Musiker des Musikvereins Obertalheim musizierten auf dem Kofferraum sitzend an der Steinachtalhalle. Die Stadt übt nun harte Kritik am "Flashmob" in Corona-Zeiten. Foto: Morlok

Stadtverwaltung rügt Musikverein Obertalheim wegen "Ständles-Flashmob". Sorge vor dem 1. Mai.

Horb-Talheim - Dicke Luft zwischen der Stadt Horb und dem Musikverein Obertalheim: Die Stadt wirft dem Verein vor, sich gegen das Kontaktverbot und das Abstandsgebot in "dreister Weise" widersetzt zu haben und prüft nun eine Strafe.

Stein des Anstoßes ist ein spontaner "Ständles-Flashmob", den die Musiker in ihren jeweiligen Autos am Sonntagabend auf dem Parkplatz hinter der Steinachtalhalle abgehalten hatten. Die Idee dazu war am Samstagmorgen entstanden, unter anderem auch deshalb, weil man derzeit Jubilaren kein Ständchen spielen kann. Rund 30 Instrumentalisten machten bei dem Spontankonzert mit. Zufällig vorbeikommende Passanten blieben einen Moment stehen und spendeten Applaus.

Stadt nennt Aktion "unverantwortlich"

Was für die Musiker eine gelungene Aktion war, ist für die Stadtverwaltung nun ein schweres Vergehen in Corona-Zeiten. In einer Pressemitteilung meldete sich die Stadt am Mittwochnachmittag zu Wort: "Eine solche Aktion fällt sowohl unter das derzeit geltende Kontaktverbot – dieses verbietet Versammlungen von mehr als zwei Personen im öffentlichen Raum – und verletzt auch das Abstandsgebot, nachdem zwischen zwei Personen mindestens 1,5 Meter Abstand eingehalten werden muss. Die ›Verantwortlichen‹ des Musikvereins Obertalheim haben mit dieser Aktion unverantwortlich gehandelt."

Die Stadt sieht in dem "Flashmob" eine bewusste Zuwiderhandlung: "Es ist offensichtlich, dass hier in einer dreisten Weise versucht wurde, besonders clever Regelungen zu umgehen, welche der Gesundheit und dem Schutz von Menschen dienen sollen. Denn den ›Verantwortlichen‹ war ganz offensichtlich bewusst, dass ihr Ansinnen sich zu versammeln nicht in Ordnung ist, deshalb haben sie nach ›Lücken‹ gesucht, es doch tun zu können", schreibt Stadtsprecherin Inge Weber.

Ordnungsamt leitet Verfahren ein

Die Stadt sorgt sich, dass der Fall nun "Schule machen" könnte, vor allem am 1. Mai. "Die Aktion des Musikvereins Obertalheim sollte anderen eher als mahnendes Bespiel dienen, wie man es nicht machen sollte. Gerade im Hinblick auf den 1. Mai sollte bei den verantwortungsbewusst Handelnden die Einsicht bestehen, dass jetzt nicht die Zeit für kreative Umgehungstatbestände der Corona-Verordnung ist, sondern für solidarisches Handeln und das heißt nun mal: Zuhausebleiben." Nun müsse sich das städtische Ordnungsamt mit dem "Ständchen-Flashmob" befassen und entsprechende Verfahren einleiten.

Das Rathaus rechtfertigt sein Vorgehen: "Die Stadtverwaltung hat großes Verständnis für die Not, die Vereine besonders hart trifft, weil sie das gemeinschaftliche Miteinander, welches sie in besonderer Weise prägt, derzeit nicht ausleben können. Die Verwaltung wurde nun jedoch in eine Situation gebracht, in der sie gezwungen wird, als ›Spielverderber‹ aufzutreten – was nicht hätte sein müssen, wenn Vernunft und Besonnenheit das Verhalten bestimmt hätte."

Abgesprochen hatte der Verein diese Aktion mit der Stadtverwaltung im Vorfeld nicht, wie die Stadtverwaltung betont. In unserem Bericht am Mittwoch hieß es: "Um alles richtig zu machen, hatten sich die Verantwortlichen auch erkundigt, was zu beachten ist, damit sie ihre angemeldete Aktion durchführen dürfen."

"Wir hatten ausreichend Abstand"

MV-Vorsitzender Knut Peter erklärt auf Anfrage, dass der Verein die Stadt tatsächlich nicht im Vorfeld kontaktierte. Gespräche habe es nur mit einem Vorstandskollegen gegeben, der bei der Polizei arbeite. "Aber ich glaube, dass die Stadtverwaltung da etwas falsch verstanden hat. Wir haben unserem Ehrenmitglied vor Ort kein Ständchen gespielt." Außerdem habe es sich bei den Personen, die zusammen auf dem Kofferraumrand gesessen hätten, um Familienmitglieder gehandelt. "Wir hatten ausreichend Abstand und auch die einzelnen Zuhörer standen weit genug auseinander."

Peter beteuert, dass man sich sicher gewesen sei, sich an die geltenden Vorgaben gehalten zu haben. "Wir haben die Idee eigentlich vom Musikverein Hirrlingen, der eine ähnliche Aktion gemacht hat."

Ein cleveres und dreistes Umgehen der bestehenden Regeln? Der Vorsitzende widerspricht: "Aus unserem Sicht war es keine öffentliche Versammlung, es war nie in unserem Interesse, der Stadt Probleme zu bereiten. Ich hoffe, es kommt nun von Seiten des Ordnungsamts keine Strafe auf uns zu."

Und würde der Verein es wieder tun? Peter antwortet: "Ich fand es trotzdem eine gelungene Aktion und aus meiner Sicht haben wir alles Notwendige beachtet, aber wir würden es nicht noch einmal machen. Und wenn uns ein anderer Verein fragen würde, würden wir sagen, dass man sich vorher an die Stadt wenden sollte." Am morgigen Donnerstag will der Vorsitzende nun zum Hörer greifen: "Ich möchte das Gespräch mit der Stadt suchen."