Bereits vor dem Lockdown ist in der Horber Neckarstraße wenig los.Foto: Lück Foto: Schwarzwälder Bote

Wirtschaft: Der Lockdown-Stimmungskompass / Schock für Kultur und Unternehmer / Erste Schnelltests

Es ist eine Achterbahn mit diesen Corona-Maßnahmen! Die Stimmung in Horb ist ziemlich gedrückt. Selbst die Friseure, die noch offen haben dürfen, sind nicht glücklich.

Horb. Was ist das für eine Perspektive? Durch den neuen Lockdown ist die Stimmung bei Unternehmern und Veranstaltern in der großen Kreisstadt im Keller.

Blick in die Neckarstraße. Zwei Menschen mit Mundschutz huschen über die leere Straße. Eine Passantin sagt: "Sieht schon jetzt so aus wie Lockdown!"

Dementsprechend groß ist der Frust schon jetzt – noch vor dem Lockdown am Montag.

Kultur-Frust

Ewald Loschko vom Kloster: "Schon wieder müssen wir alle Veranstaltungen im November absagen. Das ist wirklich frustig. Jedes Mal wird viel Arbeit reingesteckt – beim Straßentheaterfestival, dem Open-Air-Kino und jetzt in die Ausstellung zu den Friedenstagen unter dem Thema Corona. Jetzt ist wieder alles umsonst!"

Stimmung ist nicht gut

Kö23-Wirt Bernd Rausch: "Wir hatten gerade Personalversammlung. Wir müssen einen großen Teil der Belegschaft in Kurzarbeit schicken. Die Stimmung ist nicht gut – weil für meine Beschäftigten ein großer Bollen Trinkgeld zusätzlich wegfällt. Bis zum 1. Dezember tragen wir den Lockdown, doch danach wird es komisch!"

Carsten Müller, Gastronom vom Gleis Süd: "Wir werden am Samstag Personalversammlung machen. Mit Sicherheit müssen wir Kurzarbeit anmelden. Ich plane für nichts. Ich stelle mich darauf ein, dass wir unseren Betrieb bis Februar dichtmachen müssen!"

Und beide Gastronomen bereiten – wie viele Kollegen auch – den Abhol- und Lieferservice vor. Koray Yildiz vom Dolce Vita hat damit schon am Mittwoch angefangen. Um wieder was bewegen zu können, da das Straßencafé am Wilhelmsplatz traditionell bei schlechtem Wetter geschlossen ist und pausiert. Trotzdem sagt Yildiz: "Ich empfinde den Lockdown unfair für meine Kollegen. Die haben viel Geld investiert und jetzt der Lockdown – das ist ein Schlag für alle!"

Leute ziehen sich schon jetzt zurück

Gundula Bauer vom Steiglehof: "Schon jetzt haben wir weniger Geschäftsreisende, weil viele Aufträge wegen der generellen Corona-Krise wackeln. Die Leute ziehen sich schon jetzt zurück – das merken wir in der Gastwirtschaft. Jetzt droht neues Unverständnis für die Übernachtungsgäste, wenn wir ihnen durch den Gastro-Lockdown abends nichts mehr zu essen bereiten dürfen. Die haben das Supermarkt- und Buden-Essen sowas von satt! Unabhängig mal davon, dass wir jetzt wieder einen Riesen-Aufwand haben, die Stornierungswünsche durchzuführen. Deshalb haben wir – wie die ganze Branche – überhaupt kein Verständnis für die Maßnahmen der Politik!"

Es heißt allerdings, dass es 75 Prozent Entschädigung gibt – vom Umsatz November 2019.

Bauer: "Da bin ich skeptisch. Wenn man genau liest, heißt es dort: Bis zu 75 Prozent. Soforthilfe, Überbrückungshilfe – da habe ich mich schon durchgearbeitet. Was man da alles rechnen und verkopfen muss. Unklar ist auch, ob man das Geld wieder zurückzahlen muss. Da warte ich ab – ich bin gespannt, ob und was da kommt."

Nur "Gnadenfrist" für Friseure?

Die scheinbaren Gewinner sind die Friseure. Sie dürfen – als eine der wenigen Branchen – weiter öffnen wie bisher.

Sven Bollinger, Salon Wittke: "Zum Glück dürfen wir offenbleiben. Wenn die Zahlen aber weiter steigen, ist die Frage, ob nicht Schulen und Friseure auch schließen müssen!"

Sein Kollege Jörg Doormann: "Ich leide eher mit der Gastro mit. Denn deren Argumente: ›Unsere Gastro war durch die Hygienekonzepte sicher‹, gilt sicherlich auch für Friseure."

Sehr enttäuscht sind auch die Fitnessstudios vom Lockdown. Michael König: "Man darf nicht wahllos Hotels, Gaststätten und Fitnessstudios schließen. Mit hohem Aufwand haben wir uns schon im Sommer auf den Herbst und die Erkältungszeit vorbereitet. Wir haben extra eine Person beschäftigt, die nur für die Hygiene der Geräte und Räume zuständig ist."

"Faktischer Lockdown" für den Einzelhandel

Durch die Schließung der Gastro und vieler Dienstleister spricht der Hauptverband des Einzelhandels von einem "faktischen Lockdown" für den Handel. City-Manager Thomas Kreidler: "Obwohl der Einzelhandel nicht geschlossen wird, dürfte die Schließung der Gastronomie deutliche Auswirkungen auf den Handel haben. Und das dürfte dem Online-Handel wohl in die Karten spielen."

Fakt ist, so Kreidler: Die Absage des Horber Advents dürfte auch die gute Stimmung in der Kernstadt schädigen: "Wenn solch ein Event wegfällt, dürfte das psychologisch schwierig in der dunklen Jahreszeit werden." Auch City-Manager Kreidler hat Zweifel, ob die versprochenen 75 Prozent-Hilfen wirklich so beim Handel ankommen.

Eine Hoffnung gibt es: Die Erfahrung zeigt, dass für den Horber Handel vor allem die letzten beiden Samstage vor Weihnachten die umsatzstärksten im Jahr sind, so der City-Manager.

Pflegeheim hat erste Schnelltests gemacht

IGute Nachrichten im Frust:. Thomas Müller, Stiftungsdirektor der Spitalstiftung: "Wir haben jetzt Corona-Antikörper-Schnelltests erhalten. Am gestrigen Mittwoch haben wir die Bewohner des Bischof-Sproll getestet, am heutigen Freitag ist das Ita dran."

Die Mitarbeiter sind geschult. Björn Germann, Vize-Stiftungsleiter: "Die Besuchsregelungen bleiben wie bisher. Zusätzlich wird es jetzt eine Temperaturmessung geben."

Vorteil der Tests: Damit kann blitzschnell festgestellt werden, ob sich ein Corona-Verdacht bestätigt. Der PCR-Test weist den Virenbefall dann nach. Müller: "So können wir unabhängig von Ärzten bei Verdachtsfällen der Bewohner oder der Mitarbeiter sofort reagieren."

Müssen Besucher auch bald den Schnelltest machen? Müller: "Das ist im Ländle bisher nicht vorgesehen." Germann: "Das wäre für die Besucher auch aufwendig: Das Ergebnis ist nach 15 bis 20 Minuten da. Wo will ich dann mehrere Besucher während dieser Wartezeit ›Corona-sicher‹ unterbringen?"