Die Angehörigen und Freunde des Opfers, die teilweise T-Shirts mit dem Bild des Opfers trugen, verfolgten die Verhandlungstage am Landgericht Rottweil. Mit dem Urteil zeigten sie sich unzufrieden. Foto: Straub

Tante des Getöteten: "Wie hätte der Richter entschieden, wenn es sein Kind gewesen wäre?"

Horb/Rottweil - Ein emotionaler Prozess ist mit dem Urteil um den Messerstecher im Real-Markt zu Ende gegangen. Der 31-Jährige wurde wegen Totschlags zu acht Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt. Zudem muss er auf unbestimmte Zeit in die Psychiatrie.

In Fußfesseln wurde der Angeklagte in den großen Gerichtssaal des Landgerichts Rottweil geführt. Am gestrigen Montag – dem letzten Verhandlungstag – war das Interesse am Urteilsspruch groß. Viele Angehörige des 33-jährigen Opfers sowie Zuschauer waren gekommen.

Der 31-Jährige hatte im Juli des vergangenen Jahres nach Streitigkeiten einen 33-Jährigen vor einem Dönerimbiss im Real-Markt auf dem Hohenberg erstochen. Mit dem Urteil am Landgericht Rottweil war der Richter der Forderung der Staatsanwaltschaft gefolgt. Der Verteidiger hatte zwar eine psychiatrische Unterbringung gefordert, plädierte jedoch auf Freispruch. Grund für die angeordnete Unterbringung in einer Psychiatrie ist die Erkrankung des 31-Jährigen. Er leidet seit 2013 unter einer paranoiden Schizophrenie und war auch mehrfach zur Behandlung in Kliniken. Nur wenige Woche vor der Tat war er noch in der Psychiatrie.

Für den Richter galt es, nach den Plädoyers in der vergangenen Woche, unter anderem zu entscheiden, ob der Angeklagte schuldunfähig oder vermindert schuldfähig ist. Zu Beginn seiner Urteilsbegründung erklärte er: "Die Besonderheit in diesem Fall liegt in der psychischen Störung des Angeklagten. Vieles von der Tat bis zur Ausführung ist für gesunde Menschen kaum nachvollziehbar." Das Urteil fiel auf vermindert schuldfähig. Der Angeklagte sei zum Tatzeitpunkt in der Lage gewesen, seine Situation zu erkennen – zudem sei kein akuter Schub der Krankheit vorgelegen.

Richter: Unbehandelt geht große Gefahr vom Angeklagten aus

Dass es sich nicht um Notwehr gehandelt habe, wie der Angeklagte beteuerte, sah das Gericht dadurch als erwiesen, da das Opfer nach der Prügelei fliehen wollte. Der Angeklagte habe daraufhin das Messer geholt und sei erneut auf den 33-Jährigen los. Zudem habe sich der Angeklagte "bei solch wuchtigen Stichen in die Herzgegend des Opfers" trotz seiner Krankheit über die tödlichen Folgen bewusst sein müssen. Die mögliche Haftstrafe von 15 Jahren wegen Totschlags sinke im Fall des Angeklagten durch seine Erkrankung, sein Geständnis und da er keine ähnlichen Taten zuvor begangen habe. Von dem 31-Jährigen gehe "eine große Gefahr aus, dass er unbehandelt wieder ähnliche Straftaten begehen" könnte, so der Richter. Deshalb sei auch schwer zu prognostizieren, wann und ob der Angeklagte aus der Psychiatrie entlassen werden könnte.

Der 31-Jährige hat eine Woche Zeit, um wegen des Urteils in Revision zu gehen. Die Nebenkläger – die Familie des 33-jährigen Opfers, das drei Kinder zurücklässt – können nur wegen der Art des verurteilten Delikts in Revision gehen. Die Angehörigen des getöteten Mannes zeigten sich, aufgrund des ihnen als zu milde ausgefallenen Urteils, erschüttert. "Wie hätte der Richter entschieden, wenn es sein Kind gewesen wäre?", fragte die Tante des Opfers nach der Verhandlung.