Stefan C. wurde wegen Beleidigung zu vier Monaten Gefängnis verurteilt. (Symbolfoto) Foto: Deck

26-Jähriger beschimpft und bespuckt Polizisten. Richter: Schluss mit Bewährung, vier Monate Haft.

Horb - Knallhart-Urteil gegen den "Ausraster". Schon mit 16 gab es die erste Verurteilung gegen Stefan C. (heute 26) wegen vorsätzlicher Körperverletzung. Bis heute kann er sich immer noch immer nicht beherrschen. Deshalb verurteilt ihn Richter Albrecht Trick wegen Beleidigung zu vier Monaten Gefängnis. Zwölf Minuten nach Prozessbeginn um 10.30 Uhr lässt Richter Trick einen Vorführbefehl gegen Stefan C. los. Sagt: "Von seiner Adresse hierher schafft man es vielleicht in zehn Minuten zu Fuß."

Vollumfängliches Geständnis

Die Polizisten, die als Zeugen geladen sind, rufen die Kollegen an. Nichts passiert. Die Beamten zucken die Schultern. Gegen 10.52 Uhr betritt C. das Amtsgericht und sagt: "Ich habe eine Ladung für 11.15 Uhr." Das ist im Prinzip richtig. Allerdings ist der Termin für das erste Delikt in der Anklage auf 10.30 Uhr gelegt. Bis auf die Buchstaben-Tattoos auf den Fingern der rechten Hand wirkt Stefan C. völlig normal: grauer Hoodie, Sportschuhe, schwarze Hose. Die Stimme: Ruhig und klar. Sagt gleich: "Ich gestehe die mir vorgeworfenen Taten vollumfänglich ein!"

Was war passiert? Am 10. November letzten Jahres beschwerten sich Nachbarn nachts gegen halb zwei wegen Ruhestörung, riefen die Polizei. Fünf Beamte rückten an – weil sie wussten, wie aggressiv der "Ausraster" sein kann.

"Bastarde, Wichser, Hurensöhne"

Ein Polizist (58): "Er war sofort aggressiv. Sein Rottweiler ging auf einen Kollegen zu. Ich habe die Waffe gezogen, er versuchte, sie zu greifen. Zog aber den Hund zurück. Beleidigte uns mit Worten wie ›Fotzen, Pisser, Fickt Euch.‹ Und zeigte uns den Mittelfinger."

Am 30. November morgens um 7.10 Uhr randalierte Stefan C. in der Avia-Tankstelle. Er hatte die Nacht mit einen Freund durchgetrunken (eine Flasche Jack Daniels und Cola) und hatte noch Lust auf mehr Alkohol. Die Polizei kam mit vier Beamten. Wieder rastete er aus, beschimpfte die Ordnungshüter als "Bastarde, Wichser, Hurensöhne". Einem Beamten spuckte er noch auf die Schuhe.

Richter Trick will wissen, wie es zu diesem Zeitpunkt mit dem regelmäßigen Trinken und den Lebensumständen war. "Ich hatte in diesem Jahr die MPU bestanden und meinen Führerschein wiederbekommen. Dann habe ich Arbeit gefunden. Mein Sohn kommt jedes zweite Wochenende, an den anderen trinke ich." Richter Trick fragt, ob das sein einziges Kind ist. "Noch. Ich habe meine Schulden reguliert und zu 90 Prozent abbezahlt. Im nächsten Jahr will ich heiraten, wenn das Einkommen dann stimmt."

Immer wieder Ausraster

Dann liest Richter Trick das Vorstrafenregister vor. Erste Verurteilung mit 16 Jahren: wegen unerlaubten Waffenbesitzes. Vorsätzliche Körperverletzung. Das reiht sich so auf, es kommt noch Trunkenheit im Verkehr, Beleidigung, gemeinschaftliche Nötigung mit räuberischer Erpressung und Hausfriedensbruch dazu sowie Betäubungsmittel. Im Knast in Ravensburg schließt der Mann seine Berufsausbildung ab, fängt nach der Entlassung wieder an zu arbeiten.

Und rastet immer wieder aus: Kurz vor Weihnachten 2017 greift er zwei Jungs in der Neckarstraße an, im November 2018 beleidigt er drei Polizisten als "Drecksbullen". Bekommt beide Male Bewährung.

Und was ist mit den letzten beiden Ausrast ern? Stefan C.: "Ich war regelmäßig beim Bewährungshelfer und beim Psychologen. Die Drogentests waren immer negativ."

Doch die Staatsanwältin fordert vier Monate Gefängnis ohne Bewährung: "Zugute halten muss man ihm, dass er sein soziales Umfeld vollumfänglich geregelt hat. Beim Trinken setzt es allerdings immer wieder aus."

Vier Monate ohne Bewährung

Stefan Wally, Verteidiger des Angeklagten: "Mein Mandant steht mit beiden Füßen fest auf dem Boden. Den Bewährungsauflagen ist er in vollem Umfang nachgekommen. Ich glaube, dass man ihm mehr hilft, mit strengen Bewährungsauflagen seine Alkohol- und Agressivitätsprobleme in den Griff zu bekommen. Deshalb plädiere ich für eine Strafe auf Bewährung."

Der Angeklagte sagt noch in seinem letzten Wort: "Ich wäre auch bereit, Alkohol-Screenings im Rahmen der psychologischen Behandlung zu machen."

Um 11.50 Uhr spricht Richter Albrecht Trick dann das Urteil: "Schuldig. Vier Monate ohne Bewährung."

Der Richter: "Ich sehe hier zwei Gesichter. Hier zeigen sie das eine: aufgeräumt, arbeitsam. Doch das zweite Gesicht sehe ich auch: alkoholisiert, hochaggressiv. Das zweite Gesicht ist eklig. Nach der Waffe von einem Polizisten greift man nicht. Die Polizisten sind nicht der Prügelknabe. Sie hat hier hochprofessionell gehandelt: Den Angeklagten beruhigt, besonnen agiert. Wie wird es gedankt? Sie werden übelst beleidigt und bespuckt!"

Und warum gibt es keine Bewährung? Richter Trick: "Der Angeklagte steht schon doppelt unter Bewährung. Da ist die Luft dünn. Es macht keinen Sinn, zu viele Bewährungen aufzustapeln. Jetzt ist es gut. Wir können nicht immer nur den Zeigefinger heben. Wer nicht hören will, muss fühlen!"

Laut Verteidiger Stefan Wally will man jetzt Berufung gegen das Urteil einlegen.