts zu den Plänen gesagt. Auch nicht zum Risiko, dass Riecher sterben könnte. Als O. dann erzählte, dass Riecher Jude sei, hat Iyad gesagt: Sie haben meine Heimat vernichtet." Das habe offenbar den Palästinenser motiviert.

Laut Ehefrau des Angeklagten starb Riecher aus Angst

Nächstes Thema: Das Angebot an den Friseur von Mohammed O., dass auch er einen Teil der Beute bekommen sollte.

Der Friseur erzählt: "O. sagte zu mir ›ob du dich beteiligst oder nicht. Wir werden zu dir kommen und du kriegst dein Teil‹. Dann fing O. an zu träumen. Von einem Ferrari und einem Haus in Syrien."

Vor der Tat habe ihm Mohammed O. zwar nichts von Geldsorgen erzählt. Der Friseur berichtet aber: "Er hat gesagt, dass es ihm stinkt, dass er kein Geld hat. Ich habe gesagt: Wir alle sind in dieser Lage!"

Dann greift Michael Riechers ältere Schwester aus der Schweiz ein. Fragt den Friseur: "Die wichtigste Frage für mich ist: Nach dem Tod meines Bruders haben Sie den Hauptangeklagten gefragt, ob er und Iyad was gemacht haben." Der Friseur: "Ich habe O. über die Telefonnummer seiner Ehefrau erreicht. Er hat mir erzählt, dass Riecher vor Angst gestorben ist. Er und Iyad hätten ihm nichts angetan."

Zeuge überfordert

Richter und die Schwester wollen wissen, ob der Friseur aus dieser Antwort geschlossen hat, dass O. beim Tod dabei war und ob er das gefragt hat. Die Antwort: "Nein."

Dann versuchen Mohammed O.’s Verteidiger einen zeitlich genauen Ablauf vom 1. November zu bekommen. Der Tag, an dem Mohammed Iyad vom Bahnhof Horb nach Vermittlung durch den Friseur abgeholt hatte. Doch Hesham A. schweift immer wieder ab. Als Rechtsanwalt Hamburg dann die Frage stellt: "Nach denen von Ihnen geschilderten Zeiten – Abholen um 10.30 Uhr, Wohnung O., Kebap-Restaurant, Bistro und anderthalb Stunden Autofahrt zum Pläneschmieden fragen wir uns, warum Sie schon um 12 Uhr in der Wohnung des Zeugen aus Nordstetten waren?"

Richter Münzer um 17.30 Uhr: "Der Zeuge ist angesichts der Länge der Vernehmung überfordert. Wir unterbrechen die Hauptverhandlung!"

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