Nach einem drastischen Falschfahrerunfall im vergangenen November bei Offenburg seien alle Anschlussstellen in Baden-Württemberg kontrolliert worden. Foto: dpa

Experten: Warnsystem des Horbers Horst E. Dreier ist zu teuer. Pfeile auf Autobahnausfahrten geplant.

Horb - Falschfahrer-Unfälle sind fatal, willkürlich reißen sie unschuldige Menschen in den Tod: Ein 40-Jähriger aus Eutingen ist vergangene Woche bei einem solchen Zusammenprall bei Sindelfingen ums Leben gekommen.

Wird zu wenig getan, um diese Tragödien zu verhindern? Nein, heißt es aus dem Verkehrsministerium Baden-Württemberg. Dennoch kommt es immer wieder zu Falschfahrten, etwa am 1. Mai, als in Horb ein Fahrzeug in falscher Richtung auf die Autobahn in Fahrtrichtung Empfingen fuhr. Wie kann es immer wieder dazu kommen? Die Bundesanstalt für Straßenwesen (BaSt) hatte nach einer stichprobenhaften bundesweiten Untersuchung von Autobahnanschlussstellen im vergangenen Jahr eine erschreckende Bilanz zu berichten: Nur 6 von 92 Autobahnauf- und -abfahrten waren aus BaSt-Sicht einwandfrei beschildert und mit Linien versehen.

Doch das Landesverkehrsministerium verweist auf Verbesserungen, die es seither gegeben habe. Nach einem drastischen Falschfahrerunfall im vergangenen November bei Offenburg seien alle Anschlussstellen in Baden-Württemberg kontrolliert worden, die doppelte Beschilderung "Einfahrt verboten" sei nun definitiv überall angebracht, heißt es. Außerdem werden bis Juni auf allen Auf- und Abfahrten, die nicht baulich durch Grünstreifen oder Leitplanken getrennt sind, Richtungspfeile wie auf einer Abbiegespur angebracht. Dies gilt auch für die Auffahrten Horb und Empfingen. Dafür ist in den nächsten Wochen mit kurzzeitigen Sperrungen von Auffahrten zu rechnen. Materialkosten allein im Regierungspräsidium Karlsruhe: 70 000 Euro.

Alle Versuche, Falschfahrten zu verhindern, hält Horst E. Dreier, Erfinder aus Horb-Bittelbronn, für "kalten Kaffee". Er verfolgt einen anderen Ansatz als die offiziellen Stellen: "Es geht nicht darum, den Falschfahrer zu warnen, sondern die Leute, die ihm entgegenfahren, damit sie anhalten und aus dem Auto flüchten können", erklärt Dreier. Denn er ist überzeugt: "So einen Falschfahrer wie jetzt bei Sindelfingen, den können sie nicht stoppen." Dreier denkt dabei an all die Falschfahrer, die mit Selbstmordabsicht bewusst die falsche Fahrtrichtung wählen.

"Wenn die Pfosten zuverlässig funktionieren würden, wäre das denkbar"

Dreier hat ein Falschfahrer-Warnsystem entwickelt, das folgendermaßen funktioniert: Entlang der Fahrbahn werden Pfosten aufgestellt, die im Fall eines nahenden Falschfahrers ein rotes Leuchtsignal abgeben. Per Radar an Autobahnauffahrten werden Bewegungen entgegen der Fahrtrichtung registriert und in der Folge das Leuchtsignal ausgelöst. Die Energieversorgung in Dreiers Erfindung erfolgt über Solarzellen.

Doch Experten sind skeptisch. "Wenn die Pfosten zuverlässig funktionieren würden, wäre das denkbar", sagt Marco Schmidt, Projektleiter bei der BaSt für die Thematik Falschfahrer. Er befürchtet eine hohe Fehlerquote, unter der die Akzeptanz des Systems und die Befolgungsquote leide. Die Kosten der Einführung und Instandhaltung der Anlagen wären außerdem zu hoch, sagt er. Allein in Baden-Württemberg gibt es nach Angaben des Verkehrsministeriums 151 Anschlussstellen und 39 Tank- und Rastanlagen, die entsprechend ausgestattet werden müssten.

Vorschläge, wie die von Dreier, seien gut gemeint, und für ihn als Experten auch nichts Neues. Und ja, es klinge zynisch, sagt Schmidt, aber wenn man sich die Größenordnung des Falschfahrerproblems ansehe, gebe es "andere Baustellen", etwa die deutlich höheren Unfallzahlen auf Landstraßen.

Dreier versucht trotz des Gegenwinds zur Zeit hartnäckig, sein System bei den Landesverkehrsministerien ins Gespräch zu bringen. Doch bislang erfährt er aus der deutschen Politik keine Unterstützung. Auch die schulterzuckende Reaktion der Automobilclubs bringt ihn in Rage. In Österreich, so erzählt Dreier, sei sein Entwurf wenigstens schon in einem Fachausschuss diskutiert worden.

Falschfahrerunfälle wie der jüngste bei Sindelfingen sind Wasser auf Dreiers Mühlen. Erst durch Katastrophen wächst die Aufmerksamkeit für seine Idee. "Leider", sagt Dreier.