Heimatgeschichte: Das Gasthaus Schiff hat früher sein eigenes Bier ausgeschenkt

Das Gasthaus Schiff wird noch vielen Horbern in Erinnerung bleiben – während die frühere Brauerei des Hauses heute ein Teil der Stadtgeschichte darstellt, den nicht jeder kennt. Doch die Geschichte ist spannend.

Horb. Das "Schiff" sei eine der ältesten Tavernen in Horb, vermerkte die vorderösterreichische Regierung im Jahr 1785. Tatsächlich bestätigte der Fund eines bemalten Segels aus Blech von der Stadtbrandzeit diese Altersangabe. Es gehörte zum ehemaligen Wirtshausschild und bedeutet, dass bereits vor 1725 das Gasthaus zu den "Schildwirtschaften" gehörte, demnach Essen geben durfte. 

Inzwischen ist das "Schiff" in der siebten Generation in derselben Familie. Im Jahr 1834 kaufte Johann Michael Geßler von Verwandten das Anwesen auf dem Marktplatz und gründete 1847 eine Brauerei. Seinem Sohn, dem 25-jährigen Robert, übergab er 1879 die  Brauerei mit der Wirtschaft, während er sich selbst mit 63 Jahren in seinen badischen Besitz in der wärmeren Ortenau zurückzog. Von dort belieferte er die gleichnamige Weinhandlung in Horb und auch das "Schiff" aus seinen Weinbergen mit Badischem Wein, was ihm vom Magistrat erlaubt wurde.

Nach dem frühen Tod des Robert Geßler übernahm dessen Sohn Eduard als Vollwaise den Betrieb. Dieser modernisierte 1908 die Brauerei, vergrößerte die Sudpfanne auf 3005 Liter und ließ vom Bildhaueratelier Wilhelm Klink den Gastraum neu gestalten. Der Raum wird dieses Jahr 90 Jahre alt.

Die Zeit des Horber Brauereisterbe ns, allgemein verursacht durch schlechte marktwirtschaftliche Verhältnisse nach dem ersten Weltkrieg (Inflation, Währungsreform, Weltwirtschaftskrise) hat die Schiffbrauerei noch überstanden. Doch 1936 wurde sie wegen überhöhter Rohstoffpreise und mangelnder Rentabilität aufgegeben. Das gesamte Inventar wurde an die Schwanenbrauerei in Oberndorf verkauft. Die zum Betrieb gehörende Landwirtschaft wurde noch viele Jahre weiter geführt. 

Die Schiffbrauerei stand unterhalb des Klosters beim Grabbach. Bereits kurz nach ihrem  Bestehen drohte dem florierenden Betrieb das Aus. Die Gebäude standen einer neuen Straßenbaumaßnahme im Weg. Der rührige, vom Württembergischen Staat eingesetzte Oberamtmann wollte ein Viadukt vom Grabbach zum Marktplatz bauen lassen. So wäre der Marktplatz besser wie über die Bußgasse zu erreichen, lautete die Begründung. Doch der Horber Magistrat mit dem Bürgermeister Carl Geßler verhinderten dieses Vorhaben, worauf der Oberamtmann mit bösen Schreiben antwortete. 

Heute ist das Brauhaus unter dem Kloster abgerissen, während das mehrgeschossige Malz- und Gärkellergebäude als Künstlerkulturhaus weiterlebt.

Zur Brauerei gehörten damals zwei eigene Hopfengärten und genügend landwirtschaftliche Fläche zur Fütterung der vier  Zugpferde zum Transport des Bieres mit Schlitten und Wagen. Zum Lagern des Bieres gab es drei große Bierkeller, wobei zwei Keller an der Nordstetter Steige inzwischen baufällig sind. Der dortige feste Geräte- und Wagenschuppen (Remise) ist heute zum Wohnhaus umgebaut. Die Brauerei belieferte neben dem eigenen Lokal 24 Wirtschaften, sogenannte Achskunden, im Horber Umland. Nach der Bewertung des Steuerkapitals war die Schiffbrauerei gegenüber den anderen Horber Brauereien über zwei Jahrzehnte bis zur Wende des 20. Jahrhunderts der größte Steuerzahler. Wie aus den amtlichen, noch erhaltenen Zahlungsaufforderungen des Hauptzollamtes Horb zu entnehmen ist, hatte der letzte Braumeister Eduard Geßler im ersten Quartal des Jahres 1922 für 1067,55 Hektoliter gebrautes Bier die Steuer zu entrichten. Das entspricht einer monatlichen Durchschnittsmenge von 35 585 Litern Bier. An dem nötigen Durst scheint es in Horb und im Umland demnach nicht gefehlt zu haben.