Im Bistro "Salatschüssel" in Horb kam es zu dem Gewaltexzess. Foto: Hopp

Prozess um Gewaltexzess geht in neue Runde. Sue Graf hat mit Schritt gerechnet.

Horb - Der Prozess um den Gewaltexzess, den ein betrunkener Mann in Horbs bekanntem Imbiss "Sue’s Salatschüssel" am 26. Juni 2016 auslöste, geht in die zweite Runde.

Also alles wieder auf null - die Karten werden neu gemischt. Wie unsere Zeitung aus zuverlässiger Quelle erfahren hat, hat der zu zwei Jahren und drei Monaten Strafhaft verurteilte Schläger Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil des Schöffengerichts Horb unter Vorsitz von Amtsgerichtsdirektor Albrecht Trick ein.

Für den Täter birgt diese Berufung die Chance auf ein milderes Urteil. Schon in der erstinstanzlichen Verhandlung in Horb hatte der Anwalt des Mannes appelliert, auf eine Haftstrafe zu verzichten. "Die soziale Existenz meines Mandanten steht auf dem Spiel – und wenn sie ihn ins Gefängnis schicken, dann sehe ich kaum eine Chance, dass er jemals einen finanziellen Ausgleich zahlen kann."

Das Horber Gericht legte ihm mit seinem Urteil auch die gesamten Gerichtskosten zur Übernahme auf. Außerdem muss er die bisherigen und zukünftigen Aufwendungen des Geschädigten für die Heilbehandlung bezahlen. Und die kratzen heute schon an der 100.000 Euro Grenze. Da sind noch keine Kosten aus Zivilprozessen berücksichtigt.

Der Mann hatte während seines Komplettausraster am 26. Juni 2016 - vom Gutachter als affektiver Ausnahmezustand – bewertet, den Schädel seines Opfers, Gerhard H., derart extrem malträtiert, dass sich der Geschädigte nie wieder ganz von den Folgen dieser Gewalttat erholen wird. "Er hat geblutet wie ein abgestochenes Schwein und sein Gesicht war hinterher Brei. Sie haben ihm den Augenboden und den Kiefer gebrochen. Da wirkten Kräfte auf die Gesichtsknochen ein, die nur sehr selten vorkommen. Ähnlich wie bei einem Auffahrunfall oder wenn sie ein Pferd tritt", formulierte es der Vorsitzende in seiner Urteilsbegründung. Für ihn und seine beiden Laienrichter kam damals eine Strafaussetzung auf Bewährung überhaupt nicht in Frage. "Wir hätten sie auch bei einem geringeren Strafrahmen ins Gefängnis geschickt. Für eine Bewährung war die Tat viel zu brutal", stellte das Gericht fest. Für den rechtsgültig verurteilten Täter ist nun die Berufung vor dem Rottweiler Landgericht der Strohhalm, an den er sich klammert. Das deutsche Recht bietet diese Möglichkeit. Da bei der Berufung – im Gegensatz zur Revision – das Ausgangsurteil nicht nur in rechtlicher, sondern auch in tatsächlicher Hinsicht überprüft wird, wird der Fall komplett neu aufgerollt. Auch für das Opfer geht der ganze Stress des Gerichtsverfahrens wieder von vorne los.

Sue Graf, die ihren väterlichen Freund Gerhard H. nun als Pflegefall betreut, hat mit dieser Berufung gerechnet, wie sie am Telefon sagte. Nur wirklich verstehen kann sie sie nicht. "Die Tat ist klar, er gibt sie zu. Die Gutachten sprechen eine deutliche Sprache. Aber anscheinend muss der Schläger jede Menge Geld haben, um sich auf einen weiteres Gerichtsverfahren mit zwei Gutachtern und jeder Menge Zeugen einzulassen." Trotzdem ist sie über den bisherigen Verlauf des Verfahrens zufrieden.

Klar ist nach dem psychologischen Gutachten, das der Täter nur vermindert schuldfähig und nicht, wie seine Anwalt forderte, eine Schuldunfähigkeit nach § 20 StGB vorliegt. Ob sich an dieser Gutachtereinschätzung im Berufungsverfahren etwas ändert? Das bezweifeln Prozessbeobachter.