Sandsäcke seien zu spät angeliefert worden, bemängeln die von der Flut betroffenen Mühringer. Foto: Hopp

Fluten in Mühringen waren schneller als die Feuerwehr. Fehleinschätzung. Kräfte in Balingen.

Horb-Mühringen - Was viele in Mühringen verwundert: Die Mühringer Feuerwehr war beim Hochwasser extrem aktiv, während die Wehr aus Horb lange nicht zu sehen war. Ortsvorsteherin Monika Fuhl berichtet: "Die Mühringer Feuerwehr war alarmiert. Wir haben um 17 Uhr die Gräben gecheckt. Als das Wasser dann kam, waren sie voll im Einsatz."

Doch weil das Hochwasser Mühringen zweiteilte, hatten die Mühringer jenseits der Brücke alle Hände voll zu tun. Die andere Hälfte war abgetrennt. Und irgendwann tauchten hier mal die Retter aus Horb auf... Fuhl: "Die Feuerwehr aus Horb war irgendwann da, Sandsäcke auch, das war aber viel zu spät."

Peter Brune (54) ärgert sich: "Die Feuerwehr Horb war ein bisschen unvorbereitet", sagt er.

Er wohnt an der Eyacher Straße. "Die Horber Wehr musste wohl Leute nach Balingen abstellen, hat aber offenbar nicht realisiert, dass Mühringen auch an der Eyach liegt." Tatsächlich half die Horber Feuerwehr im Zollernalbkreis aus. Sie war laut Stadtbrandmeister Markus Megerle zunächst in Haigerloch im Einsatz. Die Fehleinschätzung hatte laut Brune weitere Folgen: Der stellvertretende Kommandant der Horber Wehr, Horst Schneck, habe sich vor Ort erst einen Eindruck der Lage verschafft, bevor er weitere Sandsäcke angefordert habe. "Erst eine Stunde später kamen vier Gitterboxen mit Sandsäcken an." Brune schüttelt den Kopf.

Monika Fuhl bestätigt seinen Eindruck: "Lieber eine Ladung Sandsäcke zu viel herfahren, als wenn man sie dann zu spät bringt. Die Feuerwehr konnte sich, glaube ich, gar nicht vorstellen, wie schnell das Wasser hier gestiegen ist." Dennoch loben die meisten Mühringer die Feuerwehrleute, die sehr engagiert gearbeitet hätten.

Warum waren die Fluten viel schneller als die Horber Feuerwehr?

Megerle erklärt: "Die Abteilung Mühringen hat sich selbst um 19.47 Uhr alarmiert. Parallel dazu haben wir schon einmal angefangen, unsere Sandsäcke zu verladen." Gabelstapler fuhren vor, verluden die gut 500 Sandsäcke. Auch vom Bauhof wurden 300 Säcke abgeholt. Parallel wurde eine Abteilung, so Megerle, mit Sandsackschippen beauftragt.

Megerle: "Die Anforderung für die Säcke kam zwischen 20.15 und 20.30 Uhr." Monika Fuhl hatte allerdings schon am Samstagabend um 19 Uhr in einem Telefonat mit unserer Zeitung berichtet, dass Sandsäcke aus Horb geordert worden seien. Woher diese Differenz stammt, kann sich keiner erklären. Ein Problem nennt aber Bürgermeister Jan Zeitler: "Der Bauhof ist am Samstag nicht besetzt. Außerdem war ja am Samstagabend Fußball (das DFB-Pokalfinale, Anm. d. Red.)." Deshalb habe es eine Zeit gedauert, bis jemand beim Bauhof aktiv werden konnte.

Inzwischen hatte die Feuerwehr Horb schon den Einsatzleitwagen auf die andere Seite der Brücke (linkes Flussufer, Ortskern) geschickt. Weil die Brücke überflutet war, mussten aber auch die zunächst an die andere Seite (rechtes Ufer, Eyacher/Imnauer Straße) gelieferten Säcke über Mühlen, Ahldorf und Nordstetten in den Ort transportiert werden. Dies habe die Anlieferung um mindestens 15 bis 20 Minuten verzögert, so Megerle. Der Fotograf des Schwarzwälder Boten hielt die Ankunft der Sandsäcke auf der Ortskern-Seite mit dem Foto fest. Ankunft: 21.11 Uhr. Um 21.23 Uhr wird noch der Lkw entladen.

Michael Kramer, Abteilungskommandant von Mühringen: "Die Sandsäcke aus Horb waren zuerst auf unserer Seite (Imnauer Straße, Anm. d. Red.). Wir haben alles aufgebaut und versucht, damit etwas auszurichten. Damit konnten wir aber nur Teilerfolge erzielen." Der Grund, so Kramer: "Das Wasser stieg viel schneller als sonst. Statt drei bis vier Stunden war es jetzt in dreißig bis sechzig Minuten über den Pegeln."

Kramer stellt fest, dass es auf der gegenüberliegenden Seite "wenig Informationen" gab. Auf der Seite der Mühringer habe es größere Schäden gegeben. Auch Megerle sieht die überflutete Brücke, die Mühringen in zwei Teile geteilt hatte, als Problem: "Es gab zwei Einsatzstellen. Weil es so wenig Informationen gab, musste die Feuerwehr selbst ermitteln, was zu tun ist." Es habe auch nur einen Notruf aus Mühringen gegeben: Um 20.50 Uhr.

Megerle: "Es flossen 270 Kubikmeter pro Sekunde während des Hochwassers. Da ist zu bezweifeln, dass das allein mit Sandsäcken zu bewältigen ist." Und was sagen die Kommandanten zum Keller-Auspump-Problem? Kramer: "Das eigentliche Keller-Auspumpen steht bei uns erst an zweiter oder dritter Stelle. Einige Hausbesitzer haben auch schon selbst Pumpen im Keller angebracht." Megerle: "Auch das Grundwasser drückte teilweise von unten durch das Fundament durch. Wenn man da zu früh abpumpt, beschädigt man das Haus noch mehr." Deshalb habe es beim Einsatz in Mühringen teilweise auch zwischen 30 und 60 Minuten gedauert, ehe es mit dem Pumpen losgeht. Megerle: "Da wird erst ein Kollege hingeschickt, um alles zu prüfen. Und zu checken, was man braucht." Er könne schon verstehen, dass Hausbesitzer da ungeduldig werden: "Manche haben nachts unsere Leute beschimpft. Weil die in ihren Augen nur rumstehen. Am nächsten Tag haben sich viele entschuldigt. Die waren mit den Nerven runter."

Was auch noch wundert: In Haigerloch gibt es detaillierte Katastrophenschutzpläne, die mit Feuerwehr und Stadtverwaltung entwickelt wurden. In Horb – Fehlanzeige. Bürgermeister Jan Zeitler: "Detaillierte Pläne gibt es nicht. Es gibt von Seiten der Stadt Horb einen Notfallplan und vom Landkreis einen Katastrophenschutzplan für allgemeine Schadensereignisse, der auch bei solchen Lagen zum Tragen kommt. Wird der Neckarpegel in Horb überschritten, wird die Stadtverwaltung informiert. Für Mühringen gibt es keine Pegelabfrage. Der nächste befindet sich in Bad Imnau. Dieser wird parallel zum Neckarpegel regelmäßig überwacht. Ab entsprechenden Pegelständen wird beispielsweise die Feuerwehr selbstständig tätig und ergreift erste Maßnahmen – obwohl dies eigentlich keine Aufgabe der Feuerwehr ist."