Impulsvortrag: Holger Zimmermann, Inhaber von Projektmensch, zu den Chancen in der derzeitigen Corona-Situation

Horb. Beim jüngsten Mittelstandsfrühstück im Projektraum 42 hatte Holger Zimmermann, Inhaber von Projektmensch, einen Impulsvortrag zum Thema "Marktchancen erkennen und systematisch nutzen: Wie Sie strukturiert vorgehen können, um neue Geschäftsfelder zu erschließen" im virtuellen Klassenzimmer gehalten.

Unter den zahlreichen Teilnehmern waren Themen-Interessierte aus den unterschiedlichsten Branchen mit dabei.  Zimmermann skizziert den Verlauf mit Hilfe einer Kurve.

Die Zeit, nachdem Corona eintraf, beschreibt er dabei als Talfahrt. Zunächst ging es für viele Unternehmen einfach bergab. Für Zimmermann ist jedoch ganz klar, dass diese Talfahrt gebremst werden muss, durch erste Maßnahmen wie beispielsweise, die Liquidität und das Bestandsgeschäft zu sichern. Eines sei jedoch sehr wichtig: Irgendwann hätten sich die ersten Maßnahmen eingependelt und man müsse überlegen, wie es weiter gehe. Entweder spekuliert man darauf, dass irgendwann wieder ein automatischer Aufschwung komme, was jedoch ein gewisses Risiko mit sich bringe. Es könne aber auch eine weitere Talfahrt kommen. "Deshalb", betont Zimmermann, "muss ich für mich als Unternehmer überlegen, wie ich selbst aus dem Tal wieder herauskomme." Als Beispiel führt er hier die Reisebranche auf. Hier ist das Herauskommen aus dem Tal vermutlich aktuell ein wichtiger Schritt.

Zimmermann legte das aktuelle Ziel von Projektmensch offen: Am Ende der Talfahrt haben wir mindestens 100 Unternehmen nachweislich geholfen. Zimmermann berichtet, wie auch in seinem kürzlich erschienenen Buch "Unternehmenskrisen meistern" darüber, die Kostenseite und die Einnahmen- beziehungsweise Marktseite zu berücksichtigen. "Vor allem die Marktseite ist wichtiger, als viele denken." Neue Geschäftsfelder müssen erkannt und genutzt werden.

Bei vielen Unternehmen habe Zimmermann in den vergangenen Wochen beobachtet, dass sie aufgrund der Schwankungen ihren Vertrieb in die Pause geschickt hätten. Doch was passiert dann? "Stellen Sie sich vor, zehn Unternehmen stellen ihren Vertrieb auf Pause und Sie als elftes Unternehmen beschäftigen den Vertrieb weiter." Zimmermann erklärte, dass man sich hier im Bereich der Psychologie befinde: Wenn alle anderen das so machen, dann machen wir das auch. Aber genau darin würden laut Zimmermann die Chancen stecken.

Eine andere Möglichkeit sei es, sich zu fragen, wo die Leistung aktuell gefragt sei. Am Beispiel eines Schreibtischherstellers zeigt Zimmermann, die Chance auf, dass der Schreibtischhersteller durch den Trend zu Homeoffice nun auch an Privatpersonen verkaufen kann, anstatt bisher nur an Unternehmen. Der Vorteil daran sei, dass man dabei nach wie vor in seinem Marktsegment bleibe und man sein Know-How weiterhin einsetzen könne.

Doch es gelte auch zu beobachten, wohin der Trend gehen werde. Dieses Jahr wird es viele Deutschlandurlaube geben. Als Chance führt Zimmermann diesbezüglich folgende auf: "Ich kann beispielsweise den Campingplätzen helfen, ihre Struktur umzubauen und zu erweitern."

Der Fehler von vielen sei, dass sie Krisen als Nachteil sehen würden. Doch wo es einen Abwärtstrend gebe, würden auch neue Bedarfe entstehen. Der Trend zum Homeoffice aktuell sei nicht nur für Projektmensch eine große Chance. Viele Eltern seien im Homeoffice. Dabei frage sich Zimmermann, wieso kein Cateringservice auf die Idee komme, das Mittagessen zu organisieren und zu liefern.

Zimmermann sagt, dass es wichtig sei, alle Ideen – seien sie noch so verrückt und abwegig – einfach mal aufzuschreiben. Unter 50 Ansätzen würde Zimmermann nicht aufhören. Einer der Hauptgründe, warum Geschäftsideen scheitern, sei, weil die Menschen denken würden: Wenn die Idee gut wäre, hätten es die Menschen ja schon längst gemacht.

Zudem fragt Zimmermann: "Was tut unseren Kunden jetzt weh und in drei Monaten und vielleicht in einem Jahr? Meinen bestehenden Kunden, die ich ja bereits kenne. So muss man einfach anrufen und fragen, was sie momentan beschäftigt." Projektmensch habe seit einigen Wochen umgestellt auf Online-Formate, da die Kunden keine Präsenzformate mehr wahrnehmen konnten. "Dabei ist es völlig egal, ob man das kann oder nicht. Man kann das auch gut in Kooperation machen. Die Kombination aus dem Problem und daraus, was kann ich, ist der Schlüssel. Marktchancen sind mehr als nur eine Idee", sagt Zimmermann.

Im Anschluss an seinen Vortrag, beantwortete Zimmermann noch die Fragen aus der Runde. Einige der Teilnehmer hätten ebenfalls beobachtet, dass viele in Krisensituationen viel zu früh aufgeben würden. Auch Kennzahlen zur Überwachung werden aus der Runde als wichtig angesehen. Jedoch nicht zu viele – sonst verliert man sich wiederum in den Kennzahlen. Zimmermann bestätigte das: "Ein bis zwei Messwerte, die mir sagen, funktioniert das, oder nicht, reichen aus". Zimmermann meinte dazu, "dass wir Deutschen uns mit dem Wort ›Experiment‹ schwer tuen würden. Das wundere ihn immer wieder. Ein Experiment sei etwas wohl Überlegtes und echter, als viele Marktumfragen. Zu einer guten Krisenbewältigung gehöre jedoch auch ein gutes Risikomanagement.

Stefan Lazar, ein Teilnehmer und Freund von Projektmensch, kümmert sich aktuell in einem seiner Projekte um zusätzliche Campingkapazitäten, obwohl er mit seinem Unternehmen CastX eigentlich Veranstaltungen organisiere. Er habe die Chance ergriffen und für sich einen guten Weg gefunden, um das Experiment zu starten. Zimmermann griff das auf und meinte, dass es hierfür hilfreich sei, mit einem Kanban-System zu arbeiten (Kanban = Karte). Es gehe darum, eine Karte von der Idee zur Erledigung zu führen. Dabei gebe es einen Arbeitsspeicher, "eine Kategorie mit den Dingen, die ich umsetze und eine mit den Dingen, die erledigt sind".

Anschließend an die Fragerunde wurde in kleinere Gesprächsrunden mit Projektmensch eingeladen. Dazu wurden die Teilnehmer und alle aus dem Projektmensch-Team nach dem Zufallsprinzip in sogenannte Break-Out-Räume geschickt. In den einzelnen virtuellen Räumen konnten dann spezifischere Fragen geklärt und weitere Themen aufgegriffen werden. Wieder einmal standen die guten Gespräche und der Austausch im Fokus. Das nächste Mittelstandsfrühstück ist bereits in Planung.