Der Buchtitel "Seelenvorstellungen. Fotos: Maier Foto: Schwarzwälder Bote

Forschung: Historiker Rainer Walz schreibt 1000-seitiges Werk mit dem Titel "Seelen-Vorstellungen"

Horb. Das Prädikat "Jahrhundert-Buch" vergab ein namhafter Historiker für das nagelneue Werk des aus Horb stammenden Autors Professor Rainer Walz. Schon das monumentale Erscheinungsbild des 1000-seitigen Buches mit dem Titel "Seelen-Vorstellungen. Theorien über Geburt, Tod und Jenseits in einfachen Gesellschaften und in Hochkulturen" ist respekteinflößend.

Thematisch ist es so weit gespannt, dass es als kultur- oder ideengeschichtliches Standardwerk angesehen werden muss. Es geht aus von der Erkenntnis, dass die Unterscheidung von Körper und Seele eines der fundamentalen Ereignisse der Menschwerdung darstellt. Der Mensch versteht sich seither als mehr oder weniger integrale Einheit von Körper und Seele, und diese Vorstellung wird in den verschiedenen menschlichen Kulturen nahezu endlos variiert. Die Seelenkonzepte sind ganz eng verwoben mit den Vorstellungen über Geburt, Tod, Jenseits, Wiedergeburt usw. Es geht mithin um die Entwicklungen von Religion im weitesten Sinn. Hierbei macht sich der Verfasser die ungeheuere Mühe, die schriftlichen Quellen nach Möglichkeit in den Originalsprachen zu studieren und auszuwerten. Zusätzlich ist eine unübersehbare Menge von Sekundärliteratur hinzugezogen, was in tausenden von Fußnoten seinen Niederschlag findet.

Bei den sogenannten Naturvölkern, die am Ausgangspunkt des vorliegenden Werks stehen, wird der Körper von einer Vielzahl von Geistern und Dämonen beherrscht; Schamanen vermitteln zwischen den normalen Individuen und dem Geisterreich. Bei den komplexeren Kulturen besteht eine Tendenz, die Zahl der Dämonen und Götter zu reduzieren; bei den sogenannten Hochkulturen schließlich haben sich vielfach unabhängig voneinander monotheistische Konzepte durchgesetzt. Walz geht den Ursachen für diese Entwicklungen mit Akribie nach. Mit unendlicher Gründlichkeit erörtert er die abendländischen Seelen-Vorstellungen, hier vor allem die hellenistischen und die jüdisch-christlichen Konzepte, aber er studiert auch eingehend die mesopotamischen und indischen Hochkulturen. Nur die ostasiatischen und amerikanischen Kulturen läßt er aus, weil diese auf die abendländischen Entwicklungen kaum eingewirkt haben.

Rainer Walz wurde 1943 in Horb geboren. Kindheit und frühe Jugend verbrachte er in Hochdorf, bevor die Familie 1955 wieder nach Horb zog. 1962 machte er am hiesigen Gymnasium das Abitur. Anschließend studierte er in Tübingen und Marburg, bevor er 1969 das Staatsexamen in den Fächern Anglistik und Geschichte machte. Bis 1976 war er als wissenschaftlicher Assistent und Doktorand an der Universität Bochum angestellt. Während seiner langjährigen Tätigkeit im höheren Schuldienst bereitete Rainer Walz seine Habilitation an der Universität Essen vor (1992). Im Jahr 1995 erhielt er den ehrenvollen Ruf auf den "Lehrstuhl für Geschichte der frühen Neuzeit" an der Ruhr-Universität Bochum; 2008 wurde er dort emeritiert. Seit den späten neunziger Jahren befasste er sich mit Seelen-Konzepten in verschiedenen Kulturtypen, sein neues Buch basiert also auf nahezu 20 Jahren Arbeit – intensiviert natürlich im zehnjährigen Ruhestand. Obwohl nicht direkt in Horb entstanden, hat dieses neue Monumentalwerk auch hier seine geistigen und biografischen Wurzeln.