Sie stehen für eine glanzvolle Aufführung der Horber Musiktage 2018, vorne, von links: Sven Gnass, Ginger Streibig, Lars Franke und im Hintergrund Malte Arkona. Foto: Morlok

"Paddington Bärs erstes Konzert" und "Karneval der Tiere" zeigen, dass gute Orchestermusik auch Kinder verzaubert.

Horb - Die 22. Horber Musiktage sind in vollem Gange. Stieg das Team um Stadtmusikdirektor Sven Gnass am Eröffnungstag mit dem "Verdi-Requiem" sehr klassisch und ernst in die Musiktage ein, so erlebten die Besucher am Mittwochabend den heiteren Gegenpart.

Für die jungen und junggebliebenen Zuhörer verwandelte sich die Halle der Gutermann-Grundschule in den Londoner Bahnhof Paddington, der Endstation auf der Abenteuerreise eines musikbegeisterten Bären.

Kein Orgelzwischenspiel, keine tiefreligiösen Betrachtungen oder sonstige aufgezwungenen Ablenkungen störten in diesem Jahr die Aufführung. Eine Aufführung, die anscheinend so interessant war, dass sogar die meisten Smartphones für eine gute Stunde ausblieben und sich selbst Teenager nur auf die Geschichte des Bären und auf die korrespondierende Musik konzentrierten. Einen wichtigen Part nahm auch der Erzähler Malte Arkona ein, der nicht nur dem Bären, sondern auch all den anderen Nebendarstellern seine Stimme lieh. Arkona ist dem Horber Musiktage-Publikum noch bestens durch seinen fulminanten Auftritt als "Peter Pan" in Erinnerung und den Kindern im Publikum von seinen TV-Einsätzen beim Tigerentenclub.

Die Geschichte des Bären mit dem Namen "Paddington" ist sogar noch etwas bekannter als der Star des Abends. Von wo der Bär herkommt, das liegt etwas im Dunkeln. Man weiß nur so viel, dass er aus Peru stammt und sich als blinder Passagier über die Weltmeere bis nach London durchschlug und dort von der Familie Brown gefunden und in Obhut genommen wurde.

Doch Gnass und sein Festivalorchester verfolgten die Spuren des Bären bis nach Südamerika zurück und besuchten dort mit ihm gemeinsam den "Karneval der Tiere".

Dieses didaktisch klug ausgewählte Werk von Camille Saint-Saëns, das als Suite für Kammerorchester in vierzehn kleinen Sätzen die Stimmfarben und Klänge, aber auch die unterschiedlichen Rhythmen und Tempowechsel der einzelnen Instrumente vorstellt, erlaubt ohne schulmeisterlich erhobenen Zeigefinger, besser Taktstock, die musikalische Bandbreite eines Orchesters vorzustellen. Felicitas, die Tochter von Cellist Wolfgang Reichert, die bereits mehrfache Gewinnerin bei Jugend musiziert ist, durfte hier den Solopart als "Schwan" auf dem Violoncello spielen. Erst acht Jahre jung und schon ein kleiner Star. Hier bewahrheitet sich wieder einmal der Spruch: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.

Für die choreografische Umrahmung von Musik und Bär sorgte die Tanz-AG der Rossbergschule Horb. Ginger Streibing trainiert einmal die Wochen mit den Schülern und sie durften bei dieser Aufführung ebenso wie die Kinder aus der Bläserklasse und der städtischen Musikschule zeigen, was sie alles gelernt haben.

Flirrende Klarinetten, gezupfte Geigen und das südamerikanische Perkussionsinstrument Reco-Reco bildeten später den Auftakt zu Paddingtons Abschied aus Peru. Ein Abschied, der vom Orchester sehr rhythmisch gestaltet wurde. Im Rettungsboot versteckt, Marmeladenbrote als Grundnahrungsmittel, begann dann die Reise des Bären nach Großbritannien. Ein Land voll skurriler Leute, das wie gemacht schien für einen Bären, der sprechen konnte und gute Manieren hat. Im Hause Brown fand er eine neue Heimat, beim Antiquitätenhändler Mr. Gruber lernte er seine Liebe zur Musik kennen.

Zu Rosinenbrötchen und Kakao legte der Ungar Gruber den "Ungarischen Tanz" aufs alte Grammofon und das Orchester traf in seiner Interpretation fast den Sound einer alten Schelllackplatte. So inspiriert freute sich Paddington sehr über die Einladung von seinem Freund Gruber zum Besuch in einem Festspielhaus. Schuberts "Unvollendete" wurde gegeben und Paddington regte sich sehr darüber auf, dass der Herr Schubert seine Arbeit nicht fertig gemacht hat. Er suchte ihn deshalb im ganzen Opernhaus und landete schließlich im Orchestergraben auf dem Dirigentenpult. Der zeigte ihm, wie man durch die Bewegungen mit dem Taktstock Musik macht und fortan war Paddingtons Berufswunsch klar: Ich möchte Dirigent werden.

Mit Standing-Ovations bedankte sich ein begeistertes Publikum in der nahezu ausverkauften Halle bei einem genial aufspielenden Festival-Orchester, einem Malte Arkona, der ganz in seiner Rolle aufzugehen schien und sogar singend durch die Zuschauerreihen marschierte, sowie bei allen Mitwirkenden, die für diesen herzerfrischenden Kunstgenuss sorgten.