Ein Deutschlehrer liest nicht nur Goethe oder Schiller, sondern gern auch mal einen Thriller: Herbert Kern feiert heute seinen 70. Geburtstag. Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder-Bote

Sein Beruf hat ihm viel Spaß gemacht: Gymnasiallehrer i.R. feiert heute 70. Geburtstag / Auch als Volleyballer war er den Schülern bekannt

Von Peter Morlok

Horb-Ihlingen. Herbert Kern feiert heute im Kreise seiner Familie seinen 70. Geburtstag. Ganze Generationen von Horber Gymnasiasten haben bei ihm die Schulbank gedrückt und beim wandelnden Geschichtslexikon von Horb, wie er oft in den Ausgaben der Abi-Zeitungen genannt wurde, in den Fächern Deutsch, Geschichte und Gemeinschaftskunde (Politik) auf ihr Abi hingearbeitet.

Einer hat im Fach Politik immer besonders gut aufgepasst, war am wissbegierigsten und wurde nicht müde, mit seinem Lehrer und seinen Mitschülern über dieses Thema zu diskutieren. Es war nicht – wie man vermuten könnte – sein Sohn Timm, der heute für die FDP im Landtag sitzt, sondern Michael Theurer, den seine damalige Neugierde bis ins Europäische Parlament führte. Theurer räumte später ein, dass Herbert Kern sehr großen Einfluss auf seinen politischen Werdegang hatte. "Kern hat mich zur Politik gebracht", so ein Zitat des früheren Horber Oberbürgermeisters.

Der Jubilar wurde in Hofheim im Taunus geboren. Sein Vater Werner war Chemiker bei der IG Farben und seine Mutter Elfriede kümmerte sich um Haushalt und die Kinder. Obwohl Deutschland nach 1945 in Trümmern lag und sein Vater zeitweise sogar als Holzfäller arbeiten musste, verbrachte der Sohn eine für damalige Verhältnisse ruhige Kindheit. 1948 bekam sein Vater einen Ruf als Professor für Organische Chemie an die wieder eröffnete Uni Mainz, und die Familie zog 1950 in die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt. Dort wurde er auch eingeschult, besuchte später das Schlossgymnasium, an dem er im Jahr 1963 sein Abi machte. Er blieb für zwei Semester im Heimatort und studierte an der dortigen Uni Germanistik, Deutsch und Politik auf Lehramt. Auf Anraten seines Vaters wechselte er den Studienort und ließ sich die studentische Luft in Tübingen um die Nase wehen. Nur pauken und studieren bringt einen auch nicht unbedingt vorwärts, und so machte er zusammen mit zwei Kommilitonen in den Semesterferien 1966 einen Abstecher an die Costa Brava. In der einfachen studentischen Unterkunft lernte er seine Frau Jutta kennen.

Eine Begegnung, die am ersten Abend nicht gleich unter dem berühmten Glücksstern stand. "An ihrem Tisch war noch ein Stuhl frei", erinnerte er sich im Gespräch an jenen Abend. "Den schnappte ich mir und setzte mich ihr gegenüber an den Tisch. Sie schaute mich nicht gerade begeistert an, fragte, ob ich gut sitze, und erklärte, dass sie diesen Platz für ihren Segellehrer reserviert hatte". Mit einer Aufforderung zum Tanz besänftigte er die etwas aufgebrachte junge Dame. Das war der Beginn einer Liebe, die bis heute anhält. Zwei Söhne, Timm und Torsten, sind dem Lehrerehepaar – Jutta Kern war viele Jahre lang Rektorin an der Grundschule in Bildechingen und ist auch heute noch mit dieser Schule verbunden – geschenkt worden, und zwei Enkelkinder sind der ganze Stolz der beiden.

Herbert Kern ist ein Mann mit klaren Prinzipien und ganz viel feinem Humor. Sprüche wie: "Lehrer haben morgens recht und Nachmittags frei" oder "Deutschlehrer lesen nicht nur Goethe und Schiller – sondern auch Thriller" unterstreichen, dass er auch über sich selbst lachen kann und seinen Beruf, der ihm immer eine Menge Spaß gemacht hat, aus einem ganz entspannten Blickwinkel sieht.

Eines seiner früheren Hobbys, das Volleyballspiel, hat er im MGG bald 30 Jahre als AG angeboten und ganz erstaunlich positive Erfahrungen damit gemacht. Die Mutter eines Schülers behauptete sogar, dass er damit ein Wunder vollbracht habe, denn ihr Sohn sei vom Training nach Hause gekommen und hätte gesagt: "Du, mit dem Kern kann man ganz normal schwätza." Nur die Zahl "10" kann er seit einem denkwürdigen Fußballspiel der Lehrer gegen die Oberstufe des MGG nicht mehr sehen. 10:0 ging der Kick für die Schüler aus. Eine Niederlage, die umso mehr schmerzte, als am nächsten Tag in jedem Klassenzimmer, das er betrat, das Ergebnis dick und fett an der Tafel stand.

Er, der gerne reist, historische Romane und Humoristen wie Heinz Erhardt und Eugen Roth, aber auch die besagten Thriller liest, der oft spazieren geht, das Holz für den heimischen Kamin selber macht und den 2000 Quadratmeter großen Garten so gut wie möglich pflegt, der wird, wenn der Musikverein Rexingen, dessen Vorstand er sechs Jahre lang war, heute Abend sein Ständchen gespielt hat und der Besuch nach Hause gegangen ist, noch einen Moment innehalten und sich im Stillen, nur im engsten Familienkreis, an viele schöne Augenblicke in den zurückliegenden 70 Jahre erinnern.