Achim Krause ist hochintelligent. Foto: SB

Achim Krause ist einer der besten Jung-Mathematiker in Deutschland. Diplom mit 20.

Horb/Tübingen - Es scheint wie eine kleine Parallelwelt, ein eigenes System aus Menschen, Wettbewerben und Kongressen, das sich nur selten der breiten Öffentlichkeit präsentiert. Achim Krause ist Teil dieser Welt. Die Welt der Variablen und Logik, die Welt der jungen Mathematik-Elite in Deutschland.

Achim Krause ist hochintelligent, einer der klügsten Köpfe aus Horb. Das wird nicht nur durch das Diplom in Mathematik deutlich, das bald an seiner Wand hängt – mit 20 –, sondern auch im Gespräch mit dem sympathischen Nerd.

Achim hat jahrelange Jonglage hinter sich: leben im Dreieck aus Mathematik-Wettbewerben, Schule und Studium. Daneben noch Teenager sein, so gut man kann – mit World of Warcraft, Mädchen und was dazugehört.

Jetzt fährt Achim auf der Zielgeraden: im Juni wird er seine Diplomarbeit abgeben – Titel: Symplektische Mannigfaltigkeiten ohne Kählerstruktur. Im September sind die letzten Prüfungen abgeschlossen und die Chancen stehen gut, dass darauf die Promotion am Max Planck Institut in Bonn in Angriff genommen werden kann. Wenn nichts schief geht, stehen dann in drei Jahren die begehrten zwei Buchstaben mit Punkt vor seinem Namen – Dr. mit 23.

Beim Gespräch in der Horber Kneipe gibt sich der 20-Jährige zurückhaltend. Selbstbewusst lächelnd lebt er so manches Nerd-Klischee – sein schwarzes T-Shirt ziert das Firmenlogo einer fiktiven Forschungsanstalt aus einem bekannten Computerspiel.

Angefangen hat bei Achim alles ganz klassisch: "Was ist Was"-Bücher, manche sagen die Grundlage des weltweiten Allgemeinwissens, waren die erste Quelle, die die unbändige Neugier des kleinen Achim befriedigte. Dieser hatte sich bereits im Kindergarten das Lesen beigebracht.

Sprung von der zweiten in die dritte Klasse. Auch wenn er retrospektiv betrachtet schon immer so etwas wie die Außenseiterrolle einnahm, wurde er nie wirklich ausgegrenzt. Außerdem hatte er schon früh einen guten Freund, der ihn durch die gesamte Schulzeit begleitete.

Die Mathe-AG in der 6. Klasse beim jetzigen Rektor des Martin-Gerbert-Gymnasiums, Georg Neumann, war der Startpunkt für seine Liebe zur Logik in der Mathematik. "Mathe in der Schule wird völlig falsch vermittelt", erklärt der 20-Jährige, "man bekommt ein Problem vorgesetzt, man bekommt Verfahren zur Lösung serviert und wie man diese anwendet. In der Mathe-AG mussten wir zum ersten Mal nach eigenen Lösungswegen suchen, kreativ werden, darüber nachdenken, wie man Probleme angeht. Das hat mir gefallen." Hier begann auch der Wettbewerbsbetrieb für junge Mathematiker in Deutschland. Dieser sollte später wichtiger Teil seines Lebens werden und mit einer Silbermedaille bei der internationalen Mathematik-Olympiade belohnt werden.

Siebte Klasse – dritter Preis beim Landeswettbewerb, Achims Ehrgeiz wurde entflammt. Er selbst beschreibt sich selbst als Mensch mit "gesunder Faulheit". Aber jetzt wollte er es wissen, denn Träger eines ersten Preises dürfen auf ein einwöchiges Mathematik-Seminar. Eine Woche unter Gleichgesinnten, eine Woche dem Geist freien Lauf lassen und eine immense Menge an neuen Einflüssen in sich aufsaugen.

9. Klasse: Etappenziel erreicht, erster Preis beim Landeswettbewerb und das begehrte Seminar eingetütet. "Die Woche war einfach richtig geil, dort hab ich zum erstem Mal eine Nacht durchgemacht und wahnsinnig viele interessante Menschen kennengelernt".

Zeit der Wettbewerbe jetzt vorbei – was jetzt ansteht heißt Zukunft

Im gleichen Jahr, Achim war 15, las er in der Tageszeitung einen Artikel über einen Elfjährigen, der schon zur Uni ging. Einige Telefonanrufe und Gespräche mit Professoren später ging Achim zu seiner ersten Vorlesung an der Eberhard Karls Universität Tübingen. Einschreiben konnte er sich zwar nicht, aber seine Leistungen werden im Nachhinein anerkannt.

Es begann ein Leben zwischen Schule, englischer Mathematikfachliteratur für die Uni und der Teilnahme am Bundeswettbewerb für Mathematik. Abstriche musste er nur in Fächern wie Deutsch machen. Über seine Erfolge im Bundeswettbewerb gelang es Achim nicht nur ab der 12. Klasse von der Studienstiftung unterstützt zu werden, sondern sein Weg führte ihn auf das Parkett der internationalen Mathematik-Elite.

200 Teilnehmer aus ganz Deutschland, "ein riesen Event", Mathemathikolypiade in Göttingen. Achims Bilanz: Einmal Gold, einmal Silber. Höhepunkt der Wettbewerbskarriere des jungen Mathematikers war aber die Teilnahme an der internationalen Mathematik Olympiade (IMO) in Amsterdam: Hier kommen die schlausten Köpfe des Planeten zusammen, um sich im Wettbewerb der Logik zu messen. Vorangegangen ist dem ein Auswahlverfahren mit sieben verschiedenen Seminaren, an denen die sechs besten Mathematiker der Bundesrepublik ausgesucht werden – echtes Kadertraining. Abschlussseminar war im Mathematischen Forschungsinstitut Oberwolfach, dem Disneyland für Mathematiker, eines der renommiertesten Kongresszentren für Mathematik irgendwo in der idyllischen Schwarzwaldregion zwischen Offenburg, Freudenstadt und Schramberg.

Beim Wettbewerb in Amsterdam mussten die sechs Auserwählten gegen Konkurrenten wie die Teilnehmer aus China antreten, deren Kadertraining ein halbes Jahr dauert und ohne normalen Schulbetrieb stattfindet. An der Behandlung eines Silbermedaillengewinners zu urteilen, herrscht bei den Chinesen ein etwas anderes Leistungsverständnis – er durfte nicht mit aufs Foto. Achim war mit seiner Silbermedaille mehr als zufrieden, auch wenn vielleicht noch ein wenig mehr drin gewesen wäre.

Die Zeit der Wettbewerbe ist jetzt vorbei, was ansteht heißt Zukunft: Promotion am Max Planck Institut sagt die "To do"-Liste, bald wird sich zeigen, ob der Traum war wird.