Gewerbegebiet: Gemeinderat entscheidet / Zweite Runde für Kampf um 17 Hektar Wald / Rund 200 Zuhörer im Saal
Der Ahldorfer Aufstand geht weiter. Der Gemeinderat stimmte mit 17 zu elf Stimmen für eine weitere Untersuchung des geplanten Gewerbegebiets in Hau und Holzwiese.
Horb-Ahldorf. Um 19.37 Uhr steht OB Peter Rosenberger (CDU) auf und hebt gleichzeitig die Hand: Die erste Ja-Stimme in der Abstimmung über vertiefende Untersuchungen des geplanten Gewerbegebietes in Ahldorf.
16 weitere Hände heben sich. Dann die Gegenstimmen: elf Gemeinderäte heben die Hände. Darunter: Viviana Weschenmoser (SPD), Ilse Braitmaier (OGL), Silke Wüstholz (FD/FW), Michael Keßler (CDU-Fraktionschef), Rodolfo Panetta (ULH) und Hermann Walz (ULH). Damit ist klar: Der Kampf um 17 Hektar Wald bei Ahldorf wird weitergehen.
Über 200 Anhänger der BI Hau und Holzwiese stehen auf, verlassen den Saal. Im Vorraum wird heftig diskutiert. Peter Zimmermann (CDU), der mit Ja stimmte, stellt sich der Diskussion mit den Gegnern.
Das vorläufige Ende einer langen Debatte. Und Fortsetzung eines Ringens.
Um 18.39 Uhr startet die Debatte. OB Peter Rosenberger: "Wir können aufgrund der jetzigen Datenlage nicht abschließend sagen, ob das Gebiet geeignet ist oder nicht. Da kann man zum jetzigen Zeitpunkt politisch oder emotional anders stehen."
Fridolin Weckerle (CDU) sagt: "Wir vertreten die Auffassung, dass die Schaffung von wohnortnahen Arbeitsplätzen durch Gewerbeflächen für die Stadt weiter notwendig ist. Nur vorausschauende Planung kann das schaffen. Die Ansprüche an die Stadt sind groß: Freibad, bessere Schulen, Radwegenetz. Bei den Forderungen sind alle vorne dran. Beim Bezahlen nicht. Doch solche Wünsche gehen nicht ohne die Geldbeschaffung."
ULH-Fraktionschef Hermann Walz: "Die entsprechenden ablehnenden Anträge von OGL und UHL sind da. Ich bin dafür, gleich abzustimmen. Dann wäre jedes weitere Wort unnötig."
Doch das will keiner. Weckerle meint: "Wir brauchen diese Fakten, um abwägen und entscheiden zu können. Wenn wir diese Fakten haben, stehen wir als CDU einem Bürgerentscheid offen gegenüber."
OGL-Fraktionschef Markus Pagel: "Problempunkte, die wir in Ahldorf haben, sind in der Drucksache ausgeblendet. Bei diesem karstigen Untergrund und der geringen Entfernung zur Egelstalquelle halte ich es für bedenklich, den Boden anzukratzen. Die geringe Bereitschaft der Eigentümer, zu verkaufen, wird nicht angesprochen. Das ist ein zentrales Problem. In einer Stadt, die das Bürgerengagement so hoch hält, können wir den Bürgerwillen so nicht behandeln."
Donnernder Applaus bei der BI Hau und Holzwiese.
SPD-Fraktionschef Thomas Mattes: "Teile der SPD-Fraktion werden zustimmen. Ich nicht. Das geplante Gewerbegebiet ist nicht an der richtigen Stelle, die meisten Grundstückseigentümer lehnen den Verkauf ab. Deshalb ist das Vorhaben nicht realistisch. Ich bin der Überzeugung, dass die weiteren Untersuchungen dazu führen könnten, dass das Gebiet machbar ist. Das Argument – der Wald wird wieder aufgeforstet – ist zu einfach. Es dauert Jahrzehnte, bis solch ein Wald wie in Ahldorf wieder entsteht."
OB Rosenberger entgegnet: "Das verursacht bei mir ein leichtes Schmunzeln. Sie haben Angst, dass das Gewerbegebiet nach der Abwägung machbar wäre und deshalb sind Sie heute schon mal dagegen."
Dieter Rominger-Seyrich (SPD): "In den letzten zwei Jahren stellten Gemeinden um uns herum massiv Gewerbeflächen zur Verfügung. Jeder beteiligt sich am Schaulaufen. Es geht darum, hier eine Trendumkehr beim Flächenverbrauch einzuleiten."
Rodolfo Panetta (ULH) meint: "Vor 40 Jahren haben die für Horb verantwortlichen Politiker eine grob fehlerhafte Entscheidung getroffen, indem sie die A81 mittels eines einseitigen Zubringers nur nach Westen jedoch nicht zugleich nach Osten Richtung Mühringen und Eyachtal angebunden haben. Diesen Fehler können wir jetzt auch nicht dadurch verschlimmbessern, dass wir ein ökologisch wertvolles Waldstück mit uralten Eichen als Gewerbegebiet erschließen. Sie sehen doch, dass dies auch politisch nicht durchsetzbar ist. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Ende ohne Schrecken!"
CDU-Fraktionschef Michael Keßler, zugleich Vize-Ortsvorsteher von Ahldorf: "Der Ortschaftsrat hat einstimmig dagegen gestimmt. Ich erwartet, diese Entscheidung zu respektieren und zu berücksichtigen. Bürgerwille ist auch eine Form der Bürgerbeteiligung –wir sollten ihn ernst nehmen. 82 Prozent der Eigentümer sind nicht bereit, zu verkaufen. Weil sie die Heimat schützen wollen."
FD/FW-Fraktionschef Alfred Seifriz: "Es ist Aufgabe des Gemeinderats, das Wohl der Gemeinde voranzutreiben. Für eine gesunde Wohnlandschaft, aber auch für ausreichend Arbeitsplätze zu sorgen. Versuche, so etwas im Heiligenfeld im Einvernehmen mit den Grundstückseigentümern zu regeln, sind gescheitert. Man weiß aus vielen Gesprächen: Da geht es um wirtschaftliche Erwägungen. Und nicht um die Interessen von Nebenerwerbslandwirten. Das bezeichne ich als Mangel an Solidarität!
"Oooh"-Bedauernsrufe aus den Zuschauerreihen.
Viviana Weschenmoser (SPD): "Für mich ist das eine Vertrauensfrage. Ich habe das Gefühl, der Trialog zwischen Verwaltung, Politik und Bürgern wurde hier komplett in den Sand gesetzt. Viele Bürger aus dem gesamten Gebiet in Horb sagen: Wenn die das durchwinken, ist es schon geschwätzt. Jede weiter Untersuchung ist so gravierend schädlich, dass jeder weiter Dialog beschädigt würde."