Während die Senioren sich Brezeln und Weißwürste schmecken lassen, erzählt Bürgermeister Ralph Zimmermann von seinen Erfahrungen.Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder Bote

Kommunales: Mit Senioren im Dialog: Kleine und große Probleme aus der Stadt kommen im "Goldenen Adler" auf den Frühstückstisch

Zu einem Frühschoppengespräch mit Bürgermeister Ralph Zimmermann lud der Stadtseniorenrat Horb die Senioren am Dienstagvormittag ein. Zur Parkhaussanierung überbrachte Zimmermann eine Hiobsbotschaft: Sanierungsende und Kosten sind unabsehbar.

Horb. Neun Senioren, alle aus unterschiedlichen Ortsteilen, der Bürgermeister sowie der Leiter des Stadtseniorenkreises, Joachim Milles, trafen sich im Nebenzimmer des "Goldenen Adler" der Familie Bareis zum Weißwurstfrühstück und tauschten Infos über die Entwicklung von Horb aus.

Ralph Zimmermann, der extra betonte, dass er für diesen Termin, der schon seit einem Jahr stand, fast nichts vorbereitet habe, war zum ersten Mal in seiner Amtszeit Gast im Seniorenkreis. "Ich genieße es sehr, wenn ich mit Menschen zusammentreffe, die viele Jahre Erfahrungen haben. Wenn sie Geschichten aus dem Krieg erzählen, alte Rezepte kochen und für die Nachwelt bewahren und mit uns Jüngeren in Austausch treten." Doch das Coronavirus veränderte dies: "Ab März ging das Fallbeil runter, nix ging mehr, und dieser tägliche Kontakt fehlt." Zimmermann erinnerte an die zaghaften Versuche, etwas gesellschaftliches Leben zu erhalten. An das Zaunkonzert bei Ita von Toggenburg oder an die Unterhaltungen über den Zaun hinweg. "Doch uns blieb eine Einsamkeit, die uns der Virus aufgezwungen hat." "Deshalb freue ich mich besonders, dass wir heute zusammentreffen können, denn zum Leben gehört auch die Interaktion."

Bei genauer Betrachtung sieht der Kommunalpolitiker ein Defizit in der Denke bezüglich der Senioren in Horb. Für ihn ist klar, dass die älteren Herrschaften denken: "Wir sind zwar älter, aber nicht verblödet" – doch er unterstreicht, dass man nicht stigmatisieren darf. Von seiner Warte aus sollte es die "Kasernierung der Senioren in einem großen Haus, vielleicht noch mit Sozialdienst", eigentlich nicht geben. Besser sei das Modell der Großfamilie – wie anno dazumal.

Zimmermann wünscht "offene Quartierspolitik"

Salbungsvoll und ohne Punkt und Komma schwelgte er in Erinnerungen von früher. Wünschte, dass seine Mama ihre Erlebnisse aus dem Krieg und aus der Küche niederschreibt, und sagte, dass die Gesellschaft vergessen habe zuzuhören und von den Erfahrungen der Älteren zu lernen.

Er wünschte sich eine moderne Quartierspolitik, die als ein Spiegelbild der Gesellschaft ein Miteinander auf engstem Raum möglich macht. Und er rät: "Infos aufsaugen – es muss nicht immer die Wahrheit sein, doch in der Gemengelage ergibt sich so etwas wie eine subjektive Wahrheit."

In der anschließenden Fragerunde ging es dann um rücksichtslose Fahrradfahrer, die ohne zu klingeln durch die Hirschgasse oder auf dem Fußweg am Ihlinger Tor durchbrettern. Manfred Bok: "Radfahrer sind für mich ein rotes Tuch. Die halten sich an keine Regel." Und Zimmermann ergänzte: "Da gilt oft das Faustrecht, und meist sind es die, die sich hinterher über jedes Auto beschweren."

Es ging aber auch um einen Blumenkübel, der in der Altheimer Straße steht, und um eine gewisse Person, die jeden Tag ihre Bettwäsche aus ihrem Fenster auf dem Oberen Marktplatz raushängt. "Das ist ein Schandfleck, mich plagt so etwas", sagte eine Dame, die ergänzte: "Ich geh doch auch nicht im Schlafanzug in die Kirche."

