Mit dem Einkaufszentrum habe man einen Teil an verlorenen Verkaufsflächen in der Innenstadt auffangen können, das analysierten Experten und stellen die Ergebnisse nun im Gemeinderat vor. Foto: Hopp

Leerstände lassen sich laut Expertin nicht mehr mit Geschäften füllen. Nagold ist Hauptkonkurrent.

Horb - Was hat das Einzelhandelskonzept in den vergangenen zehn Jahren gebracht? Und wie sind die Aussichten? Das Büro Acocella hat die Lage in Horb erneut analysiert und nun im Gemeinderat vorgestellt. Das Ergebnis: Man muss sich von einigen Träumen verabschieden.

Einkaufstadt Horb? Diesen Begriff werden wohl nicht viele Kunden unterschreiben. Die Neckarstadt ist nicht für unbeschränkten Shopping-Genuss bekannt. Ein Image, das durch die Analyse des "Büros Dr. Acocella Stadt- und Regionalentwicklung" aus Lörrach bestätigt wurde. Im Oktober vergangenen Jahres hatte es mehrere Tage eine Passantenumfrage gegeben. Vor fast genau zehn Jahren hatte das Büro schon einmal Informationen zum Einkaufsverhalten eingeholt. Die Ergebnisse zeigen, dass manches Vorurteil für Horb bestätigt wird, dass es aber dennoch Hoffnungen gibt und nicht alles schlecht läuft. Die Befragung der Passanten wurde absichtlich vor der Eröffnung des neuen Einkaufszentrum durchgeführt. Die Erfassung der Geschäftssituation in Horb erfolgte inklusive der Activ-Arkaden.

Zehn Jahre Stillstand?

Der Vergleich der erhobenen Zahlen von 2008 und 2018 zeigt, dass sich nicht viel verändert hat. Die Verkaufsflächen sind ziemlich ähnlich, die Zahl der Läden ist zwar runtergegangen. "Aber das läuft in Horb nicht schlechter als in anderen Städten", so Schnacke-Fürst. Statt 105 Einzelhandelsbetriebe vor zehn Jahren sind es nun nur noch 86. "Aber das ist auch eine Bereinigung. Wir hatten ein Überangebot." Das Verkaufsflächen-Plus ist dagegen kein Grund zum Jubeln. "Kemmler nutzt mittlerweile eine größere Fläche." Schnacke-Fürst beruhigte die Stadträte aber: "Sie konnten die Versorgungssituation halten, da sieht es in anderen vergleichbaren Städten schlechter aus. Schon vor zehn Jahren habe ich gesagt: Wenn sie das schaffen wollen, dann müssen sie viel tun. Und das haben sie ja." Oberbürgermeister Peter Rosenberger betonte die Bedeutung der Activ-Arkaden: "Der Verlust an Verkaufsflächen in der Innenstadt ist dadurch aufgefangen worden." Die Expertin ergänzte: "Dies ist zwar nicht 1:1 so, aber wenn sie das nicht so gemacht hätten, wäre es sicher weniger."

Die Horber Probleme

Überwiegend für die Grundversorgung wird in Horb eingekauft. "Horb ist untypisch in Vergleich zu anderen Städten. Typisch sind die Bereiche Kleidung und Schuhe." Dagegen sei Horb im Bereich Nahrungs- und Genussmittel überdurchschnittlich ausgestattet. "Hier besteht eigentlich ein Überangebot", so die Expertin. Maximal für 1000 Quadratmeter Einkaufen sei noch Potenzial. "Das kann aber auch eine Erweiterung sein." Wenn noch mehr in diesem Bereich angesiedelt würde, bestünde die Gefahr einer Verdrängung. Weiteres Problem: die Stimmung unter den Einzelhändlern. "Die Stimmungslage ist nicht gut. Auch der Effekt der Gartenschau ist mittlerweile verpufft. Das wird als selbstverständlich wahrgenommen. Das positive Stimmungshoch ist wieder verebbt." Außerdem fehle es an Gastronomie in der Stadt. "Die Aufenthaltsqualität ist sehr wichtig."

Die Horber Stärken

"Sie haben ein sehr großes Stammkundenpotenzial in der Stadt", hob Schnacke-Fürst hervor. Diese Kunden würden allerdings aus Vernunftsgründen – also zum Beispiel wegen der kurzen Wege – in Horb einkaufen. Außerdem habe sich das Image der Stadt gebessert – auch wenn sie immer noch als "verschlafenes Städtchen" gelte. Außerdem wird Horb mittlerweile deutlich familienfreundlicher wahrgenommen. Geparkt wird übrigens überwiegend im Kaufland und nicht mehr wie vor zehn Jahren auf den öffentlichen Parkplätzen.

Der Hauptkonkurrent

Klare Erkenntnis: Am Samstag ist in Horb wenig los. Dafür bei einem Hauptkonkurrenten umso mehr. Viele Horber Kunden gehen gerne nach Nagold einkaufen. Auch Stuttgart steht weit oben. Die Expertin: "Nagold scheint in den vergangenen Jahrzehnten vieles richtig gemacht zu haben." In Nagold werden vor allem Bekleidung und Schuhe eingekauft. Also genau das, was Horb fehlt.

Die Prognose

Leerstände in der Innenstadt wieder mit Geschäften füllen? "Verabschieden Sie sich von dieser Vorstellung", raubte die Gutachterin den Stadträten jede Illusion. Zwar könne das in Einzelfällen gelingen, aber das müsste sich dann wirklich nach dem Bedarf der Kunden richten. "Ein Geschäft mit 20 Quadratmetern hat heute keine Zukunft mehr." Weitere Geschäfte dieser Größenordnung würden nach und nach im Stadtbild verschwinden. Deshalb schlägt sie vor, mehr auf das Thema "Modernes Wohnen" zu setzen. "Leer stehende Geschäfte sollten besser in Wohnungen umgebaut werden." Wichtig sei auch, die Verbindung zwischen dem Bahnhofsbereich und der Innenstadt herzustellen. Diese seien immer noch wie zwei Fremdkörper untereinander. Schillerstraße, Neckarstraße und Fruchtkasten-Areal sollten weiterentwickelt werden. "Verbessern Sie die Aufenthaltsqualität." Die Auswirkungen des Einkaufszentrums werde man erst in fünf Jahren merken können.

Rosenberger erinnerte an den städtebaulichen Wettbewerb und kommentierte die Aussagen der Expertin: "Es bringt uns nichts, wenn wir irgendetwas beschönigen. Wir werden in Horb keine richtige Einkaufstadt werden. Es wurde auch jahrzehntelang auf die Hochbrücke gewartet, der Einzelhandel hat gelitten. Jetzt wissen wir, das in einigen Jahren die Hochbrücke steht. Deshalb mein Appell an den Handel: Jetzt gibt es keine Ausrede mehr, mit Investitionen zu warten."