Was wird in ein paar Jahren einmal beim Krankenhaus Horb auf den Schildern stehen? Mit Blick auf die derzeitige Diskussion um die Zukunft des Spitals scheint das ungewiss. Foto: Hopp

Daniel Wochner: Landrat Rückert läuft Gefahr, Vertrauen zu verspielen. Krankenhausneubau soll geprüft werden.

Horb - Heute treffen sich die Kreisräte mit Landrat Klaus Michael Rückert zur nichtöffentlichen Sitzung, um über die bisher klaren Fakten zu reden. Der Schwarzwälder Bote fragte Kreisrat Daniel Wochner. 

Mit welchem Eindruck gehen Sie in die heutige Sitzung?

Nach der Entscheidung des Landrates, meinen Antrag auf einen moderierten Zukunftsprozess bereits öffentlich abzulehnen, mit keinem guten Gefühl, eher mit Wut. Er hatte damals versprochen, dass er für jede gute Idee, welche das Defizit verringern kann, dankbar ist. Ich fordere nichts anderes als einen organisierten Ideenwettbewerb. Ich halte es nicht für interessenausgleichend, dass Horb keine faire Chance bekommt. Landrat Rückert hatte im Rahmen einer Sitzung der Bürgerinitiative, deren Vorsitzender ich damals war, klar zum Ausdruck gebracht, dass der Kompromiss über den Neubau und die Sanierung in Horb in Sachen Leistungsangebot der Klinik in Horb der Vorschlag für ihn ein Minimum ist, welches weiter zu untersuchen und auszubauen ist, um die KLF tragfähiger zu machen. Die jetzigen Vorschläge sind die Umkehrung dieser Überlegungen. Gerade dieses Vorgehen sorgt für die große Enttäuschung in Horb. Von vielen Horbern wird das Hin- und Her über die Zukunft des Krankenhauses auch als Ost-West-Konflikt empfunden. Wie sehen Sie das? Man darf zwar sicher nicht aufrechnen, aber wir sind der größte Kreisumlagenzahler im Landkreis Freudenstadt. Die Themen Krankenhaus und auch das nur emotional bedeutende Thema HOR-Kennzeichen spielen neben anderen Themen in der Diskussion eine wesentliche Rolle. Nach 40 Jahren Verwaltungsreform ist dies kein Wunder. Alle kennen den gemeinsamen Weg, der für Horb den Verlust vieler Einrichtungen brachte. Wir haben den Sitz der eigenständigen Sparkasse verloren, das Landratsamt ist selbstverständlich in Freudenstadt, aber auch fast alle Kreisämter und Einrichtungen sind nach 40 Jahren in Freudenstadt zentralisiert. Die Horber spüren diese Zentralitätsverluste und die heute rund 2000 Beschäftigten aller zentralen Einrichtungen in Freudenstadt haben Freudenstadt in seiner schwierigen Zeit der Umstellung weg von einer Tourismusgemeinde ordentlich Rückenwind gegeben. Horb hat dafür keine Kompensation bekommen. Wie sehen Sie das Verhalten einiger Politiker des Westkreises? Wenn der Oberbürgermeister von Freudenstadt mit seiner nach der Stuttgarter Zeitung "robusten Art der Machtausübung" hier den Horbern nun vorhält, sie brächten wegen der halbstündigen Entfernung zu anderen Krankenhäusern in Nachbarkreisen kein eigenes Akutkrankenhaus, so stellt er die einheitlichen Lebensverhältnisse des Landkreises in Frage und legt die Saat für den Wunsch der Horber nach dem Ausstieg aus diesem Kreis. Wenn wir im Mittelzentrum Horb kein Krankenhaus in Horb brauchen, warum muss der Kreis für eines in Freudenstadt bezahlen, oder warum sollen wir über die Kreisumlage für andere in Freudenstadt befindliche Kreiseinrichtungen bezahlen, die von unseren Einwohner wegen der Distanz nicht oder kaum genutzt werden. Funktionierende Kreiseinrichtungen gibt es in Nachbarkreisen auch billiger. Alle an Horb angrenzenden Nachbarkreise haben eine deutlich geringere Kreisumlage, die den städtischen Haushalt sehr spürbar entlasten würde.

