Perfektes Zusammenspiel von Chor, Orchester und Solisten: Verdis Requiem war ein Erfolg. Fotos: Baum Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Horber Musiktage eröffnen fulminant mit Verdis Requiem / Solisten brillieren

Eine Glanzleistung der Horber Musiktage war am Samstagabend die umjubelte Aufführung von Verdis Requiem unter der Leitung des Horber Stadtmusikdirektors Sven Gnass.

Horb. Obgleich eine Totenmesse, ist Verdis Requiem vielleicht die schönste Oper des unbestrittenen Opern-Titans. Sven Gnass begrüßte einige Hundert Zuhörer in der übervollen Horber Stiftskirche. Gnass ließ ein wenig italienische Musikgeschichte Revue passieren und erklärte, dass Verdi sehr sozial eingestellt war. So hatte er zu Lebzeiten ein Stift für pensionierte Musiker gegründet, das bis auf den heutigen Tag Bestand hat. "Hier wird bis heute musiziert", so Gnass.

Doch Verdis Konzept für ein Requiem, für das jeder damals bekannte Komponist einen Satz beisteuern sollte, hatte leider nicht funktioniert. Verdi stand mit dieser Idee alleine da, daher musste er die musikalische Idee eines Requiems alleine umsetzen.

Gnass betont: Verdis schönstes Werk

Gnass betonte, dass das Requiem Verdis schönstes Werk sei. Peitschende, skandierende Läufe wechseln sich ab mit meditativ-besinnlichen Passagen, die alle dem Gedenken an die Toten, der ewigen Ruhe der Verstorbenen gewidmet sind. Daher besticht das Verdi-Requiem mit einer mannigfachen musikalischen Ausdrucksweise.

Verdi war unbestrittener Opern-Titan des 19. Jahrhunderts. Mit nurmehr 16 Jahren hatte er seinen ersten Erfolg als Dirigent und debütierte mit 20 Jahren an der Scala mit Haydns "Schöpfung". Dort erlebte er auch mit seiner ersten Oper "Oberto" seinen großen Durchbruch als Opernkomponist. Mit "Rigoletto", "Troubadour", "La Traviata" oder "Aida" setzte dann ein Aufstieg zur Weltgeltung ein.

Nach vielen Erfolgen kamen dann 16 opernmüde Jahre, in denen sich Verdi als reicher Mann auf seinem Gut Sant Agata zurückzog. In dieser Zeit entstanden hervorragende Werke, etwa ein Streichquartett, einige gesitliche Kompositionen und 1874 sein Requiem. Es ist bis heute die bedeutendste italienische Konzertmesse des 19. Jahrhunderts. Ein Gesamtkunstwerk, dessen Entstehungsgeschichte auf den hoch geschätzten Kollegen Rossini zurückgeht.

Stimmgewaltige, markante Solopassagen

Als Solisten brillierten bei der Premiere am Samstagabend in der Horber Stiftskirche Natalie Karl als stimmengewaltiger Sopran, die mit perlenden, markanten Solopassagen bestechende Mezzosopranistin Marie-Kristin Schäfer, der überzeugende Tenor Rodrigo Porras Garulo sowie der Kammersänger und stimmengewaltige Bass-Bariton Armin Kolwarczyk. Im Wechsel mit dem fulminant agierenden Chor, den Stuttgarter Choristen, ergab sich ein überaus packendes musikalisches Gesamtbild.

Gegliedert in die Teile einer Totenmesse begann Verdis Requiem mit dem "Requiem und Kyrie", dem ein packender, fast schon das Gesamtwerk dominierender Part folgte: Ein mitreißendes "Dies Irae", bei dem das jüngste Gericht besungen wird. Hier brillierten die Solisten mit präzise gesungenen Solopassagen, bestach der Chor mit mal expressiven Läufen und dann wieder lyrisch-besinnlichen Gesängen. Das Orchester tat sein Übriges: Es peitschte den Rhythmus an beim "Dies irae, dies illa", welches eine beinahe unerträgliche Spannung aufbaute, die immer wieder in den nachfolgenden musikalischen Einheiten gebrochen, aber erst im versöhnlich-leisen Lacrymosa aufgelöst wurde.

Hier heißt es: "Tränenreich ist jener Tag, wenn der Mensch dem Grab entsteigt vor dem Richter zu erscheinen. Laß ihn, Gott, Erbarmen finden. Treuer Jesu, Herr und Gott, schenke ihnen deine Ruhe. Amen." Es ist übrigens das einzige Amen in Verdis Requiem – Nach einem packenden Offertorio, einem dem nicht minder gesanglich und orchestral nachstehenden Sanctus und einem wunderbaren Agnus Dei folgen flirrende Violinen und mitreißende Rhythmen beim eindrucksvollen Satz "Lux Aeterna", der beinahe im Pianissimobereich agiert. Paukensoli dann am Schluss bei "Libera Me", "Rette mich, Herr Gott vor dem ewigen Tode an jenem furchtbaren Tag des Schreckens".

Tosender Applaus war den Musikern sicher. Alle Solisten bekamen Blumengebinde. Gnass warf seines einem Sänger des Chores zu. Der Chor der Stuttgarter Choristen wurde 1979 gegründet und stach seither hervor mit Opernproduktionen, Produktionen mit dem SWR und der Mitwirkung bei zahlreichen Opern-CDs. Gnass bedankte sich explizit am Ende des Konzertabends bei der Konzertmeisterin Maria Gawrilenko.