Auf dem Campingplatz haben die Mini-Rock-Diebe 2017 zugeschlagen. Foto: Hopp

Diebe werden auch in zweiter Runde für schuldig befunden. 22-Jähriger muss ins Gefängnis.

Horb - Kann es wirklich so viele Zufälle geben? Vier junge Männer machen an Zelten auf dem Campingplatz des Mini-Rock-Festivals 2017 rum, rütteln und ziehen Reißverschlüsse hoch. Später wird festgestellt, dass aus einem der Zelte ein Rucksack mit Inhalt weg ist. Auch ein Handy fehlt. Der Rucksack liegt ausgeleert im Pavillon, in dem die vier Kumpels angetroffen werden.

Vom Diebesgut keine Spur. Und drei von ihnen sind "alte Bekannte auf dem Revier", wie ein Horber Polizist erzählt. Doch sie streiten alle die Tat ab. Die Staatsanwältin Alexandra Schaumann sagt in ihrem Plädoyer deshalb deutlich: "Da fällt mir nur ein Spruch ein: Sie sieht aus wie eine Ente, quakt wie eine Ente und watschelt wie eine Ente, aber es soll keine Ente sein. Sie wollen mir doch nicht erzählen, dass es da einen großen Unbekannten gegeben hat, der die Sachen gestohlen hat."

Am letzten Verhandlungstag vor dem Landgericht Rottweil fiel nun das Urteil. Drei Verhandlungstage lang gab es noch einmal eine intensive Befragung von Zeugen, um in der Berufung von zwei der vier Männer zu einem Ergebnis zu kommen.

22-Jähriger muss für ein halbes Jahr ins Gefängnis

Die beiden anderen Horber hatten das Urteil vor dem Horber Amtsgericht bereits anerkannt, müssen aber nun mit einer erneuten Anklage wegen uneidlicher Falschaussage rechnen, weil sie im Prozess als Zeugen darauf beharrten, dass sie ebenfalls nichts getan hätten. Dafür wurden sie von der Staatsanwältin so richtig "gekocht", weil sie es als höchst unglaubwürdig ansah, dass sie trotzdem das erstinstanzliche Urteil anerkannten.

Richter Thomas Geiger folgte der Staatsanwältin in ihrem Plädoyer. Sie hatte vorher klar gemacht, dass die Zeugenaussagen der beiden Security-Leute nicht so starke Diskrepanzen aufwiesen, wie der Pflichtverteidiger des 22-jährigen Angeklagten zuvor in seinem Plädoyer betonte. Zwar habe die Zeugin gegenüber der Polizeiaussage etwas zurückgerudert, aber "vielleicht ist sie auch vor Gericht übervorsichtig geworden". Dennoch hätten sich die geschilderten Beobachtungen mit denen ihres Arbeitskollegen weitestgehend gedeckt. Der Security-Mann sei als Zeuge sehr glaubwürdig gewesen, habe das geschildert, was er tatsächlich gesehen habe und auch ohne Umschweife gesagt, wenn er zu etwas keine Angaben machen konnte. "Welches Interesse soll dieser Mann gehabt haben, hier die Unwahrheit zu sagen?", fragte die Staatsanwältin rhetorisch. Sie beantragte, beide Berufungen aufzuheben. Der Richter sah das schließlich auch so.

Vor allem für den 22-Jährigen hat das harte Konsequenzen. Denn er muss für ein halbes Jahr ins Gefängnis – ohne Bewährung. Zu lang ist sein Vorstrafenregister mit bereits verbüßten Haftstrafen. Staatsanwältin und Richter waren sich am letzten Verhandlungstag einig, dass der junge Horber ein milderes Urteil einfach "abschütteln" und sich nicht selbstkritisch hinterfragen würde.

Das scheint sowieso das große Problem des 22-Jährigen zu sein. Sowohl seine Vorgeschichte als auch sein Verhalten vor Gericht zeigten, dass er die Schuld in der Regel bei den anderen auf dieser Welt sieht. "Sie fühlen sich immer ungerecht behandelt. Aber wenn es immer die anderen sein sollen, dann sollten sie mal überlegen, ob das so sein kann und ob sie nicht selbst die Fehler machen", so die mahnenden Worte von Alexandra Schaumann. Eloquent hatte sich der junge Mann – adrett gekleidet und ein echter Sunnyboy – erstmals am Dienstagmorgen geäußert. Er hatte erklärt, dass er zu einem höheren Schulabschluss berufen sei, auch zu besseren Jobs. "Klar, sie hatten einen schwierigen Start in ihrem Leben, ich glaube auch, dass sie hochintelligent sind. Doch sie können die Umwelt nicht immer dafür verantwortlich machen, dass es nicht klappt." Das einschlägige Vorstrafenregister zeige, dass er sehr wohl einiges auf dem Kerbholz habe.

Zwar seien auch typische "Jugendsünden" dabei, aber beispielsweise auch Betrugsmaschen auf Ebay und Gewalt gegen Polizisten.

Dass er sich zu hart angepackt fühlte bei der Festnahme auf dem Mini-Rock-Gelände, sei nicht so überraschend, erklärte der Richter. "Sollten die Polizisten so lange warten, bis Sie ihnen auf die Schnauze hauen? Sie haben in der Vergangenheit nicht davor zurückgeschreckt, Polizisten mit Tritten zu traktieren."

24-Jähriger kommt mit einer Geldstrafe davon

Er habe die Chancen nicht genutzt: "Ein Jahr ist seit dem Festival 2017 vergangen, Sie sind arbeitslos, haben einen Job selbst aufgegeben. Sie hätten beweisen können, dass Sie es ernst meinen."

Ein bisschen anders liegt der Fall beim weiteren Angeklagten. Der 24-Jährige hat keine Vorstrafen, hat auch einen soliden Lebenslauf vorzuweisen. Seine Ausbildung hatte er sich hart erkämpft, indem er zuvor ein Jahr in einer Firma arbeitete. Auch heute hat er einen festen Arbeitsplatz. Ohne Anwalt erschienen, beteuerte er auch in den Abschlussworten seine Unschuld und bot sogar noch an, dem Geschädigten ein Handy zu kaufen. Das half ihm allerdings nicht: Seine Geldstrafe von 50 Tagessätzen à 50 Euro bleibt bestehen. "Es wäre für sie besser gewesen, sich von dieser Gruppe abzugrenzen und hier alles auf den Tisch zu legen, was geschehen ist. Ich gebe ihnen einen guten Rat: Brechen Sie den Kontakt mit solchen Leuten ab. Versauen Sie sich ihren bisher guten Lebenslauf nicht weiter", gab ihm die Staatsanwältin noch auf den Weg.