Künftige Rockstars: Arda (von links), Michelle, Janosch und Markus mit Musikschullehrer Christoph Schmitz. Die Ukulelengruppe an der Gutermanngrundschule ist eine von vielen Formen der Zusammenarbeit von Musikschule mit den Schulen im Stadtgebiet. Foto: Hopp Foto: Schwarzwälder-Bote

Schüler bekommen musikalische Ausbildung. Musiker unterrichten die Jungen und Mädchen an Schulen.

Horb - Knapp 900 Kinder besuchen die Musikschule in Horb. Das sind mehr als im bundesweiten Durchschnitt. Zu diesen Spitzenwerten trägt die Kooperation der Musikschule mit Schulen bei. An der Gutermanngrundschule lernen zum Beispiel jeden Montag vier Kinder Ukulele.

Drei Jungs und ein Mädchen sitzen im Stuhlkreis und drücken ihre Ukulelen an sich. Musikschullehrer Christoph Schmitz übt einen Akkord mit ihnen. Mit tintenblauen Fingern greift Arda (9) auf die Saiten. Er ist schon fast sieben Stunden in der Schule. Zum Abschluss des Montags lernt er Noten und Griffe, sein erstes Instrument. Arda spielt "C-C-D-D-C-C-D". Ohne Stocken schafft er die Liedzeile. "Yeah", ruft er und streckt die Arme mit der Ukulele in die Luft.

"Ein Instrument zu lernen ist mit Erfolgserlebnissen verbunden, die braucht jeder Mensch, Kinder besonders", sagt Sven Gnass, Leiter der Horber Musikschule. Er hat in seiner Zeit als Musikschulleiter in Horb die Kooperation mit Schulen und Kindergärten massiv ausgebaut. Es sei für ihn Beruf und Berufung zugleich, sich für flächendeckenden Musikunterricht einzusetzen, sagt Gnass. Die Vorteile seien so vielfältig, dass er beispielhaft nur wenige nennen könne: Musik verbinde Jung und Alt, Fremde und Einheimische, Reiche und Arme. "Wenn man zusammen musiziert, hat man keine andere Wahl, als aufeinander zu achten. Das lernen die Kinder, ohne dass sie es merken." Gnass sagt auch Sätze wie diesen: "Musik macht aus Kindern bessere Menschen."

Janosch (7) will später mal in einer Band spielen. Die Mittelalterband "Metusa" sei sein Vorbild, sagt er. Bei der Foto-Aufstellung beherrscht er die Rockstar-Attitüde beinah perfekt. Auf dem Oberarm trägt er ein Klebetattoo.

Schulleiterin Sabine Peter sagt: "Es geht um den Spaß und darum, einen Zugang zur Musik zu kriegen."

Die Musikschule hat laut Gnass knapp 900 Schüler, die Hälfte davon werde in Kleingruppen an den Schulen im Stadtgebiet unterrichtet. Vor gut zehn Jahren – beim Musikschülerstand von 500 – hat Gnass nach eigenen Angaben die erste Kooperation zum Rhythmikunterricht mit der Grundschule Nordstetten geschlossen.

"Manchmal sind sie sehr hibbelig, jeder will ausprobieren"

Seitdem hat sich für die Musikschule durch Schul-Kooperationen ein gigantisches Wachstumspotenzial eröffnet. "Wir haben Hunderte Schüler hinzugewonnen", sagt Gnass. Die Musik hat einen höheren Stellenwert in der Horber Bildungslandschaft bekommen.

In Baden-Württemberg lernen mehr Kinder ein Instrument als in allen anderen Bundesländern: 8,3 Prozent der Unter-19-Jährigen besuchen eine öffentliche Musikschule. In Horb dürften es groben Berechnungen zufolge sogar über 10 Prozent sein.

An der Gutermanngrundschule gibt es schon seit sechs Jahren eine Bläserklasse, die von der Grundschule initiiert wurde. Nun hatte die Musikschule nach Sabine Peters Angaben die Schule angesprochen, ob nicht auch Unterricht an Saiteninstrumente möglich sei. Seit Februar gibt es die Ukulelengruppe (4 Kinder), eine Cello- (3 Kinder) und eine Violinengruppe (4 Kinder). Die Kinder haben im Rahmen des Ganztagsbetriebs Musikschulunterricht in den Räumen der Gutermanngrundschule.

Sabine Peter hält es für einen Gewinn, dass außerschulische Partner an die Schule kommen: "Das für die Kinder spannend. Man geht anders miteinander um."

Christoph Schmitz ist der Musikschullehrer, der mit den vier Kindern jede Woche übt. "Vier Kinder gleichzeitig zu unterrichten ist anstrengend", sagt er. "Manchmal sind sie sehr hibbelig, jeder will ausprobieren." Dann spielen sie gleichzeitig einen wilden Mix aus den Tönen C, D und E.

"Warum macht man das nicht mit Buchstaben?", fragt Ukulelenschüler Markus. Christoph Schmitz leistet hier Basisarbeit. Die Kinder haben im regulären Musikunterricht an der Schule noch keine Noten gelernt. Wenn ein Kind an die Musikschule komme, seien solche Grundkenntnisse meistens schon vorhanden, sagt Schmitz. Die Kinder berufstätiger Eltern, die nachmittags keinen Fahrdienst zur Musikschule leisten können, sollen auch die Möglichkeit haben, Musikschulunterricht zu nehmen, sagt Grundschulrektorin Sabine Peter. Musikschulleiter Gnass sagt: "Über die Kooperationsarbeit erreichen wir zusätzlich Kinder und Eltern, die aus eigenen Stücken vielleicht nicht den Weg zu uns gefunden hätten." Der Zugang zu musikalischer Ausbildung müsse so leicht wie möglich gemacht werden. "Bildung darf kein Luxusgut sein."

Bis zu den Sommerferien will Gitarrenlehrer Schmitz mit den Kindern Akkordwechsel hinbekommen, damit sie kleine Melodien begleiten können. Für diesen Montag ist die Ukulelen-Gruppe zu Ende. "Schluss?", fragt Markus. "Jetzt schon?"