Sven (von links), Elias, Andy, Christophtoph und Sascha sind "Mass Casualty Incident". Foto: Müssigmann

Metal-Band "Mass Casualty Incident" geht mit neuem Sänger auf Tour. "Unsere Songs sind vertrackt".

Horb - "Viele Leute halten Metal für böse, obwohl es fast schon Mainstream ist", sagt Elias Mlayeh (20). Um Gut und Böse geht es dem Sänger von "Mass Casualty Incident" und seinen Bandkollegen nicht, sondern um ihre Musik, um Selbstverwirklichung und ihren eigenen Stil.

Band-Probe in einer alten Fabrikhalle in Mühlen: Vermutlich klirren die Scheiben, aber man hört es nicht. Die Band spielt lauter. "Mass Casualty Incident", das sind fünf Musiker aus Horb und der Region. Elias, Sänger aus Dürrenmettstetten, die Gitarristen Sascha (32) aus Weitingen und Andy aus Reutlingen, Bassist Sven (33) aus Horb und Schlagzeuger Christoph (36).

Die Musik, die sie spielen, hört man nicht im Radio. "Wir machen Melodic Death Core", sagt Elias, "eine Mischung aus Death Metal und Hardcore." In erster Linie muss es laut sein und hart. "Wer sagt, er höre harte Musik, Metallica und AC/DC, der geht nach 20 Minuten", sagt Schlagzeuger Christoph. Ohne guten Tonmischer, das geben die Jungs zu, klingt alles nach breiigem Lärm. Wer nicht will, findet keinen Zugang zur Musik der Band. "Man muss sich reinhören", sagt Christoph, der musikalisch nicht nur die Schlagzeugsticks, sondern auch die Fäden der Band in der Hand hält. "Musik, die auf Anhieb eingängig ist, wird nach dem zehnten Mal langweilig.

Was man erst ein paar Mal hören muss, gefällt einem mit jedem Mal doch besser", sagt er. Als vertrackt und kompliziert beschreiben die Musiker ihre Eigenkompositionen. 18 eigene Stücke hat die Band. Gitarrist Andy kommt immer wieder mit fertiggeschriebenen Stücken in die Probe, sein Kollege Sascha öfter mit Ideen für Gitarrenriffs, die gemeinsam zusammengesetzt werden. "Wir sind im Vergleich extrem melodielastig", sagt Sänger Elias. Den Scheiben der Fabrikhalle möchte man diesen Vergleich nicht zumuten.

Musik als Entspannung und Verwirklichung

Fünf Musiker, die aufgehen in dieser Art der Musik. Sie stehen bei der Probe im Kreis, fahles Licht fällt von einzelnen Neonröhren in die Szenerie. Gitarrist Andy wirft seinen ganzen Körper in den Takt. "Es ist Entspannung für mich", sagt der Maschinenbauingenieur. "Es ist Verwirklichung", sagt Christoph, Jurist, "und so was wie ein zweites Leben – morgen werde ich wieder Anzug tragen". Elias, der Jüngste, sucht gerade ein Praktikum, damit seine Fachhochschulreife anerkannt wird. "Die Bandprobe geht über alles", sagt er. Er gehört seit zwei Jahren zur Band, die früher unter dem Namen "Sore Eyes" schon im Café Amerika gespielt hat, und mehrmals Pech mit den Sängern hatte. Die Instrumentalbesetzung ist seit 2006 konstant. Dass die Band lange untergetaucht war, liegt am Perfektionismus der fünf Metaler. "Wir proben lieber ein, zwei Monate länger, bevor wir mit was Halbgarem auf der Bühne stehen." 2011 haben sie neue Lieder geschrieben und mit Elias die alten Stücke geprobt. Unter neuem Namen, mit einer neuen Setlist und neuem Sänger gehen sie nun auf Tour durch vier Clubs. "Jetzt rocken wir hier die Region", kündigt Christoph an.

Elias hat in der einen Hand das Mikrofon, in der anderen Hand eine Zigarette. Je rauher seine Stimme, umso besser. Eigentlich ist er kein Sänger. "Ich bezeichne mich als Vokalist", sagt er. Er brüllt ins Mikrofon. "Ich habe verschiedene Screaming-Techniken", sagt er, macht vor, wie er mal tief grummelt, mal hoch schreit. Dass man den Text nicht versteht, weiß er, und lacht. "So ist es schon nicht so schlimm, wenn ich ihn mal vergess."

Den Auftakt der Tour macht ein kurzer Gig im Stuttgarter Keller Klub. Dort nimmt die Band an einem Emergenza-Musikwettbewerb teil. Sieben Bands spielen an diesem Abend, die ihr Genre unter anderem mit Ska und Chanson angeben. Melodiös wird "Mass Casualty Incident" in diesem Vergleich nicht abschneiden. Die Band selbst ist gespannt, wie sie ankommen wird. Ihre Setlist für die halbe Stunde in Stuttgart proben sie eifrig. "Wenn wir weiterkommen, wäre das schon toll", sagt Christoph. Andy erhofft sich Kontakte zur Klubszene in Stuttgart. Bislang hatten sie im Tübinger Epplehaus und in Reutlingen größere Auftritte.

In der Mühlener Industriehalle prangt über den Köpfen der Musiker der riesige Schriftzug "Mass Casualty Incident", zu deutsch steht dieser Ausdrück für einen Fall, in dem es unzählige Verletzte gibt, etwa nach einem Unglück, deren Zahl die Rettungskräfte überfordert. Makaber. Und doch gleichzeitig Programm: "Der Name drückt ziemliches Chaos aus", sagt Sven, "und das machen wir ja auch."

Konzerte von Mass Casualty Incident: 2. Dezember – Keller Club Stuttgart, 22. Dezember – Klause Rottenburg, 12. Januar – Café Amerika Mühringen, 2. Februar – Kaiserhalle Reutlingen