Reigeschmeckdes aus dem Künstlerhaus

Von Monika Golla

Horb. "Euch gibt es gar nicht", sagte meine Freundin, die mich kürzlich im Künstlerhaus besuchen wollte. Tatsächlich ist es nicht das erste Mal, dass ich das höre, denn wer "Horb, Wintergasse 1" in sein Navigationssystem eintippt, bekommt genau diese Fehlermeldung: keine Übereinstimmung gefunden, Route kann nicht berechnet werden oder schlicht: Wintergasse 1 existiert nicht.

Meine Freundin ist pfiffig und überlistete ihr Navi, indem sie "Wintergasse 2" eingab, denn es erschien ihr nahe liegend. Und so mussten wir uns nicht wieder mit langen Telefongesprächen begnügen, sondern konnten uns ganz persönlich in die Arme fallen.

So wie meiner Freundin geht es vielen anderen vor Ort auch. Also nicht, dass ich ihnen gleich um den Hals falle, sondern, dass das neuerdings ganz lebendige Treiben zu Füßen der Horber Klostermauern für sie einfach noch nicht existiert.

So parkte neulich ein Rollerfahrer sein motorisiertes Zweirad auf unserer Traum-Terrasse und schien sichtlich überrascht über meine Anwesenheit. Ich begrüßte ihn neugierig und wollte wissen, wen von uns Dreien er mit seinem Besuch erfreuen wolle. "Ich habe bisher immer hier geparkt", sagte er daraufhin nur und winkte mit einem offiziellen Schreiben Richtung Amtsgericht. Aber irgendetwas veranlasste ihn wohl doch zur Umschau, denn er stellte sogleich erstaunt fest: "Hier ist jetzt etwas anders, nicht?"

Wer will’s ihm verübeln? Es gibt Besucher, die kommen alleine der schönen Aussicht wegen her. Und es stellt überhaupt kein Problem für sie dar, dass wir zu dieser Zeit mit Kaffeebechern in der Hand und Butterbrezeln im Mund mit unserem Frühstück auf der Terrasse noch nicht ganz fertig sind. Nein, auch auf Nachfrage nicht. "Wir wollten nur mal gucken", lautet die Antwort Nummer eins auf unserer Strichliste.

Im Allgemeinen ist man hier nämlich sehr nachsichtig und sieht nicht nur äußerst gelassen über die unangemessen fortgeschrittene Stunde unseres ersten Vespers hinweg, sondern gesteht uns das Anders-Sein als solches auch sonst gerne zu. Denn schließlich ist das Künstlerhaus, wie ich hörte, eine neue Attraktion in Horb und wir die dazu gehörigen Akteure. Und wir sind das gerne.

Auch alle, die "nur mal gucken wollen", sind hier herzlich willkommen

Und diese Gelassenheit im Umgang mit unseren ungewöhnlichen Arbeits- und Mahlzeiten wissen wir sehr zu schätzen und freuen uns tatsächlich jedes Mal wirklich über neugierige, interessierte Besucher, denen wir unsere Sicht der Dinge gerne zeigen oder die uns selbst mit ihren Ansichten zum Staunen bringen. Aber auch alle, die "nur mal gucken wollen", sind hier nach wie vor ganz herzlich willkommen. Und wenn am Künstlerhaus auch noch keine sichtbare Hausnummer angebracht ist, ist es ganz leicht, uns zu finden: wir sind hier in der Wintergasse die Nummer 1.

Und damit diese Nummer nicht mehr allzu lange am Eingang fehlt, sammeln wir alle gebrauchten Hausschilder mit der Ziffer 1 fürs Künstlerhaus. Wer also ein solches übrig hat, bringt es einfach bei Gelegenheit mal bei uns vorbei! Und wer "nur mal gucken" will, kann das ausgiebig am folgenden Sonntag, 21. April, 13 bis 16 Uhr (Offenes Atelier).