Die Horber Top-Themen Panoramastraße und Hochbrücke durften natürlich auch nicht fehlen. Kurt Schmid, Anlieger in der Panoramastraße, übergab Bürgermeister Ralph Zimmermann einen Brief, in dem er forderte, dass man mit der Sanierung der Straße mindestens solange wartet, bis die Hochbrücke eingeweiht ist. "Jetzt ist der falsche Zeitpunkt, nach 90 Jahren die Straße zu sanieren", so seine Einschätzung. Besser wäre es, wenn man zwei, drei der anderen 60 Straßen, die noch gebührenpflichtig erschlossen werden müssen, in dieser Zeit saniert. "Wo sollen sonst die Autos ausweichen, wenn sich der Durchgangsverkehr in Horb staut, wenn die Panoramastraße zu ist? Zur vier Stunden dauernden Anwohnerversammlung merkte er an, dass man das Ganze auch in zehn Minuten erledigt hätte, wenn auf dem Podium Fachleute wie er gesessen hätten.

Außerdem wusste der Anwohner: "In Bayern zahlt niemand mehr für eine Straße. Mit jeder Klage ist ein Landgericht befasst. So entlastet Bayern seine Landgerichte und spart Geld."

Ein weiteres Problem, dass besprochen wurde, ist der Parkraum, und hierzu merkte Manne Bok an: "Wir sind Teil des Problems." Jeder will direkt vor dem Haus oder dem Geschäft parken, anstatt mal ein paar Meter zu laufen. Gleiches findet man im Südring oder an der Einfahrt Kaserne.

"Herr Zimmermann, wie lange dauert das noch mit dem Parkhaus?" Die Antwort: "Ach je, wenn dort oben kein Haus draufstehen würde, hätten wir das Ding nicht mehr saniert. Die Schäden kommen mit jedem Bauabschnitt mehr zutage, und wir können beim besten Willen nicht absehen, wie lange die Geschichte noch dauert."

Zum Thema "Innenstadtbelebung" wusste Zimmermann was nicht funktioniert: Laden aufmachen und glauben, dass er läuft. Was funktionieren könnte sind gemischte Konzepte. Beispiel: Ware und Gastronomie in Kombi. Fruchtkasten? "Gehört uns nicht. Solange die Polizei nicht rausgeht, geht nichts vorwärts. Die Apotheke wird abgerissen – anders kann man die Gegend nicht entwickeln", beantwortete Zimmermann zwei Fragen auf einmal. Wie geht’s mit der Gastronomie auf dem Oberen Marktplatz weiter? "Ein Investor hat ein Nutzungskonzept für das Café Kipp vorgelegt, über das man derzeit nachdenkt", erklärte der Bürgermeister.

Zum Thema Kaserne sagte Zimmermann: "Die Sporthalle und der Sportplatz werden abgerissen. Dort soll es drei Baulose geben. Ich hoffe, dass sich da etwas entwickelt."

Joachim Milles zur Lärmproblematik: "Da bin ich skeptisch, dort führt direkt die Hochbrücke drüber."

Ein Hohenberg-Bewohner bemängelte, dass ab 20.30 Uhr kein Bus mehr auf den Hohenberg fährt und das Ruftaxi auch nicht mehr zur Verfügung steht. "Das werde ich mitnehmen und mich drum kümmern", versprach Zimmermann, denn es gehe gar nicht, dass man sagt: Die Alten sollen halt abends zuhause bleiben.

Bei der Abschluss-Frage "Wenn die Brücke fertig ist, ist der Rauschbart dann trotzdem noch sicher?", die mit Ja beantwortete wurde, zeigte sich Manfred Bok erleichtert. Grund dafür war, dass man von dort oben aus gleich drei Meere auf einmal sehen könnte. Tagsüber das Häuser-Meer, abends das Lichter-Meer und wenn man die Augen zumacht, gar nichts mehr.

Es war ein reger Meinungsaustausch, der die vielen Facetten von Horb und seinen Bewohnern wieder einmal ungefiltert und in ihrer ganzen Dramatik an den Tag brachte.