Claudia Gläser Foto: IHK Foto: Schwarzwälder Bote

Wirtschaft: Präsidentin der IHK Nordschwarzwald sieht finanzielle Anreize nicht als Allheilmittel

Horb. Immer mehr Firmen verwöhnen ihre Mitarbeiter. Die Horberin Claudia Gläser, Präsidentin der Industrie- und Handelskammer (IHK) Nordschwarzwald spricht im Interview über Anreizsysteme und zeigt sich aber überzeugt, dass andere Werte bei der Gewinnung von Fachkräften zählen.

Was halten Sie von Anreizen für Azubis?

In Zeiten des "War for Talents" – dem zunehmenden Konkurrenzdruck der Firmen im Wettbewerb um junge Nachwuchs-Talente – müssen sich Unternehmen als attraktive Arbeitgeber profilieren. Dazu müssen sie inzwischen Anstrengungen unternehmen, die über das bisherige Maß deutlich hinausgehen. Das können möglicherweise auch finanzielle Anreize sein. Aber erwiesen ist, dass dies kein Allheilmittel ist. Vielmehr zeichnen sich moderne Arbeitgeber durch eine auf Mitarbeiterförderung ausgerichtete Unternehmenskultur aus. 

Können Anreize wie Autos oder Gutscheine den Fachkräftemangel beheben?

Einzelne Anreize werden den Fachkräftemangel nicht beheben. Dies ist vielmehr ein strukturelles Problem, wofür die demografische Entwicklung in Deutschland – weniger Geburten und damit ausreichend junge Menschen – ursächlich verantwortlich ist. Insofern müssen Politik und Wirtschaft ganzheitlich denken und mit verschiedenen Instrumenten gemeinsam gegen den Fachkräftemangel vorgehen. Dabei sollten wir dem Trend zur Akademisierung entgegenwirken und die duale Berufsausbildung als gleichwertigen Bildungsweg noch stärker fördern. Dafür setzen wir uns als IHK maßgeblich ein.

Werden finanzielle Anreize von Mitarbeitern goutiert?

Erfahrungen zeigen, dass für eine langfristige Bindung und Identifizierung der Mitarbeiter mit ihrem Unternehmen andere Werte zählen. Dazu gehören in erster Linie Qualifizierungen und Weiterbildungen, aber auch innerbetriebliche Maßnahmen für die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Heute geht es in den Unternehmen um lebenslanges Lernen und gemeinsames Gestalten im Team auf Augenhöhe. Dafür ist eine vertrauensvolle Unternehmenskultur notwendig, die den potenziellen Bewerbern wichtiger ist, als rein materielle Anreize.

Was tut die IHK für die Fachkräftegewinnung der Unternehmen?

Die IHK Nordschwarzwald unterstützt bereits seit vielen Jahren die regionalen Unternehmen mit vielfältigen Instrumenten und Initiativen: So würdigt die IHK mit ihrem Zertifikat "1A – Ausgezeichneter Ausbildungsbetrieb" leistungsfähige Firmen, die überdurchschnittliche Anstrengungen bei der Ausbildung junger Menschen unternehmen. Mit diesem Qualitätssiegel können sich die Unternehmen nach außen profilieren. Darüber hinaus initiiert die IHK Plattformen, auf denen sich die Firmen präsentieren können. Zusätzlich begleitet die IHK Unternehmen bei Ausbildungsmessen und gibt in der Beratung praktische Hilfestellung.  Die Fragen stellte Jürgen Lück.