Auch die Spontanität und die Improvisationskunst von Erwin Reck (links) und Jutta Kern (rechts) war gefragt. Sie mussten die beiden Protagonisten des Abends – hier ganz in schwarz gekleidet – als steife Puppen über die Bühne bewegen. Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder-Bote

Improvisationstheater: "Q-rage" gastiert in Horb / Idee der Vesperkirche zieht sich wie ein roter Faden durch alle Parodien

Von Peter Morlok

Ein Wort gab das andere – und fertig war die erste Geschichte, die Sandra Hehrlein und Jörg Pollinger vom Theater "Q-rage" mit in die Horber Vesperkirche brachten.

Horb. "Geburtstag" war das Stichwort, dass ihnen ein Besucher dieser fröhlichen Veranstaltung zurief und aus dem Geburtstag von Otto wurde eine Rutschpartie auf dem eisglatten Horber Marktplatz, die Fahrer Walter, der die "Esser auf Rädern holt", prima meisterte.

Fast schon traditionell boten die Organisatoren der Horber Vesperkirche auch in diesem Jahr wieder neben den kulinarischen Leckerbissen ein kulturelles Schmankerl an. Von der AHG gesponsert traten die beiden Improvisationskünstler, die auch viel mit Präsentationsstücken in der Raumschaft Horb/Freudenstadt unterwegs sind, am Dienstagabend im Steinhaus auf.

Erwin Reck, Leiter der hiesigen Caritas, durfte zahlreiche Gäste zu diesem mehr als vergnüglichen Abend begrüßen. Er nannte dieses Zwischenspiel eine Art Dankeschön für die vielen Ehrenamtlichen und die treuen Stammesser in der Vesperkirche.

Offensichtlich nach dem Motto: "Reden, begrüßen, küssen und Händeanwärmen" marschierte die Fränkin Sandra Hehrlein als französische Assistentin Magalie durchs Publikum, gab jedem die Hand, mit ein bisschen Glück auch ein französisches Backenküsschen und auf jeden Fall ein nettes Wort. Sie küsste und wärmte sich quasi von hinten nach vorne auf die Bühne.

Schon hierbei gab es einen kleinen Vorgeschmack auf das, was die Künstler Improvisationstheater nennen. Sollte jedoch jemand im Saal der Meinung sein, dass man als Improvisationskünstler tagsüber nichts tun muss und nur Abends, bei der Aufführung, irgendwelchen improvisierten Blödsinn machen muss, der merkte ganz schnell, wie gut die beiden vorgearbeitet hatten.

Sie kannten viele Besonderheiten von Horb und insbesondere der Vesperkirche und kamen top vorbereitet zu ihrem Auftritt. Alle diese Besonderheiten wurden in die Sketche eingeflochten und so fanden sich viele Akteure der Vesperkirche – bis hin zu den Königsberger Klopsen, die es gestern zum Mittagessen gab – in den Geschichten wieder.

Elisabeth Steimle wurde als gnadenlose Klavierlehrerin geoutet, als es den Begriff "Angst" mit in einen Sketch einzubauen galt und Hans-Joachim Fuchtel half dem armen Jörg Pollinger aus der Verlegenheit einer zwickenden Hose. Das Publikum bog sich vor Lachen, als Pollinger, der teilweise eine frappierende Ähnlichkeit mit Herbert Knebel, einer fiktiven Figur des Kabarettisten und Komikers Uwe Lyko an den Tag legte, erklärte, Fuchtel sei nun sein bester Freund und man treffe sich ab nun in der Vesperkirche täglich zum Vespermarathon.

Das Allerbeste an dieser Geschichte war jedoch, dass Pollinger unser "Schwergewicht in Berlin" gar nicht kannte und deshalb auch herzhaft lachen musste, als ihm in der Pause erklärt wurde, wen die beiden da durch Zufall mit in ihre Geschichte einbauten.

So ist es eben beim Improvisationstheater. Jede Szene ist einmalig, wurde in dieser Form noch nie gespielt und nie geprobt und die Künstler können in jede Rolle – und sogar in Fuchtels Hose – schlüpfen. Und doch folgt diese Art der Darbietung einer gewissen Grundstruktur, die sich die beiden erfahrenen Theaterleute mit der Zeit erarbeitet haben. An diesem Abend war das verbindende Element in den Sketchen eben die Idee der Vesperkirche, die sich wie ein roter Faden durch alle Parodien zog.

Die Vesperkirche wurde zur Singlebörse und zum Talentschuppen, zum Ort wo gegessen, geredet und geheiratet wurde. "Denn wer zusammen einen Teller Königsberger Klopse isst, der kann auch gleich heiraten", so eine recht skurrile Schlussfolgerung.

Schauspielerisches Improvisationstalent wurde ganz zum Schluss auch von Jutta Kern und Erwin Reck gefordert. Sie mussten die beiden Protagonisten des Abends als steife Puppen über die Bühne bewegen. Ein Unterfangen, das ungeübt und ungeprobt zu vielen lustigen Situationen und Dialogen führte und sicher das Highlight dieser wunderbaren Vorstellung war. "Ich habe jetzt schon Muskelkater vom vielen Lachen", stellte Erika Tröger nach mehr als zwei unterhaltsamen Stunden fest. Dieser Abend wird den Besuchern genauso in Erinnerung bleiben wie die Herzlichkeit und Wärme der Vesperkirche.