Wegen Kinderpornos auf dem Laptop ist in Horb ein Mann verurteilt worden. (Symbolfoto) Foto: Archiv

Mann aus Horb wegen Video-Besitzes verurteilt. Verhängnisvoller PC-Tausch oder Ausflug ins Darknet?

Horb - "Ich steh’ auf so etwas nicht", sagt der 43-jährige Angeklagte aus Horb, der sich vor dem Horber Amtsgericht wegen des Beschaffens und Besitzes kinder- und jugendpornografischer Schriften verantworten musste. Richter Albrecht Trick glaubt ihm aber nicht, dass er sich die pornografischen Videos, in denen minderjährige Mädchen zu sehen sind, nicht selbst beschafft hat – und zwar im Darknet. Sein Urteil: ein Jahr und vier Monate Freiheitsstrafe, ausgesetzt zur Bewährung.

Wie die Videos auf seinen Laptop gekommen sind, kann sich der bereits wegen anderer Delikte vorbestrafte Angeklagte nicht erklären. Er selbst sei es auf keinen Fall gewesen. Dafür packt er eine Geschichte aus, die ihm sogar noch zwei befreundete Zeugen bestätigen: Ungefähr im Jahr 2013 habe er ein technisches Problem mit seinem Laptop gehabt. In einer Horber Kneipe sei er auf einen Mann getroffen, der ihm Hilfe anbot. "Komm, wir tauschen unsere Geräte", habe der ihm angeboten. Der kaputte Laptop des Angeklagten gegen den noch intakten Computer des unbekannten Fremden. Ein guter Deal? Erst am 1. Dezember 2016 habe sich für den Angeklagten gezeigt, dass der Tausch wohl ein Fehler war: Polizisten wecken den Angeklagten früh morgens, durchsuchen seine Wohnung. Sie stellen seinen Laptop sicher. Ein Polizist, der bei der Hausdurchsuchung mitwirkte, sagt jetzt aus: "Beim ersten Anschauen des Computers sind mir Dateien auf dem Desktop aufgefallen."

Regelmäßige Besuche

Die Dateien seien eindeutig auf "Lolita-Seiten" zurückzuführen gewesen. Für den Angeklagten ist klar: Der Laptop muss die verbotenen Dateien schon enthalten haben, bevor er ihn ertauscht hat. Dass es den scheinbar verhängnisvollen Computer-Tausch in einer Kneipe gegeben haben soll, bestätigen auch zwei Zeugen. Beide seien mit dem Angeklagten bekannt und würden ihn auch ab und zu zu Hause besuchen.

Bei den regelmäßigen Besuchen einer der Zeugen setzt der zweite Versuch des Angeklagten an, sich aus der Schlinge zu ziehen. Sein Laptop sei rund um die Uhr an und jeder könne ihn benutzt haben. Theoretisch sei es also auch möglich, dass sich einer seiner "Kumpels" das Material heruntergeladen hat. Dass das jedoch eher unwahrscheinlich ist, beweist der Zeuge in einem überzeugenden Auftritt: Als ihn Richter Trick nach seinem Alter fragt, meint er nach kurzer Ratlosigkeit: "34 oder so was." Ob er den Laptop des Angeklagten genutzt habe? Ja, aber nur, um Musik zu hören, meint der Mann. Er habe kein Interesse an Kinderpornografie. "Also ich hab es nicht heruntergezogen", sagt er in trotzigem Ton. Er kenne sich auch nicht gut mit Computern aus, nutze nicht einmal E-Mails. "Das ist viel zu kompliziert", meint er.

Dass es tatsächlich gar nicht so einfach war, an die Videos zu kommen, in denen sowohl Kinder unter 14 Jahren als auch Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren zu sehen sind, erschließt sich durch die Aussage des nächsten Zeugen: Ein Beamter der Kriminalpolizei, der den PC ausgewertet hat. Im Jahr 2015 sei von dm Laptop aus ein Zugang zum Darknet angelegt worden. Er habe einen Tor-Browser auf dem Rechner gefunden, mit dem es möglich ist, Zugang zu einem für den Normal-Nutzer unsichtbaren Bereich des Internets zu erhalten. Benutzername und Passwort für den Browser stimmten sogar mit den sonst von dem Angeklagten verwendeten Nutzernamen und Passwörter überein. Der Kriminalpolizist stellt bei der Untersuchung fest, dass sich 921 Bilder, die gelöscht worden sind, auf dem PC befunden haben. Dazu kommen 187 Videos, 160 von ihnen waren gelöscht worden.

Der Staatsanwalt glaubt der Version des Angeklagten nicht. Er ist der Überzeugung, dass der Angeklagte die Videos sowohl heruntergeladen hat und auf jeden Fall wusste, dass sich pornografisches Material auf dem Rechner befand. Schließlich seien die Videos nicht in zahlreichen Unterordnern versteckt gewesen, sondern offensichtlich auf dem Desktop. Auch der verwendete Benutzername deuten seiner Meinung nach auf die Schuld des Angeklagten hin. Er fordert ein Jahr und vier Monate Freiheitsstrafe, ausgesetzt zur Bewährung. Und er ist überzeugt: "Heute stand lediglich die Spitze des Eisbergs zur Debatte."

Auch Richter Trick befindet den Angeklagten in seinem Urteil für schuldig. Die Tausch-Geschichte sei ihm zu ungenau. Unklar sei beispielsweise, wann der Tausch stattgefunden haben soll. Nicht glaubhaft sei auch, dass sich einer der Zeugen im Schlafzimmer des Mannes die Videos heruntergeladen hat. "Den unbekannten Dritten gibt es nicht", sagt Trick. Alle anderen Indizien wie die Passwörter und Benutzernamen für das Darknet sprechen seiner Meinung nach für die Schuld des Angeklagten. Trick sagt: "Wenn etwas blau aussieht, kann es auch blau gewesen sein." Für einen Pädophilen ersten Grades halte er den Angeklagten aber nicht. Er hoffe, der Fall sei lediglich ein "Ausflug, der jetzt abgeschlossen ist".