Andreas Osbelt ist der Besitzer des Heizkraftwerks. Foto: Hopp

Amtsgericht Horb entscheidet: Nachzahlung ungültig. Geht Andreas Osbelt leer aus?

Horb - Dieses Urteil ist ein echter "Haugenstein-Hammer". Das Amtsgericht Horb hat mit Richter Simeon-Tobis Bolz die umstrittenen Nebenkostenabrechnungen für Warmwasser und Nebenkosten gekippt.

Andreas und Melitta Beyer aus der blauen Siedlung hatten geklagt. Die Klägerin: "Wir sind im Dezember 2012 eingezogen und haben im Sommer danach die Wohnung hier gekauft. Dann kam die erste Nachzahlungsforderung der Hausverwaltung Engelmayr. Sie belief sich auf 6845 Euro für das Jahr 2013/14. Das Jahr danach sollten wir 7500 Euro zahlen. Und das, obwohl wir monatlich schon einen Abschlag von 300 Euro zahlen. Das kann nicht sein."

Ein Gefühl, das nicht nur die Beyers haben. Viele Haugenstein-Bewohner hatten schon geschildert, dass sie sich die Nachzahlungsforderungen nicht erklären können. Da fielen Worte wie: "Abstrus. Im Jahr vorher haben wir mehrere Tausend Euro Guthaben zurück bekommen, ein Jahr später sollen wir 7000 Euro nachzahlen?"

Viele Bewohner haben das Gefühl, da kann was nicht stimmen. Vor allem, weil sie durch einen Wärmeliefervertrag, den die Hausverwaltung Engelmayr mit Andreas Osbelt als Besitzer des Heizkraftwerks abgeschlossen hat, auf 20 Jahre auf den Fernwärmelieferanten Osbelt angewiesen sind.

Das Haus Nummer 22 hat insgesamt für das Jahr 201 611 000 Euro an Heizkosten und Wasser zu zahlen.

Der hatte im Sommer – weil sich Eigentümer weigerten, die Nachforderungen aus den Engelmayr-Abrechnungen zu zahlen – den Häusern Warmwasser und Heizung einfach abgedreht. Legal laut Fernwärmegesetz, so Osbelt.

Doch die Beyers ließen sich das nicht gefallen. Sie zogen als Erstes vor das Amtsgericht Horb. Per Beweisbeschluss wurde entschieden, dass der Gutachter Rudi Sigler die Heizkosten überprüft. Und das Ergebnis ist eine heftige Schlappe für die damalige Hausverwaltung Engelmayr.

Eine Reihe von Ohrfeigen, die beweisen, dass das Gefühl der Haugenstein-Bewohner offenbar nicht getrügt hat.

Ohrfeige eins:

In seiner Urteilsbegründung schreibt das Amtsgericht: "Die Einzel- und Gesamtabrechnung des Jahres 2013/14 entspricht nicht den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung."

Ohrfeige zwei:

Das Gericht schreibt: "Weiter steht fest, dass die Kläger nicht den in der Abrechnung ausgewiesenen Energieverbrauch verursacht haben und die (...) vorgelegte Abrechnung damit unbrauchbar ist."

Ohrfeige drei:

"Entgegen dem Vorbringen der Beklagten schalten die Heizkostenverteiler in großem Umfang eben gerade nicht zum Stichtag um. Der Sachverständige konnte zum Stichtag 2016 feststellen, dass in der Eigentumswohnanlage die Umschaltung bei der Hälfte der Heizkostenverteiler nicht funktionierte."

Ohrfeige vier:

"Dieses System führe letztlich dazu, dass nur ein Bruchteil der im Abrechnungszeitraum verbrauchten Energiemenge an den Heizkostenverteilern gemessen werde. Überzeugend legte der Sachverständige dar, dass im Abrechnungszeitraum 2013/14 nur 18,41 Prozent der gelieferten Energiemenge auch tatsächlich an den Heizkostenverteilern gemessen wurden. Im Abrechnungszeitraum zuvor lag der Wert sogar noch niedriger – bei 7,39 Prozent."

Ohrfeige fünf:

Auch die Warmwasserabrechnung – das stammt auch aus dem Heizkraftwerk von Andreas Osbelt – stimmt nicht. Das Gericht schreibt im Urteil: "So wurde, wie der Sachverständige feststellte, der Anteil der Wärmeenergie zur Trinkwassererwärmung nicht mit einem Wärmemengenzähler gemessen." Das verstößt gegen die Heizkostenverordnung – eine bundesgesetzliche Norm. Und zwar gegen Paragraf 9 Absatz 2.

Aus diesen ganzen Fakten zieht das Gericht einen Schluss: "Die Abrechnung ist insgesamt für ungültig zu erklären."

Das heißt für die Beyers: Die geforderte Nachzahlung aus dem Jahr 2013/14 muss nicht gezahlt werden.

Der Haugenstein-Hammer. Was bedeutet er für die Bewohner? Ein Insider: "Fakt ist: Laut diesem Urteil muss niemand die Nachzahlungen aus dem Jahr 2013/14 leisten. Die Ansprüche von Andreas Osbelt als Wärmelieferant bleiben davon allerdings unberührt."

Das heißt im Klartext: Das Geld an Osbelt muss bezahlt werden. Das Urteil sagt aus, dass die sogenannte Innenverteilung – also, wie das Geld, welches die Hausverwaltung Engelmayr an Osbelt zahlt, unter den jeweiligen Wohnungseigentümern (in der Regel vier pro Gebäude) verteilt wird – nicht stimmt. Ein Abrechnungs-Chaos, was mit der Realität nichts zu tun hat.

Im Fall der Abrechnung aus dem Jahr 2013/14 ist die von Engelmayr geforderte Summe zu hoch.

Der Insider weiter: "Das heißt praktisch: Im Moment gilt eine Übergangsregelung. Die Kosten, die Osbelt pro Haus fordert, werden auf alle Wohneinheiten gleich aufgeteilt. Dazu hat Osbelt angeboten, auf 30 Prozent seiner Gesamtforderungen zu verzichten."

Im Fall der Beyers heißt das für dieses Jahr, so belegt auch eine Abrechnung des neuen Hausverwalters Alexander Gette: Das Haus Nummer 22 hat insgesamt für das Jahr 201 611 000 Euro an Heizkosten und Wasser zu zahlen. Der Insider: "Da sind die 30 Prozent von Osbelt schon abgezogen."

Dieser Betrag wird durch die vier Wohnungen geteilt. Das heißt: Familie Beyer zahlt für das Jahr 2016 pauschal 229 Euro im Monat für Warmwasser und Heizung – egal, wie viel sie wirklich verbrauchen.

Der Insider: "Ferner gab es beim Haugenstein-Gipfel im Rathaus die Einigung, dass eine Technik in alle Häuser eingebaut wird, die es möglich macht, korrekt den Verbrauch pro Wohneinheit zu messen. Der Einbau dieser Technik kostet gut 3000 Euro pro Haus. Wenn die Eigentümer das machen, dann ist in Zukunft die Grundlage für eine Heizkosten- und Warmwasser-Abrechnung gegeben, die den Verbrauch der einzelnen Wohnungen zuverlässig und konform zur Heizkostenverordnung ist."