Heimatgeschichte: Fürstabt Martin II. Gerbert von Hornau steht in St. Blasien im Mittelpunkt der Domfestspiele 2018

In diesem Jahr feiern die Domfestspiele St. Blasien ihr 25-jähriges Bestehen. Das Festspiel "Säulen der Hoffnung" erinnert an das Jahr 1768, in dem vor 250 Jahren das dortige Kloster völlig niederbrannte. Auch ein wichtiger Horber spielte beim Wiederaufbau des Klosters eine bedeutende Rolle.

Horb. Fürstabt Martin II. Gerbert von Hornau ließ auf den Grundmauern der Brandruine das Kloster wieder aufbauen und den Kuppeldom, ein völlig neues Meisterwerk der Baukunst, errichten. Er selbst war nur knapp den Flammen entkommen.

Der Fürstabt gilt in Sankt Blasien wohl als der bedeutendste Abt des ehemaligen Benediktinerklosters. In der neuen Inszenierung soll bildhaft herausgestellt werden, dass Horbs großer Sohn in seinem mutigen und weitsichtigen Handeln nicht nur die Zeichen seiner Zeit erkannt hat, sondern auch weit darüber hinaus gedacht. Für den Autor und Regisseur Wolfgang Endres erweist sich Gerbert sogar als wahrer Visionär.

In der Stiftskirche Heilig Kreuz auf den Namen Franz Dominic Bernhard getauft

Fürstabt Martin II. Gerbert von Hornau, der zwei verheerende Brandkatastrophen am eigenen Leibe erfahren musste, war im wahrsten Sinne des Wortes ein gebranntes Kind. Im szenischen Spiel werden die Feuersbrunst von Horb im Jahr 1725 und die Brandkatastrophe von St. Blasien auf den Treppen vor der Fassade des Domes dargestellt. Darüber hinaus erinnern zwei Szenen an das Katzenmassaker von Paris, bei dem man an den Mittsommerfeuern bis ins 18. Jahrhundert einen Sack lebender Katzen auf der Place de Grève verbrennen ließ, oder an das im Jahr 1755 zu einem Flammeninferno führende Erdbeben von Lissabon.

Das Stück zeigt Stationen im Leben des Fürstabts, wie er das Kindheitserlebnis der Hilflosigkeit bewältigt hat, wie er mit seiner inneren Unruhe als ein vom Feuer Getriebener mit der Urangst des Menschen vor Feuer umgegangen ist und wie er aus seinem tiefen Glauben für sich und für andere Säulen der Hoffnung gebaut hat. Zwei historische Größen begleiten das Geschehen auf der Bühne. Zum einen beschreibt der Astrologe und Pestarzt Nostradamus in düsteren Bildern die Zukunft. Diesen unheilvollen Vorhersagen setzt die Mystikerin und Äbtissin Hildegard von Bingen immer wieder eine hoffnungsfrohe Botschaft entgegen.

Fürstabt Martin II. Gerbert von Hornau wurde am 11. August 1720 in Horb im späteren "Schwartzadlerwürthshauß" als zweitjüngstes Kind des Antoni Gerbert von Hornau und dessen Ehefrau Anna Maria Riegger aus Villingen geboren und tags darauf in der Stiftskirche Heilig Kreuz auf den Namen Franz Dominic Bernhard getauft. Der angesehene Handelsherr und Stadthauptmann von Horb hatte sich den 1686 von Kaiser Leopold I. erneuerten Adelstitel der nach Schlesien abgewanderten Verwandtschaft mit dem Verweis auf dieselbe Abstammung gleichfalls zugelegt und sein vom Kultur- und Museumsverein erworbenes Porträt aus der Zeit um 1690 weist ihn in barocker Manier als "Monsieur Antoine de Gerbert et Hornau Capitai(ne) de la Ville Horb" aus.

Während des großen Stadtbrandes vom 17. Januar 1725 trug man das viereinhalbjährige Kind in der Wiege vor das brennende Horb und diese traumatische Erfahrung sollte Gerbert sein Leben lang nicht mehr loslassen. Da auch die Lateinschule in der Wintergasse dem Raub der Flammen zum Opfer gefallen war, kam er in die Niedere Schule des Benediktinerkollegs Zwiefalten nach Ehingen an der Donau und später an die Lateinschule der Jesuiten in Freiburg. Nach seiner Aufnahme in das Gymnasium der Benediktiner von St. Blasien legte Gerbert im Alter von 17 Jahren die Ordensgelübde ab und trug von nun ab den Namen Martin.

Martin Gerbert absolvierte im Kloster St. Blasien ein philosophisches und theologisches Studium, bis er schließlich 1744 zum Priester geweiht wurde. Fürstabt Meinrad Troger erkannte Gerberts besondere Begabung, übertrug ihm die philosophische und theologische Professur der dortigen Gelehrtenakademie sowie das verantwortungsvolle Amt des Klosterbibliothekars. In den Jahren 1759 bis 1762 führten ausgedehnte Reisen durch Frankreich, Süddeutschland, Österreich, Italien und die Schweiz, auf denen Gerbert umfangreiches Quellenmaterial für seine Forschungen sammelte. Seine wissenschaftliche Betätigung schlug sich in 62 meist in Latein verfassten Werken nieder, die sich mit theologischen, historischen sowie mit musik- und lithurgiegeschichtlichen Studien beschäftigten. Das wohl bekannteste Werk von Martin Gerbert ist seine "Historia Nigrae Silvae", die Geschichte des Schwarzwaldes, die in drei Bänden eines der grundlegendsten Werke der heimatlichen Geschichtsschreibung umfasst.

