Selbst erstmalige Besucher fühlten sich beim Besuch in Haslemere sofort wie Zuhause. Fotos: Organisationsteam Foto: Schwarzwälder Bote

Städtepartnerschaft: Reisegruppe besucht das englische Haslemere / Überwältigt von der Gastfreundschaft

In einer ans Herz gewachsenen Tradition pflegen die Partnerstädte Horb und das englische Haslemere ihre gegenseitigen Besuche. Mit überwältigender Herzlichkeit schmiedeten die englischen Freunde mit ihren deutschen Partnern Zukunftspläne.

Ho rb/Haslemere. Nach der Landung am Londoner Flughafen Heathrow und der Weiterreise nach Haslemere erwartete die Reisegruppe ein herzlicher Empfang. Auch die Erstmaligen fühlten sich sofort in eine große Familie aufgenommen.

Michael Bawtree, Chairman des Haslemere Twinning Committee, wünschte seinen Gästen ein "very warm welcome", doch dies erwies sich als typisch englisches Understatement angesichts all der vielen persönlichen Gesten, die die Gastgeber der Horber Delegation entgegenbrachten. In tiefer Bewegtheit brachte er sein Mitgefühl für Christine Dietz zum Ausdruck, die nach einer perfekten Vorbereitung selber fernbleiben musste, da sie den Tod ihres gerade verstorbenen Gatten betrauerte.

Durch endlose Staus gelang es nach Guildford vorzudringen zur ersten "Cup of Tea" im Restaurant und dem Besuch der Kathedrale. Die Bauarbeiten von 1936 bis 1961 wurden durch das "Buy a Brick"-Steinspendenprogramm ermöglicht. Tausende Menschen spendeten damals für eine halbe Krone einen Backstein. Die Unterschriften der königlichen Familie sind bis heute sichtbar. In Horb wurde auf vergleichbare Weise das Stiftskirchendach saniert. Die für die Städtepartnerschaft zuständige Twinning Association beschränkt sich nicht auf das Stadtgebiet von Haslemere, sondern auf den Distrikt, so widmeten sich im etwas abgelegenen Chiddingfold zwei eng miteinander befreundete Familien in rührender Weise ihren deutschen Gästen.

Zimmermann beeindruckt

Horbs Bürgermeister Ralph Zimmermann war überaus von den zwei schwarz-rot-goldene Fahnen angetan, die vor dem Rathaus flatterten. Direkt gegenüber hatten die indischstämmigen Wirte des Pubs White Horse alle Horber Gäste zu einem Freibier geladen.

Der Tagesausflug führte durch enge Sträßchen über die sanft hügelige, mit sattgrünen Schafweiden überzogene, Rosamunde-Pilcher-beschriebene Landschaft bis vor die Kathedrale nach Chichester, die mit einem Blumenmeer zum "Festival of Flowers" angefüllt war. Immerhin blieben John Pipers moderner der Heiligsten Dreifaltigkeit gewidmeter Wandteppich hinter dem Altar und der deutsch-englische Versöhnungsgobelin von Ursula Benker-Schirmer unverstellt sichtbar. Ein ausgedehnter Besuch des "Weald and Downland Open Air Museums" schloss sich an, in dem wie in den Vogtsbauernhöfen traditionelle Häuser und Werkstätten südenglischer Dörfer vor dem Verfall bewahrt werden.

Der Samstag begann mit einer denkwürdigen Zusammenarbeit zweier Musiker, wie sie nur dieses "Town twinning" (die Städtepartnerschaft) hervorbringen kann. Norbert Gessler hatte das Manuskript einer Messe aus dem Chorherrenstift von 1789 auf einem Horber Dachboden entdeckt und es beim vergangenen Gegenbesuch dem Organisten Cive Osgood gezeigt. Dieser komplettierte die verloren gegangene Sopranstimme und stellte das Werk, zusammen mit einem von ihm komponierten "Ave verum" bei dem "Haslemere Parish Coffee Concert" vor. Die abenteuerliche Geschichte der Weinrauch-Messe wird Norbert Gessler selber berichten, derzeit stellt er einen Projektchor zusammen, der im nächsten Jahr in wesentlich größerer Besetzung mit diesem Werk die Stiftskirche füllen wird.

Gala-Dinner

Im Gemeindezentrum Hasleway trafen sich am Abend alle Partner zum Gala-Dinner, eingeleitet von einem mitfühlenden Gedenken an die abwesende Christine Dietz, die in ihrem an die Teilnehmer gerichteten Brief an die Besuche der vergangenen 27 Jahre erinnerte. Ihrem Counterpart Michael Bawtree bescheinigte sie, einen "good job" gemacht zu haben. Bei Hühnerbrust und Apple Crumble, dazu regionalen Weinen, der rote, ein 2015-er Triomphe Blackdown Ridge, wurde in Haslemere geerntet, fanden sich die Tischnachbarn schnell zu interessanten Gesprächsthemen.

Bürgermeister David Round, seit dem Freundschaftsabkommen am 15. Juni 1991 am "Twinning" beteiligt, verwies auf die gemeinsame Geschichte und Kultur Europas. Auch wenn Großbritannien mit dem Brexit die Union verlasse, was er persönlich als Desaster einschätze, könne die Insel nicht Europa verlassen. Geografisch und freundschaftlich werde Haslemere keinen Millimeter von Horb abrücken.

Bürgermeister Ralph Zimmermann war überwältigt von der Freundschaft. Er überreichte dem Vorsitzenden Bawtree eine kolorierte Horber Stadtansicht. Spontan nahm er seine Anstecknadel vom Revers und heftete sie seinem Kollegen Round an, der sich mit einem Haslemere-Abzeichen revanchierte. David Round zierte ihn eine respektable Amtskette.

Sylvia McCallum und Christopher Tibbs hatten ihr ausgedehntes Grundstück am Sonntag für ein jeden Rahmen sprengendes Grillfest zur Verfügung gestellt. Die auf ihrem gepflegten Rasen platzierten Crocket-Tore lockten sofort zu intensiven Partien, die Zimmermann durchweg alle gewann.

Möglichkeiten eines intensivierten Gedankenaustauschs fanden sich viele, so ist in Haslemere eine "U3A" etabliert, die "University of the Third Age", die wie die Seniorenvolkshochschule die Rentnergeneration geistig fit hält. Die "Haslemere Musical Society" hat in diesem Jahr die 1. Symphonie von Brahms und die 5. von Tschaikowski im Programm und könnte auch das Horber Musikleben bereichern.

Am Montag baten einige der Gäste kurz vor der Abreise um ein Andenkenbild ihrer Gastgeber, doch da widersprachen die Briten energisch. Als Twins gehörten sie untrennbar zusammen, nur gemeinsam seien sie in dieser herzlichen Partnerschaft vereint, nur gemeinsam gestatteten sie eine Aufnahme. Da kam der Fotograf arg in Bedrängnis, so viel Abstand blieb nicht vor dem Town-Hall-Eingang, da half nur: Eng zusammenrücken, doch genau das zeichnete die Freundschaft aus.