Jacqueline Straub erzählt von ihrem Wunsch, katholische Priesterin zu werden. Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder Bote

Kirche: Die 29-jährige Theologin Jacqueline Straub kämpft seit 15 Jahren dafür, katholische Priesterin zu werden

Jung, attraktiv, intelligent und plakativ provokant – das ist Jacqueline Straub, die seit 15 Jahren das Priesterinnenamt in der katholischen Kirche anstrebt.

Horb. "Das ist meine Berufung, mein sehnlichster Wunsch" sagte die 29-jährige Theologin vor rund 70 Besuchern, davon mindestens zwei Drittel Frauen, im katholischen Gemeindezentrum auf dem Hohenberg. Die katholische Kirchengemeinde und die katholische Erwachsenenbildung Kreis Freudenstadt haben die junge Frau eingeladen, aus ihrem Leben zu berichten und ihr neuestes Buch "Kickt die Kirche aus dem Koma" vorzustellen. Iris Müller-Nowak freute sich als Gastgerberin dieses Abends riesig darüber, dass der Saal so voll war. Sie betonte, dass man mit dieser Veranstaltung in keiner Weise die Kirche schlecht machen wolle, denn "darum kümmern die sich schon selbst."

"In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst", dieses Zitat von Augustinus hat Jacqueline Straub zu ihrem Lebensmotto gewählt. Schon als Jugendliche fühlte sich die heute 29-Jährige dazu berufen, Priesterin zu werden. Seitdem kämpft sie für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der Kirche. Und dies mit aller Kraft der Überzeug und des Wortes. Obwohl Thesen wie: "Die halbe Menschheit ist vom Beruf der Priesterin ausgeschlossen" eher in Richtung marketingtechnische Provokation gehen, als in der Nähe von Realismus angesiedelt zu sein. Die gesamte Menschheit ist weder katholisch, noch wollen alle Frauen vorne am Altar stehen. Da gibt es noch ganz viel Freiraum dazwischen, doch die Autorin nutzt solch plakative Sätze, um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen.

Doch das war nicht immer so. Als Kind, aufgewachsen in der Nähe von Pfullendorf, erlebte sie einen düsteren, von einem strengen Pfarrer und ihrer Oma geprägten Katholizismus. Deshalb weigerte sie sich auch, ebenso wie ihre Schwester, als Ministrantin in der Kirche zu dienen. Erst in einem Ferienlager festigte sich ihr aufkeimender Glaube und sie wurde zum Jesus-Freak. Dort hat sie auch zum ersten Mal in ihrem Leben laut vor einer Gruppe gebetet. Ihre Angst, dass sie der Blitz dabei erschlägt, denn in ihrem damaligen Weltbild beten nur Pfarrer laut, war unbegründet. Sie verflog nach dem Gebet und der Jugendleiter sagte zu ihr: "Du solltest Pfarrerin werden." "Woher kannte der meinen innersten Wunsch", fragte sich die damals 16-Jährige. Ihr nächster Schritt war dann eigentlich klar. Am 9. November 2007 klingelte sie an der Tür des Dorfpfarrers und sagte, sie wolle Ministrantin werden. Das war eine gute Zeit für das suchende Mädchen, das immer mehr den Wunsch in sich spürte, Priesterin zu werden.

Sie studierte in Freiburg Theologie und hat dort schon festgestellt, dass ihre Kommilitoninnen ihren Berufswunsch gar nicht so cool finden. Ihr weht seither der Wind des Widerstandes und des Unverständnisses mit voller Breitseite ins Gesicht. Doch sie kämpft mit allen Mitteln gegen die verkrusteten Strukturen der römisch-katholischen Amtskirche die seit mehr als 2000 Jahren in der Tradition lebt, dass Jesus ein Mann war und zwölf Jünger, darunter keine einzige Frau, um sich scharte. "Das stimmt für mich so nicht, denn Jesus war in erster Linie Mensch", so das Gegenargument der Theologin Straub.

"Ich habe mir ständig Anfeindungen anhören müssen, doch das hat mich immer nur in meinem Wunsch bestätigt, Priesterin zu werden", so ihr klares Statement. "Und wenn ich mit 86 Jahren auf dem Sterbebett liege und mein Ziel, geweihte, verheiratete, katholische Priesterin zu sein, nicht erreicht habe, so habe ich doch die Gewissheit, dass ich alles dafür getan habe, dieses Ziel zu erreichen. Auch weiß ich dann, dass ich wenigstens einen Kieselstein für den Weg der Gleichberechtigung und Transparenz in der Kirche beisteuern konnte".

Und um dies zu erreichen, hat sie, als der Papst in Freiburg zu Besuch war, einen Artikel für ein Buch geschrieben, das dem Oberhaupt der katholischen Kirche übergeben werden sollte. Das war der Startschuss für ihre mediale Karriere als Schriftstellerin und gerne eingeladenen Teilnehmerin in zahlreichen Talkshows, bei der sie mit Energie, Frische und Selbstverständlichkeit ihr Anliegen vertritt.

Um gehört und wahrgenommen zu werden, gehören knackige Slogans zum Handwerk. Obwohl ihr neuestes Buch "Kick die Kirche aus dem Koma" heißt und von einem gewissen Optimismus zeugt, dass bei diesem Koma-Patienten noch was zu retten ist, zeigte sich Hans Dreher später in der offenen Fragerunde vom Gegenteil überzeugt. "Die katholische Kirche liegt nicht im Koma, sie ist bereits hirntot" stellte er fest. "Wenn wir mit dem Kirchenchor singen, sind wir mehr Menschen, als normale Besucher im Gottesdienst" nannte er ein Beispiel aus der Dettinger Gemeinde.

Die Möglichkeit, Dienst am Altar zu machen und dafür ins protestantische Lager zu wechseln, kommt für Jacqueline Straub überhaupt nicht in Frage. "Einmal katholisch – immer katholisch" zitiert sie hierzu einen Spruch, den ihr ihre Oma beibrachte. Aus ihrem eigenen Erfahrungsschatz steuert sie bei, dass sie der Meinung ist, ihre Berufung nicht erreicht zu haben, wenn sie als evangelische Pfarrerin an den Altar treten würde.

Die Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche, ein Zölibat, das abgeschafft gehöre, eine Sprache, die sich ins Verständliche ändern müsse oder die Aufdeckung der Missbrauchsfälle, das waren weitere Themenbereiche, die in der rund zweistündigen Veranstaltung zumindest angerissen wurden und die viel Stoff zum Nachdenken bieten.