Horber Fasnets-Historie: Das einstige Grafenpaar Blandina und Franz Geßler und die wilden Schweizer Guggenmusiker

Fasnet – in diesem Corona-Jahr bleibt kaum mehr als die Erinnerung. Und die Vorfreude auf das nächste Mal. Das Grafenpaar von 1980 – Blandina und Franz Geßler – erzählt von der wilden Sechs-Tages-Party rund um die Uhr im Jahr 1980.

Horb. Wenn man das so hört, kann man neidisch werden. Sechs Tage Fasnets-Party am Stück. Das waren die wilden 80er in Horb. Blandina Geßler, Gastronomin vom Hotel Schiff, war 1980 mit ihrem Mann Franz "Graf Rudolf von Hohenberg und Gräfin Ita von Toggenburg" – das Grafenpaar.

Blandina Geßler lächelt: "Vom Schmotzigen Donnerstag bis Dienstag zur Fasnetsverbrennung war nicht an Schlaf zu denken!"

Franz Geßler erinnert sich: "Obwohl wir selbst unsere Gastronomie hatten, haben wir nie gekniffen und sind mit rumgezogen. Mutter, Sohn und Bedienungen mussten dann unseren Platz hier im Schiff einnehmen!"

1980. Für die Fasnet in Horb eine Zeitenwende. Blandina Geßler: "Wir haben zum ersten Mal die neue Horber Fasnet mitgemacht."

Franz Geßler: "Damals wurde von der Fasnet hin zum Alemannischen umgestellt (von dem früheren rheinischen Stil zum schwäbisch-alemannischen, Anm. d. Red.). Die Eröffnung am 11. November war zum ersten Mal im Steinhaus, dazu gab es zum ersten Mal das Maskenabstauben vor dem Rathaus."

Und die neue Horber Fasnet – sie war ganz schön wild. Dafür sorgten auch die Schweizer Guggenmusiker, die die ganze Stadt zum Durchdrehen brachten. Die damalige Durchlaucht Ita Blandina erinnert sich: "Das ganze Lokal war voll. Die Gäste saßen sogar unter den Tischen, um die Guggenmusik zu hören. Die Trommeln waren so laut – wir dachten, die Fenster fliegen raus!"

Franz Geßler erzählt: "Die Gäste waren so begeistert, dass die Guggenmusiker sogar morgens gegen halb vier noch eine Runde durch die Stadt gedreht haben – das war eine Riesen-Party! Ein Gast war völlig verwirrt, der dachte, es sei Nachmittag! An einem Abend gab es sogar eine Polonaise quer über das Treppengeländer, die Leute haben auf den Tischen getanzt. Trotzdem ging kein Glas kaputt. Und als die Guggenmusiker spontan nach dem Programm durch die Hohenberghalle gezogen sind, sind sogar die lahmsten Horber auf den Tischen gestanden!"

Blandina Geßler spricht über die Trinksitten: "Es war fröhlich, verrückt. Sekt wurde aus Zwei-Liter-Bierstiefeln getrunken – aber es gab nur Frohsinn, keine Händel. Security hat man nicht gebraucht!"

Und klar, dass die wilden Schweizer auch so manches Horber Mädle begeistert haben. Aber klar – ein echtes Grafenpaar hält sich dezent zurück, schmunzelt nur und schweigt…

Die Schweizer Guggenmusiker. Die Party. Herr Graf war damals noch Pädagoge an der Berufsschule in Reutlingen. Franz Geßler schmunzelt: "Am Schmodo habe ich meine Klasse damals darauf eingeschworen, dass sie alle am nächsten Tag wieder da sind. Obwohl auch Rottenburger unter den Schülern waren. Insgeheim habe ich gehofft, dass am nächsten Tag – nach vielleicht drei Stunden Schlaf – gut ein Drittel fehlt. Leider waren alle da. So musste ich dann statt Technik mal Gestaltungsunterricht machen!"

Und klar – der pädagogische Anspruch gepaart mit der gastronomischen Erfahrung führte dazu, dass Franz Geßler die Sechs-Tages-Party gut überstanden hat. Der Graf Rudolf von 1980: "Ich habe einen ganzen Packen voll Reime von den bisherigen Grafenpaaren bekommen. Das hat mir alles nicht gefallen. Ich habe dann auf der Rückfahrt von Reutlingen im Zug für jede Veranstaltung wieder etwas Neues gedichtet."

Natürlich fehlerfrei vorgetragen. Geßler: "Ich war bei allen Auftritten relativ nüchtern. Vor Auftritten habe ich nie getrunken. Im Zweifel dann lieber danach einen gehoben! Bei den Narrenzünften waren wir immer gut aufgehoben – die Zunft hat uns sogar Verzehrgeld gegeben. Das hat natürlich nicht gelangt – und wir haben da auch nicht gespart!"

Und klar – die sechs Tage Party als Grafenpaar haben natürlich ihre Spuren hinterlassen. Das Jahr, in dem die Geßlers dazu überredet wurden, das Grafenpaar zu geben, war auch das Startjahr für die legendäre Fasnet im Schiff. Von 1979 bis 2003 gab es hier an jeder Fasnet ein Programm, das weitum bekannt und beliebt war. Und wer die Augen von Blandina und Franz Geßler bei den Erzählungen blitzen sieht, merkt: Die Sechs-Tages-Party von 1980 macht noch heute glücklich!