Was fordern Sie? 

Ich stelle nach 40 Jahre fest: Nachdem dieser Landkreis für die Horber keine Liebesheirat war, sollte es wenigstens ein Bratkartoffelverhältnis sein. Das ist ein Geben und Nehmen. Da der Pendel über 40 Jahre aus Horber Sicht zu stark beim Geben war, sollte der Kreistag mal mehr ans Geben denken... 

Wie interpretieren Sie das Vorgehen von Landrat Rückert? 

Ich habe Landrat Dr. Rückert bisher als einen sehr verlässlichen politischen Partner kennen gelernt, mit dem ich sehr gerne zusammenarbeitete. Für meinen Teil interpretiere ich sein Vorgehen so, dass er versucht einen Ausgleich bei der Kreisumlage herzustellen, den er sonst nicht schafft. Er hat im Kreistag keine Stimme, muss also um einen ersten richtigen eigenen Haushalt durchzubringen Vorschläge unterbreiten, die mehrheitsfähig sind. Er hat offensichtlich erkannt, dass es leichter ist eine Mehrheit gegen Horb als für Horb zu finden. Dies war in diesem Landkreis schon immer so, in dieses Verhaltensmuster fällt der Landkreis erneut. Dieser Weg ist im Moment gerade nur für unseren Landrat politisch gefährlich, danach für den ganzen Landkreis. Wenn sich der gewünschte Erfolg nicht wie von ihm vorgetragen einstellt, hat er persönlich Vertrauen im Kreistag und insbesondere im Ostkreis verspielt, der Landkreis danach aber ein noch viel größeres Problem. Nach den Erfahrungen mit stetig falschen Prognosen aus der KLF und Gutachten über die KLF würde ich unserem Landrat raten, sich hier nicht für den nicht ausreichend geprüften Weg starkzumachen, da der Misserfolg dann politisch seiner ist.  Alle Entscheider können sich dann problemlos hinter den Gutachten und Bestätigungen durch den Landrat verstecken und mein Erfahrung sagt mir: Sie werden es auch tun. Sie machen Landrat Rückert keinen persönlichen Vorwurf? Nein. Landrat Dr. Rückert hat eine Situation bei der KLF bei seinem Amtsantritt vorgefunden, die für ihn alles andere als leicht war. Die Verluste in der KLF sind die Effekte einer jahrelangen verfehlten Politik im Krankenhauswesen. Wenn man Herrn Dr. Rückert einen Vorwurf machen kann, dann allenfalls, dass er dieses jahrelange Missmanagement nicht beim Namen nennt und offen sagt, dass er jetzt die undankbare Aufgabe hat, die Scherben zusammenzukehren und auch offen darüber redet, dass hier unglaublich viel schlecht gelaufen ist. Es gehört sicher zum guten Stil seinen Amtsvorgänger nicht verbal vors Schienbein zu treten, aber klare Worte gegenüber den Verantwortlichen und auch dem Aufsichtsrat wären das Mindeste. 

Hinter der ganzen Diskussion um das Akut-Krankenhaus Horb steckt die Befürchtung vieler Bürgermeister unter den Kreisräten, dass sie eine zu hohe Kreisumlage finanziell stranguliert... 

