Im Einsatz für den Schienenverkehr: Wird die Gäubahn weiter direkt zum Stuttgarter Hauptbahnhof fahren? Foto: Hopp

Landes- und Bundesgrüne plädieren für Gleise bis zum Hauptbahnhof als Interimslösung.

Berlin/Horb/Freudenstadt - Jetzt steigt die Hoffnung für Bahnpendler in der Region: Landes- und Bundesgrüne setzen sich dafür ein, dass der drohende Umstieg in Vaihingen auf der Gäubahn ab dem Jahr 2025 doch wegfällt. Damit sind die Chancen, dass die Gäubahn bis zum Hauptbahnhof Stuttgart weiterfährt, so hoch wie nie.

Im Dezember hatte der Kreistag Freudenstadt eine Resolution auf Antrag der Grünen beschlossen. Inhalt: Die Kappung der Gäubahn zum Hauptbahnhof wird abgelehnt.

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Jetzt sind die Chancen dafür so hoch wie nie: Auch Bundes- und Landtagsgrüne kämpfen jetzt für eine Weiterführung der Gäubahn bis zum Hauptbahnhof, bis die Gäubahn-Strecke über den Flughafen fertig ist.

Videokonferenz

Auf einer Videokonferenz mit 40 Teilnehmern aus allen Kreisverbänden entlang der Gäubahn sagte Matthias Gastel, Bundestagsabgeordneter der Grünen, am Dienstagabend: "In den letzten Wochen hat sich gezeigt, dass die Bebauung des Gleisvorfeldes in Stuttgart nicht so schnell erfolgen kann wie erwartet. Dann kann man zwei Gleise vorübergehend lassen und die Gäubahn direkt zum Hauptbahnhof fahren."

Deshalb wolle man Einfluss auf Stuttgart nehmen. Sowohl OB Fritz Kuhn als auch Baubürgermeister Peter Pätzold sind Grüne. Die Öko-Partei hat 16 Sitze im Gemeinderat und ist stärkste Fraktion.

Nachricht aus Stuttgart

Erst am letzten Wochenende sorgte in Stuttgart die Nachricht für Aufsehen: Das Gleisvorfeld nach der Fertigstellung des Tiefbahnhofs im Jahr 2025 kann nach geltender Vertragslage mit der Deutschen Bahn erst frühestens zwischen den Jahren 2035 bis 2037 mit dem Rosensteinviertel mit 600 Wohnungen bebaut werden kann. Rathausspitze und Gemeinderat versuchen jetzt, es durch Eigeninitiative von Stuttgart möglich zu machen, dass man schon im Jahr 2032 den Wohnungsbau starten kann.

Das heißt aber: Zwischen dem Jahr 2025 und 2032 – also ganze sieben Jahre lang – dürfte auf dem sogenannten Gleisvorfeld nicht viel passieren. Dann kann man doch gleich die Gäubahn weiter – auf den bisherigen Gleisen über die Panoramabahn durch den Stuttgarter Westen – bis zum Hauptbahnhof fahren lassen. Das wollen Landtags- und Bundestagsgrüne jetzt erreichen. Das Argument: "Die Stuttgarter haben nicht nur eine Verantwortung für ihren Städtebau, sondern auch für die Bahnanbindung."

Löst die Grünen-Connection jetzt das Gäubahn-Problem?

Denn: Falls diese Interimslösung nicht zustande kommt, droht den Bahnpendlern auf der Gäubahn Ungemach. Ab 2025 – so die bisherigen Pläne – sollte die Gäubahn-Strecke zum Flughafen gekappt und neu gebaut werden.

So lange sollten die Fahrgäste der Gäubahn am Bahnhof Vaihingen oder in der Nähe des jetzigen Nordbahnhofs in die S-Bahn umsteigen.

Horror-Szenario

Ein Horror-Szenario für bis zu fünf Jahre. Gastel: "Die Gäubahn-Führung zum Hauptbahnhof über den Flughafen ist allerfrühestens im Jahr 2028 fertig. Das kann aber auch vier oder fünf Jahre später sein."

Wenn dieses Szenario stimmt, dann könnte die Gäubahn also ganz locker weiter auf den bisherigen beiden Schienen zum Hauptbahnhof oben rollen. Stuttgart hätte immer noch zwei Jahre, um den Baugrund für das Rosensteinviertel fertig zu stellen.

Der Zwangs-Umstieg in Vaihingen wäre sehr ärgerlich für Bahnkunden. Grünen-Bundestagsabgeordneter Gastel: "Ich habe das Umstiegs-Szenario Vaihingen mal angucken lassen. Es werden sehr viele Anschlüsse nicht mehr erreicht. Beispiel sind der Anschluss Richtung Mannheim oder Nürnberg. Abends funktioniert die letzte Anbindung der Gäubahn überhaupt nicht mehr. Damit wird der Raum entlang der Gäubahn massiv benachteiligt."

Und: Vielleicht gibt es bald eine Fahrzeitverkürzung von Horb nach Zürich auch ohne Ausbaumaßnahmen. 2023 soll der zweispurige Ausbau Horb-Neckarhausen fertig sein.

Allerdings: Die Fahrt in die Schweiz wird derzeit um zehn Minuten in Singen verzögert. Weil es Hersteller Bombardier bis heute nicht geschafft hat, die Züge so umzubauen, dass sie auch in der Schweiz fahren können. So müssen die Fahrgäste in Singen in SBB-Züge umsteigen.

Gastel: "Die Bahn hat Züge der Österreicher für ihren Verkehr rund um Rostock gekauft. Die sind kompatibel mit der Schweizer Bahntechnik. Vor einem halben Jahr war der Sachstand: Kriegt der Hersteller es hin, seine Züge Schweiz-tauglich auszubauen oder verliert die Bahn das Vertrauen in den Hersteller? In den nächsten Monaten sollte Klarheit herrschen, welche Züge in Zukunft auf der Gäubahn fahren."

Auch der Horber Kreisrat Wolf Hoffmann und OGL-Gemeinderat war bei der Videokonferenz dabei. Er sagt: "Für den gesamten Landkreis Freudenstadt hat die direkte Anbindung der Gäubahn an den Hauptbahnhof Stuttgart die höchste Priorität. Jetzt kommt es darauf an, gemeinsame gute Lösungen zu finden. Wir hatten Matthias Gastel schon Anfang April in den Gasthof Adler eingeladen. Das fiel leider wegen Corona aus."

Bis auf die Verbindungshäufigkeit habe die Gäubahn von Horb aus schon jetzt fast S-Bahn-Charakter, so Hoffmann: "Mit Bahncard 25 kann man für 7,95 Euro im IC nach Stuttgart fahren. Besser geht es nicht! Wir Grünen kämpfen weiter dafür, dass die Gäubahn noch besser wird."