Die Lehrerinnen und Lehrer der Horber Realschule sind bereit für ihren Arbeitseinsatz. Heinz Högerle (links) unterstützt sie mit seinem Wissen.Fotos: Morlok Foto: Schwarzwälder Bote

Engagement: Normalerweise pflegen Horber Realschüler den alten jüdischen Friedhof viermal im Jahr

Alte Friedhöfe sind wunderschöne Plätze, an denen die Erinnerung lebt. Orte voller Mythen, Geheimnisse und Geschichten. Es sind Plätze, die viel über die Historie einer Stadt berichten können – es sind stumme Zeugen der Vergangenheit.

Horb. Und wenn man diese wertvollen Plätze erhalten möchte, dann muss man sie pflegen. Sie wuchern schneller zu als man denkt und irgendwann hat die Natur ihr ursprüngliches Territorium zurückerobert.

Damit dies zumindest in Horb nicht passiert, hat vor einigen Monaten die Realschule Horb die Patenschaft für den alten jüdischen Friedhof in der Mühringer Straße übernommen. Viermal im Jahr geht es für eine der Klassengemeinschaften für ein paar Stunden raus ins "grüne Klassenzimmer zum Live-Unterricht" wie Schulleiterin Heidrun Linka den alten Friedhof, auf dem 1952 die letzte Beisetzung stattfand, nannte.

Die Schüler schlagen bei diesen Arbeitseinsätzen mehrere Fliegen mit einer Klappe. Sie übernehmen nicht nur die Pflege der Grabreihen und der Wege, sondern sie erfahren dabei auch etwas über die ehemalige jüdische Kultur in Horb. Gleichzeitig wird bei dieser Aktion die Klassengemeinschaft gestärkt und sie können ihre Klassenkasse beispielsweise für eine Klassenfahrt aufbessern. Pro Arbeitseinsatz zahlt die Stadt Horb, die auch die notwendigen Gerätschaften stellt, 500 Euro an die Schule.

Eigentlich sollten, wie schon in der Vergangenheit öfter geschehen, auch in dieser Woche die Schüler zu einer dieser besonderen Geschichtsstunden ausrücken, doch Corona machte hier den Verantwortlichen einen Strich durch die Rechnung. Alle außerschulischen Veranstaltungen mit Schülern sind nach wie vor untersagt.

"Trotzdem wächst das Unkraut und der Efeu. Da wir aber nun die Verantwortung mit dieser Patenschaft übernommen hatten, haben wir beschlossen, selbst zu Hacke und Schere zu greifen" erklärte Michaela Meyer im Namen des Lehrerkollegiums.

Bei sengender Hitze

Gemeinsam mit Heinz Högerle, dem profunden Kenner jüdischen Lebens in Horb, der beratend mit vor Ort war, machten sich am Donnerstagnachmittag bei sengender Hitze zehn Lehrkräfte daran, die Arbeiten, die sie eigentlich für ihre Schüler angenommen hatten, selbst auszuführen. Passend gekleidet – "denn dort wird man dreckig wie’d Sau" – wie eine Lehrerin wusste, und mit viel gutem Willen machten sich die zehn Freiwilligen daran, nach den Vorgaben von "Vorarbeiterin" Meyer die Aufgaben anzugehen. Corona-gerecht mit ordentlichem Abstand wurden die Wege vom Unkraut befreit, das Grünzeug, das an den Grabumrandungen wucherte, herausgerissen und zurückgeschnitten und grober Efeu-Wildwuchs gestutzt.

Experte Högerle freute sich besonders über diese Aktion, da es seiner Meinung nach bisher einmalig war, dass eine Gruppe in kurzer Zeit gleich zweimal anrückte, denn schon vor gut 14 Tagen war ein anderes Lehrerteam mit den Arbeiten betraut.

Dieser etwas ungewöhnliche Lehrer-Arbeitseinsatz hat nicht nur für biologische Ordnung auf dem Jüdischen Friedhof gesorgt, sondern der Erlös kommt auch noch einer guten Sache zugute. "Wir spenden das Geld an die Aktion Drachen-Ei", freuten sich die schaffigen Pädagogen, die jedoch hoffen, dass ihre Schüler bald wieder zum Einsatz gehen dürfen, denn 30 Schüler schaffen halt mehr als zehn Lehrer, so die einfache Formel.