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In Mühringen wird der Streit um die Anwohnerkosten die Oberdorfstraße teilen

In der Oberdorfstraße in Mühringen droht ein neuer Erschließungsgebühren-Irrsinn: Von der Kohlbergsteige bis zum Haus Nummer 19 zahlen Rathaus und Land die Straßensanierung. Ab Haus Nummer 19 werden die Eigentümer zur Kasse gebeten.

Horb. Mit ernstem Gesicht präsentiert Oberbürgermeister Peter Rosenberger eine Liste von 60 Straßen, die in den nächsten Jahren auf Kosten der Anwohner saniert werden könnten. Bürgermeister Ralph Zimmermann freut sich. Er hatte bei der Debatte über die umstrittenen Erschließungsgebühren in der Panoramastraße von Gerechtigkeit gesprochen.

Doch was jetzt in der Oberdorfstraße in Mühringen geplant ist, ist für den Normal-Bürger schwer zu verstehen. Fakt ist, so bestätigen Thomas Hellener, Fachbereichsleiter Technische Betriebe, dass die Oberdorfstraße in Mühringen die nächste ist, die auf der Liste steht. Hellener: "Zwar gibt es noch keine konkreten Planungen, aber es werden dort voraussichtlich Stützmauern benötigt. Ähnlich wie in der Panoramastraße." Wird also wohl teuer.

OB Rosenberger: "Es gibt einen Grundsatzbeschluss des Ortschaftsrates, diese Straße anzugehen. Eine Planung gibt es noch nicht."

Pikant dabei: Die Oberdorfstraße westwärts der Hausnummer 19 bis Richtung Ortsmitte liegt im Sanierungsgebiet. Hellener: "Das ist eine historische Straße." Heißt: Die Kosten für diesen Ausbau werden aus dem Landessanierungsprogramm genommen. Das Land gibt 60 Prozent dazu, die Kommune 40 Prozent.

Bleibt noch der Rest der Oberdorfstraße. Von Haus Nummer 19 ostwärts bis hin zur neu ausgebauten Ortsmitte. Hier sollen die 90 Prozent der Kosten von den Anwohnern getragen werden.

Klartext: Der Eigentümer zwischen der Hausnummer 19 und der Ortsdurchfahrt zahlt aus seinen Steuern nicht nur den kompletten Ausbau der Straße ab Nummer 20, sondern muss auch anteilig noch 90 Prozent der Sanierungskosten der Oberdorfstraße in Mühringen übernehmen.

Straßenplanung 2021

Fest steht: Die Straßenplanung soll wohl nächstes Jahr erfolgen. Und möglicherweise 2022 dann abkassiert werden. Aber nur die eine Hälfte der Oberdorfstraße. Ab Haus Nummer 19 ostwärts.

Grund: Die Laufzeit des Sanierungsgebiets Mühringen endet bisher im Jahr 2023. Hier droht der nächste Zoff. Aktuell versucht die Interessengemeinschaft Panoramastraße in Horb gegen die überhöhten Anwohner-Erschließungsbeiträge zu kämpfen.

Die Interessengemeinschaft (mindestens 80 Mitglieder) pocht auf einen höheren Bonus aus ihren Steuermitteln, damit ihre Erschließungsbeiträge ab 48 Euro pro Quadratmeter Grundstücksfläche sinken. Argument der IG Panoramastraße: "Wir haben 90 Prozent Durchgangsverkehr. Wir Anwohner nutzen die Straße nur zu zehn Prozent. Warum sollen wir dann 90 Prozent der Kosten tragen?"

Dazu nimmt OB Peter Rosenberger im gestrigen Pressegespräch Stellung: "Meine Pflicht ist es, mit Fakten zu argumentieren. Wir wissen nichts von 90 Prozent Durchgangsverkehr. Unsere Verkehrszählung hat das nicht ergeben. Wir wissen nur von durchschnittlich 1000 Fahrzeugen am Tag. Da sind Paketzusteller und Lieferverkehr mit drin."

Zum Vergleich nennt er die Scheibenbußstraße in Nordstetten. Rosenberger: "Dort haben wir eine Geschwindigkeitsmessung gemacht. Die hat im August ergeben, dass dort täglich im Schnitt 1000 Autos fahren. Die Scheibenbußstraße wurde auch mit Erschließungsgebühren der Anwohner saniert und ausgebaut."

Die IG Panoramastraße hatte auch das Regierungspräsidium Karlsruhe zur "aufsichtsrechtlichen Prüfung" aufgefordert (wir berichteten).

Post vor Weihnachten

OB Rosenberger: "Dort ist die Rede von Urkundenunterdrückung und Fehlinformationen. Das sind Vorwürfe, die sind strafrechtlich hoch relevant. Wir werden diese prüfen. Und auch prüfen lassen, wie wir mit diesen Vorwürfen umgehen. Wenn herauskommt, dass an diesen Vorwürfen nichts dran ist – und davon gehe ich aus – werden wir uns als Rathaus natürlich die Frage stellen, wie wir mit denen umgehen, die solche Vorwürfe erheben. Strafrechtlich gesehen – so würde ich es als Laie sehen – könnte das eine besondere Form der Verleumdung sein."

Knallhart-Ansage.

Bei den gewünschten Verkehrsberuhigungen in der Panoramastraße kommt der OB den Anwohnern aber entgegen: "Ich kann mir vorstellen, dass wir ein Schild ›Anlieger frei‹ in der Panoramastraße aufstellen. Wenn Schwellen gebaut werden, um die Geschwindigkeit zu reduzieren, kann ich mir das auch vorstellen. Der mögliche Abschnitt einer verkehrsberuhigten Zone mit sieben Stundenkilometern ist noch in Prüfung."

Und wann sollen die privatrechtlichen Vereinbarungen verschickt werden? Jeder Anwohner, der sie unterschreibt, verpflichtet sich, seinen Anteil an den 90 Prozent der jetzt kalkulierten 2,8 Millionen Euro ans Rathaus vorab zu überweisen.

Rosenberger: "Wir prüfen jetzt, ob die von den Anwohnern vorgeschlagenen Verkehrsberuhigungs-Maßnahmen große Kostenänderungen in der Planung bedeuten. Wir werden das Ergebnis den Anwohnern schriftlich mitteilen. Wir würden gerne dann die privatrechtlichen Vereinbarungen an die Anwohner verschicken."

Nachfrage: Noch vor Weihnachten? OB Rosenberger zögert etwas: "Ja. Das wäre unser Ziel."

Und was hat es mit der Liste der 60 Straße auf sich, die ab sofort auf der Homepage der Stadt – www.horb.de – unter "Erschließungsbeiträge" abzurufen ist?

Rosenberger: "Eine Arbeitsgruppe aus Verwaltung und Gemeinderat hat diese Liste im Jahr 2005 zusammengestellt. In dieser Liste sind in einer Art Reißbrettprüfung alle Straßen aufgeführt, die auf den ersten Blick geeignet zu sein scheinen, über Erschließungsbeiträge der Anwohner mitfinanziert werden zu können. Am 25. Oktober 2005 hat der Gemeinderat beschlossen, dass diese Straßen ›Stück für Stück‹ näher geprüft werden und dann auszubauen und abzurechnen sind."

Das Rathaus nehme diese Liste als Arbeitsgrundlage. Rosenberger: "Wir nehmen aus dieser Liste die Straße, die mit bestehenden Sanierungsgebieten in Verbindung stehen, und untersuchen diese dann – falls genügend Planungskapazitäten vorhanden sind – tiefer."