In einer Kneipe kam es zur Schlägerei. (Symbolbild) Foto: S_Photo/ Shutterstock

Für den Richter ist es "eine recht versoffene Geschichte". Weiterer Angeklagter wird freigesprochen.

Horb - Nachts gegen halb zwölf prügeln sich Männer in der Neckarstraße vor einer Kneipe. Alle haben schon ordentlich getankt. Glück für einen 49-Jährigen. So kann sich keiner dran erinnern, ob er mit seinem 40-jährigen Bruder den Provokateur zusammengeschlagen hat.

Es passierte am 13. April gegen 23.20 Uhr. Plötzlich liegen Hasan K. (40) und Pjotr S. (24, alle Namen geändert) auf der Straße. Der türkischstämmige Gastro-Mitarbeiter hat den polnischen Kontrahenten in den Schwitzkasten genommen und auf den Boden geschleudert.

Sein Bruder will ihn abholen, fährt in dem Moment mit dem Auto vor. Doch hat Cihan (49, Name geändert) den Provokateur auf dem Boden zusammen mit Hasan zusammengeschlagen und getreten?

Darum geht es in der Verhandlung vor dem Amtsgericht Horb. Der Angeklagte Hasan erzählt: "Ich habe nach Feierabend dort gesessen, Automat gespielt und getrunken. Pjotr fing plötzlich an zu brüllen, etwas flog an mein Ohr. Ich glaube, das war ein Headset. Ich sagte: ›Hör auf‹ und ging raus. Er ist hinter mir her."

Mit der Faust ins Gesicht geschlagen

Dann habe ihn Pjotr angegriffen. Hasan: "Ich habe ihn auf den Boden geworfen, lag auf ihm drauf. Sechs bis sieben Mal habe ich ihn mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Er sagte: Hör auf, lass uns reden. Kaum stand ich, schlug er mir die Faust ins Auge. Ich hatte zwei bis drei Cuts. Dann sah ich, wie sich mein Bruder mit ihm händelte – an der Wand gegenüber."

Auch Hasans Bruder Cihan sagt: "Beide waren stinkbesoffen. Ich packte Pjotr an der Jacke und sagte: Lass die Scheiße. Dann zog ich ihn auf den Boden, die Polizei kam."

Doch andere Zeugen wollen gesehen haben, wie zwei Mann Pjotr auf dem Boden zusammengeschlagen haben. Pjotr selbst erinnert sich nur daran, dass er auf der Erde lag und "die Herren" ihn geschlagen haben: "Ich lag da und habe mich mit den Händen geschützt. Ich habe nichts gesehen." Auf Nachfrage von Richter und Staatsanwalt konnte sich Pjotr aber nur daran erinnern, dass Hasan ihn geschlagen hat.

Der nächste Zeuge (37) – auch aus der Gastro-Szene – erinnert sich an zwei Mann, die den Polen am Boden geschlagen und getreten haben sollen.

Zeugen sind sich nicht sicher

Doch ob der zweite Cihan war? Der Zeuge guckt ihn an, sagt: "Daran erinnere ich mich nicht." Auch Nadine (37), die an diesem Abend in der betreffenden Kneipe war, erinnert sich an zwei Männer, die Pjotr auf dem Boden getreten und geschlagen haben. Auch sie schaut Cihan an: "Ob er der Zweite war, das kann ich nicht sagen."

Als die Polizei anrückt, ist die Schlägerei vorbei, so die 45-jährige Polizistin im Gericht: "Vor Ort war die Lage verwirrend. Es gab widersprüchliche Aussagen. Als wir angekommen sind, lag niemand mehr auf dem Boden."

Dann ist die Beweisaufnahme zu Ende. Richter Albrecht Trick liest die Vorstrafen von Hasan vor. Seit 2014 ist der Türke aktenkundig. Körperverletzung, Beleidigung, Diebstahl. Zuletzt fiel er am 23. August 2017 auf. Beim Flaschensammeln abends auf dem Mini-Rock pöbelte er Festival-Besucher an. Dann beschimpfte er die Polizei. Schon damals hatte er über zwei Promille im Blut.

In der Nacht in der Kneipe waren es 1,5 Promille, so Richter Trick. Er spricht Hasan auf seinen Alkoholkonsum an. Der antwortet: "Ich trinke nur am Wochenende. Aber es gibt keine Straftat, die ich ohne Promille gemacht habe."

Bruder Cihan: "Ich sage ihm jeden Tag: Höre auf mit dem Alkohol!"

Vier Monate auf Bewährung und ein Freispruch

Die Staatsanwältin plädiert: "Keiner kann sagen, ob Cihan geschlagen hat. Deshalb ist er freizusprechen. Bei Hasan plädiere ich für einfache Körperverletzung. Er hatte viel Alkohol, es war eine provokante Situation." Weil Hasan noch Bewährung aus dem Mini-Rock-Vorfall hat, fordert die Anklage vier Monate Freiheitsstrafe – ohne Bewährung. Hasan hat das letzte Wort: "Ich war nicht der Provokateur, nicht der Agressor. Ich wünschte, ich hätte noch eine Chance."

Dann spricht Richter Albrecht Trick das Urteil: Hasan bekommt vier Monate auf Bewährung. Dazu muss er nachweisen, dass er zweimal innerhalb von drei Monaten bei der Suchtberatung war.

Der Richter: "Das ist eine recht versoffene Geschichte. Ständig ecken Sie an unter Alkohol. Die Erkenntnis, dass sie damit ein Problem haben, ist ein erster Schritt. An dem müssen sie arbeiten. Wenn nicht, ist der Ofen aus."