Mit dem Aschermittwoch hat gestern die Fastenzeit begonnen. Sieben Wochen verzichten - oder bewusster leben.
Horb - In der Fastenzeit kann man auf vieles verzichten: Keine Schokolade, kein Alkohol, keine Vorurteile. Wir haben uns in der Stadt umgehört, wer fastet. Und wenn ja, was?
Eckard Bukenberger, Zunftmeister der Horber Narrenzunft, hat am Aschermittwoch eine krächzende Stimme. Die Fasnet hat ihre Spuren hinterlassen. Er will seinem Körper jetzt eine Phase der Erholung gönnen. "Ich faste Alkohol", sagt er. Besonders schwer falle ihm das nicht. "Über die Fasnet hatte ich genug davon. Mir fehlt dann höchstens in geselligen Runden etwas, bei einem Geburtstag oder so." Auf die Fasnet blickt er glücklich und erleichtert zurück: "Es lief alles reibungslos, auch Polizei und DRK waren zufrieden."
Gerhard Munding junior (36), Graf der Horber Fasnet 2014, hat sich überlegt, auf Süßes zu verzichten und generell weniger zu essen. "Meine Figur hat gelitten über die Fasnet", sagt er. "Man isst viel, trinkt viel und hat vielleicht auch mal spät noch Lust auf eine Pizza." Und er gesteht: "Ich schleck halt gern." So richtig überzeugt von seinem Fastenplan klingt er selbst noch nicht. "Meine Freundin ist da deutlich stärker als ich." Trotz der zusätzlichen Pfunde sei es "klasse und ein einmaliges Erlebnis" gewesen, den Grafen der Horber Fasnet zu geben.
Walter Burgbacher (64), zweiter Vorsitzender des evangelischen Kirchengemeinderats, wird nicht fasten. Den Wohlstand reduziert er eher im Sommer, wenn es ans Verreisen geht. "Ein Hotelurlaub, um mich verwöhnen zu lassen, kommt für mich nie in Frage", sagt er. Stattdessen fährt er mit seiner Frau, den vier Kindern, deren Partnern und sechs Enkeln in den Camping-Urlaub. Zuletzt war England das Ziel. Dann geht er nicht shoppen oder bummeln, sondern spielt mit den Enkeln am Strand. "Es hört sich blöd an, wenn man dazu Fasten sagt", meint er. Doch in dieser Zeit spürt er, worauf es im Leben ankommt.
Johannes Unz (37), evangelischer Pfarrer aus Mühlen, geht mit dem Fastenkalender der Kirche durch die Fastenzeit. Das Motto: "Selber Denken! Sieben Wochen ohne falsche Gewissheiten". Klingt abstrakt. Unz erklärt: "Die Schwierigkeit ist ja, sich selber auf die Schliche zu kommen, was eine falsche Gewissheit ist." Er hat unterschiedliche Typen dieser falschen Gewissheiten entdeckt: Bequemlichkeitsgewissheiten ("Da kann man ja eh nichts machen"), schlechte Erfahrungen als Gewissheit abgespeichert ("Das kann ich eh nicht"), Vorurteile ("Mein Nachbar ist ja so oder so...") und materielle Gewissheiten ("Wir sind nur glücklich mit diesem neuen Auto, Haus,..."). Unz spricht mit seiner Frau über die Anregungen im Fastenkalender. Er findet es erfrischend, das Leben aus einer anderen Perspektive zu betrachten.
"Ein gutes Fasten hat man nur dann, wenn es kein frommer Sport ist oder eine rein diätische Maßnahme", sagt er. "Für mich geht es darum, Hindernisse auf dem Weg zu Gott auszuräumen." Die Fastenzeit wird Thema in seinen Predigten an den Sonntagen bis Ostern sein.
Wieslaw Zielinski (60), katholischer Pfarrer in der Seelsorgeeinheit Dießener Tal, antwortet auf die Frage, ob er fastet, mit einem überzeugten: "Natürlich!" Er will Süßigkeiten ("Schokolade und Gummibärchen") weglassen. "Mal sehen, ob es schwer wird", sagt er. Vor allem angesichts des Umsturzes in der Ukraine mit Todesopfern müsse man sich darüber klar werden, "wie gut wir es hier haben". Besondere Fastengottesdienste wird er nicht halten. "Trotzdem hoffe ich, dass die Leute als Vorbereitung auf Ostern fasten werden, jeder auf seine Art."