Das Defizit ist doch nicht vom Himmel gefallen Es ist in der mittelfristigen Finanzplanung des Landkreises ein solches oder ähnliches Defizit doch beschrieben worden. In der Mittelfristigen Finanzplanung des Landkreises aus dem HH-Plan 2012 waren für 2013 eine Kreisumlage 43,1 Millionen Euro bei einem KLF Zuschuss von 6,0 Millionen Euro vorgesehen. Die geplante Kreisumlage steigt um 6,5 Millionen Euro auf 49,6 Millionen Euro, der Zuschuss an die KLF aber nur um 2,5 auf 8,5 Millionen Euro. Die Erhöhung der Kreisumlage hat also hauptsächlich andere Ursachen. Deshalb halte ich die Denkweise einer Schließung der Akutklinik in Horb für zu kurzfristig und für unrealistisch. Worin liegen diese? Es sind viele Ursachen. Wenn davon berichtet wird, dass wir einen weit überdurchschnittlichen Personalaufwand im Kreishaushalt haben, ist dies eindeutig richtig. Er liegt bei rund 260 Euro pro Einwohner. Der Kreistag hat deshalb beschlossen, von der Verwaltung binnen der nächsten Jahre eine Entwicklung zu fordern, bei der wir die rote Laterne abgeben und nicht mehr landesweit die schlechtesten sind. Wir haben aber auch die größte Pro-Kopf-Verschuldung und ein starken Anstieg der Sozialkosten. Interessanterweise bei einer der niedrigsten Arbeitslosenquoten in nahezu ganz Deutschland. Und viele Aufgaben sind noch nicht erledigt. Man denke nur an die enormen finanziell auch im Kreishaushalt wirksamen Investitionen in die KLF. Hierbei soll nun auf Anregung der FDP hin geprüft werden, ob uns auf Dauer ein Neubau des Standortes Freudenstadt nicht billiger käme, oder aber für die nächste Generation zumindest hilft, die KLF insgesamt zu halten und langfristig aus dem Defizit herauszukommen. Sprechen Sie sich als Horber ernsthaft für einen teuren Neubau in Freudenstadt aus? Ja, das muss ergebnisoffen geprüft werden. Die Landeszuschüsse sind für Neubauten erheblich höher als für Sanierungen, weshalb der Nettoaufwand für den Kreishaushalt ggf. fast gleich sein kann. Dies muss man dringend rechnen. Bei einem guten und modern gebauten Haus sind vor allem auch die laufenden Betriebskosten erheblich niedriger und aufgrund besserer Abläufe in den Arbeitsprozessen auch erhebliche Einsparungen möglich. Nachdem der Faktor menschliche Arbeitskraft der größte Kostenfaktor im Gesundheitswesen ist, sollten Rationalisierungseffekte dieses Bereiches dringend geprüft werden. Hier geht es nicht darum aus den Mitarbeitern mehr rauszupressen oder diese untertariflich zu bezahlen. Im Vermeiden von Wegen und parallelen Prozessabläufen liegen enorme Einsparpotentiale, die an anderen Kliniken gehoben werden. Dazu kommt, dass es sehr viel leichter ist, gutes Personal für ein modernes und helles Haus zu finden, als für ein nicht mehr zeitgemäßes. Und, wenn man sich die Verkehrsbeziehungen in Freudenstadt ansieht, wird klar, dass man mit einem Haus in der Nähe der Bacherkreuzung oder Richtung Aach/Dornstetten auch die großen Patientenpotentiale aus dem Ostkreis viel leichter erschließen könnte. Fünf bis zehn Minuten weniger Wegstrecke sind hier von großer Bedeutung. Die FDP hat deshalb die Forderung nach einem Neubau schon früher gestellt, lange bevor man schon Millionen in den alten Standort gesteckt hat. 

Was macht man dann mit dem jetzigen Haus, in das bereits Millionen investiert wurden? 

Das jetzige Landratsamt ist das ehemalige Krankenhaus und das Gebäude ist alles andere als optimal, von dem unzeitgemäßen und für mich katastrophalen Sitzungssaal ganz zu schweigen. Ich halte das jetzige Krankenhaus als Standort für eine Verwaltung für besser geeignet, und die Stadt Freudenstadt könnte in hervorragender Stadtnähe ein schönes Baugebiet erschließen. Für die Bürgerinnen und Bürger, für den Landkreis und auch städteplanerisch für Freudenstadt selbst hätte das ganze damit viel Charme. 

Sehen Sie als Horber Gemeinde- und Kreisrat keine Risiken in einer solchen Position und für die heutige Diskussion. 

Die Horber sind viel vernünftiger als dies im Westkreis wahrgenommen wird. Wir haben eine offene Diskussions- und Streitkultur. Gerade deswegen sehe aber auch die Gefahr, dass aus dem tiefen Riss in der Beziehung von Ost und Westkreis in der weiteren Diskussion ein unnötiger Bruch werden kann. Der Westkreis ist bei der bevorstehenden Verwaltungsreform auch auf Sympathien aus dem Ostteil des Kreises angewiesen. Diese kann man gewinnen oder eben verspielen.