"Aber bitte mit Maske!": Ladenbesitzer können sich dieses Plakat im Internet herunterladen. Foto: Land Baden-Württemberg

Verkaufspersonal muss Kunden immer wieder auf Maskenpflicht hinweisen. Viele Atteste unnötig.

Horb - Die Maskenpflicht, die in Baden-Württemberg seit dem 27. April gilt, spaltet die Gemüter. Dass mancher Kunde sich an der Maske in seinem Gesicht stört – und dies nicht nur aus gesundheitlichen Gründen – ist die eine Seite der Geschichte. Die andere können die erzählen, die auf der anderen Seite der Verkaufstheke ihre Arbeit tun. Und die immer wieder widerspenstige Kunden darauf hinweisen müssen, doch bitte einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen.

Siehe auch: Torsten K. rebelliert gegen Maskenpflicht

Zu diesem Thema hat sich auch der Eutinger Bäckermeister Tobias Plaz bereits im Internet geäußert. Auf einer Facebook-Seite berichtet er, dass vor allem die Verkäuferinnen in seiner Bäckerei gerade "wegen der Maskenpflicht unendlich viele Diskussionen mit Maskenverweigerern führen" müssten. Zudem gebe es eine Kundin, "angeblich Ärztin", die jedes Mal wegen der Masken einen Aufstand mache im Laden.

"Das war echt übel."

Was der Chef beschreibt, das bestätigt eine seiner Mitarbeiterinnen im Gespräch mit unserer Zeitung. Fast täglich kämen Kunden ohne Maske in die Bäckerei. "Man hört immer: ›Oh, hab ich vergessen!‹" Glauben kann die Frau das eigentlich nicht, gilt die Maskenpflicht doch bereits seit gut vier Monaten. Zumal manche komisch reagieren würden auf die Nachfrage nach dem Mund-Nasen-Schutz. In der Bäckerei Plaz gibt es inzwischen Einwegmasken, die die Mitarbeiterin den Kunden in so einem Fall anbietet. "Es ist nun mal so", meint die Frau zur Maskenpflicht, "und es sollte sich jeder dran halten."

An eine Szene kann sich die Bäckereimitarbeiterin noch gut erinnern. Zum einen sei eine Kundin ohne Maske im Laden gewesen, von der sie wisse, dass sie aus medizinischen Gründen aufs Tragen verzichten darf. Zum andern eine weitere Frau. Diese sei total hysterisch gewesen und habe angefangen zu diskutieren, sie wolle auch solch ein Attest. "Das war echt übel."

Tatsächlich entfällt laut der baden-württembergischen Regierung die Maskenpflicht etwa für "schwerhörige oder gehörlose Menschen, die auf das Mundbild oder eine besonders deutliche Aussprache in der Kommunikation angewiesen sind sowie deren Begleitpersonen". Darüber hinaus gibt es medizinische Gründe.

Lungen-Experte hält viele Atteste für unnötig

Dazu erklärt die kassenärztliche Vereinigung (KV) allerdings: "Es gibt nur sehr wenige Menschen, die aus medizinischen Gründen keine Maske tragen können. Die Entscheidung, ob eine Bescheinigung ausgestellt wird, liegt beim behandelnden Arzt." Als Beispiele nennt die KV Patienten, die "erschwert atmen durch chronische Lungenerkrankungen", etwa COPD (chronische obstruktive Lungenerkrankung) und Asthma bronchiale. Im selben Absatz heißt es allerdings auch: "Gerade schwer Kranke müssen sich selbst schützen, wozu das Tragen einer Maske beitragen kann."

Die Zeitung "Die Welt" zitierte in einem Artikel zum Thema kürzlich Frank Powitz, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes der Pneumologen. Dieser sagte, es gebe aus lungenfachärztlicher Sicht bei vielen mit Masken-Verzichts-Attest "kein einziges sinnvolles Argument" ein solches zu haben. "Nur in besonders schweren Fällen der chronischen Lungenkrankheit COPD könne eine Maske die ohnehin stark eingeschränkte Atmung in problematischer Weise behindern", zitiert die Zeitung.

Wie die kassenärztliche Vereinigung meint allerdings auch Powitz, dass solche Patienten erst recht nicht ohne Schutz in die Öffentlichkeit gehen sollten. Der Münchner Pneumologe kommt darum laut "Welt" zum Schluss, dass 99 Prozent der ausgestellten Atteste gar nicht mit dem Infektionsschutzgesetz vereinbar seien.