Nach dem Tode von Meinrad Troger wurde der Konventsherr Martin Gerbert am 15. Oktober 1764 zum Abt des Klosters von St. Blasien gewählt und im vierten Jahr seiner Amtszeit vor eine besondere Bewährungsprobe gestellt, als das Kloster samt dem Münster völlig niederbrannte. Für den Bau der neuen barockklassizistischen Klosteranlage mit dem alles überragenden Kuppelbau konnte er den französischen Architekten Michael D’Ixnard gewinnen, der als Baudirektor des Fürstentums Hohenzollern-Hechingen mit der Hechinger Stiftskirche St. Jakob ein weiteres bedeutendes Bauwerk des Frühklassizismus schuf. Beim Bau der Kuppelkirche ließ Martin Gerbert eine Fürstengruft für verstorbene Mitglieder der habsburgischen Dynastie einrichten, wofür er die volle Unterstützung der Landesmutter Maria Theresia erhielt.

Stiftskirche Heilig Kreuz erbt Messgarnitur in den Formen des Spätrokoko

Nach dem Tod der Habsburgerin setzte sich Gerbert als Präsident des breisgauischen Prälatenstandes energisch gegen die zentralistischen und territorialistischen Tendenzen der Regierung in Wien und für die Wahrung der alten Verfassung ein, zumal die kirchenpolitischen Pläne und Maßnahmen von Kaiser Joseph II. die Existenzgrundlage der klösterlichen Gemeinschaften gefährdeten.

Mit der Wahl zum Abt von St. Blasien wurde Gerbert gleichzeitig Landesherr der reichsunmittelbaren Grafschaft Bonndorf. Fürstabt Martin II. Gerbert erwies sich als fortschrittlicher Landesvater, der durch zahlreiche Reformen und Verordnungen den Wohlstand seines Landes und die sozialen Verhältnisse seiner rund 12 000 Untertanen zu verbessern suchte. Mit einer 1766 erlassenen Forstordnung, die das Prinzip der Nachhaltigkeit einforderte, schob er im Südschwarzwald der zunehmenden Walddevastation einen Riegel vor. Gerbert gründete in Bonndorf ein Kranken- und Arbeitshaus und mit der dortigen Waisenkasse richtete er 1765 die zweitälteste Sparkasse Deutschlands ein.

1790 veranlasste er beim "Würtshaus zum Rothen Haus" die Gründung einer Brauerei, mit der er nicht nur eine neue Erwerbsmöglichkeit schuf, sondern auch dem sehr verbreiteten Schnapstrinken entgegenwirkte. Schon die Vorfahren Gerberts hatten gegen Ende des 16. Jahrhunderts in Horb mit dem gewerbsmäßigen Bierbrauen begonnen. Das Rothaus-Bier erfreut sich bis heute einer sehr großen Beliebtheit und ohne den großen Horber Sohn würde es wohl keine Tannenzäpfle geben.

Mit seinen Horber Verwandten verband Martin Gerbert trotz seiner vielfältigen Tätigkeit eine liebende Sorge und seiner Horber Taufkirche bewahrte er zeitlebens ein ehrendes Andenken. Nach einem Schlaganfall vermachte er der Stiftskirche Heilig Kreuz im Alter von 65 Jahren aus "Liebe und sonderlicher Neigung" eine wertvolle Messgarnitur in den Formen des Spätrokoko. Die Widmungsinschrift im Kelchfuß lautet: "Erbarmt Euch meiner, des Abtes Martin von St. Blasien, des Heiligen Römischen Reiches Fürst, zu Heilig Kreuz in Horb am 12. August 1720 getauft als Franziskus Dominikus Bernardus Gerbert von Hornau, erbarmt Euch meiner, wenigstens Ihr, meine Freunde." Am 13. Mai 1793 verstarb Fürstabt Martin   II. Gerbert von Hornau infolge einer Brustentzündung und wurde vor den Stufen des Altars im Dom zu St. Blasien beigesetzt.

Über 250 Mitwirkende werden unter der Regie von Wolfgang Endres vom 15. bis zum 19. August 2018 jeweils ab 21 Uhr das von ihm verfasste Freilichtspiel "Säulen der Hoffnung" in Szene setzen. Ein ganz besonderes Highlight werden die auf die Domfront mit einem 3D-Video-Mapping projizierten Bühnenbilder sein, die eine außergewöhnliche Bühnenatmosphäre schaffen sollen. Zu den Schauspielerinnen und Schauspielern, die in Einzelrollen auftreten, zählen unter anderem der Landrat des Landkreises Waldshut und etliche Bürgermeister der Region.

Ein Schüler des Martin-Gerbert-Gymnasiums in Horb soll bei den Domfestspielen in die Rolle des jugendlichen Franz Dominic Bernhard Gerbert schlüpfen, der durch das Freiburger Schwabentor in Richtung St. Blasien zieht. Der Nordstetter Luis Schneiderhan, der als kleiner Prinz mit dem Literaturklassiker von Antoine de Saint Exupéry schon Schauspielerfahrung gesammelt hat, wird dann an fünf Abenden auf den Treppen vor dem Dom von St. Blasien zu sehen sein.