Rund 40 Personen fanden sich ein, um sich vom Kultur- und Museumsverein zu den historischen Schauplätzen der Horber Hexenverfolgungen führen zu lassen. Erste Station war der Luziferturm, in dem sich das Hexengefängnis befand. Foto: Kultur- und Museumsverein Foto: Schwarzwälder Bote

Historisches: Joachim Lipp führte zu den historischen Schauplätzen der Hexenverfolgungen / Rund 40 Interessierte dabei

Rund 40 interessierte Teilnehmer hatten sich auf dem Flößerwasen eingefunden, um mit Joachim Lipp, Vorsitzender des Kultur- und Museumsvereins, die historischen Schauplätze der Horber Hexenverfolgungen aufzusuchen.

Horb. Assistiert wurde Lipp dabei vom stellvertretenden Vorsitzenden Heinrich Raible, der an jeder Station Bildmaterial austeilte, das die Geschichte der Hexenverfolgungen zusätzlich visualisierte.

In der Folterkammer begann die sogenannte peinliche Befragung

Am inneren Ihlinger Tor wurde mit dem Teufelspakt das erste Element der von den Dämonologen definierten Hexerei vorgestellt. Mit dem Teufelspakt verleugnete die Hexe angeblich Gott sowie ihren christlichen Glauben und erkannte den Teufel als ihren Herrn an. Zusammen mit dem Schütteturm in Rottenburg stellt der Horber Luziferturm das einzige noch erhaltene Hexengefängnis in der ehemaligen Grafschaft Hohenberg dar. Im zweiten Stock des Torturms befand sich die sogenannte Ruebkammer, eine eigens für Arrestanten gebaute, ziemlich ausbruchssichere Holzbohlenkammer, die leider bei der Einrichtung einer Gaststätte im Jahr 1984 zerstört worden ist.

Über die steile Marktsteige ging es hinauf zum Rathaus, wo als nächstes dämonologisches Element an Hand von Horber Urgichten die Teufelsbuhlschaft vorgestellt wurde. So absurd es heute erscheinen mag, so war es doch ein fester Bestandteil der Hexenlehre, dass Hexen mit dem Teufel Geschlechtsverkehr hatten. Im Rathaus wurden die der Hexerei bezichtigten Personen von Vertretern des Stadtgerichts zu den Vorwürfen befragt. Blieb die gütliche Befragung ohne Ergebnis, begann in der Folterkammer die sogenannte peinliche Befragung. Das Schreien der Gefolterten konnte auf dem Horber Marktplatz gehört werden.

In Fällen der Hochgerichtsbarkeit, bei denen es um Leib und Leben ging, tagte dann das Gericht unter freiem Himmel auf "Schranden" (Bänken) vor dem Rathaus. Bei den Ratsherren mit Richterfunktion handelte es sich grundsätzlich um nicht ausgebildete Juristen. Auch der Schultheiß, der als Vorsitzender den Gerichtsstab führte, war in der Regel kein Jurist.

Auf dem Burgstall, wo sich das Backhaus des Spitals befand, wurde wieder anhand von Geständnissen aus dem Stadtarchiv der Hexensabbat vorgestellt. Für die Hexenprozesse waren die Sabbatvorstellungen von größter Bedeutung, denn verhaftete Hexen wurden immer danach gefragt, wen sie auf dem Hexensabbat gesehen hätten. Eine Brutstätte für Hexereibezichtigungen war der Spital zum Heiligen Geist. Hier wurden viele Spitalinsassen und auch Personen aus der Spitalverwaltung als Hexen hingerichtet. Die Spitalunterkünfte galten als so hexennahe Orte, dass sie in den Urgichten sogar als Hexentanzplätze genannt wurden, obgleich Hexensabbate in bewohnten Gebäuden ansonsten sehr selten erscheinen.

Am Platzbrunnen, der 1578 bei einer Hochwasserkatastrophe zerstört wurde, stellte Lipp den Schadenszauber als das Element des Hexereibegriffs vor, das dem Volksglauben am nächsten stand. Infolge dieser Unwetterkatastrophe wurden nur drei Wochen später gleich neun Frauen zum Sündenbock gemacht und als Hexen exekutiert. Über dieses Geschehen in Horb wurde sogar im fernen Antwerpen berichtet.

Der Skandalfall leitete das Ende der Horber Hexenverfolgungen ein

In der Liebfrauenkapelle findet sich das Epitaph des Horber Obervogts Hans Jakob Liesch von Hornau, während dessen Amtszeit von 1597 bis 1606 der Höhepunkt der Hexenprozesse erfolgte. Hier wurde der Hexenflug als weiteres Element des Hexereibegriffs vorgestellt, das unser heutiges Hexenbild stark geprägt hat. Der Hexenflug findet sich in den Horber Urgichten aber nur selten, da bei den Hexenprozessen der Flug weder als Indiz, noch als schädigende Magie eine Bedeutung besaß.

In unmittelbarer Nähe des ehemaligen Gasthauses zum Guldin Schaf erinnerte Lipp an Christina Rauscher, die Ende November 1604 in einer überfallartigen Aktion von Mitgliedern des Stadtrats verhaftet und ins Gefängnis geführt wurde. Obwohl Christina im siebten Monat schwanger war, wurde sie der Folter unterzogen und verlor dabei ihr Kind. Der Skandalfall Christina Rauscher leitete das Ende der Horber Hexenverfolgungen ein. Die vom Ehepaar Rauscher von der Stadt geforderte Schadensersatz- und Prozesskostenerstattungssumme von rund 10 000 Gulden wurde nie ausbezahlt.

Einige Teilnehmer folgten Lipp und Raible trotz sommerlicher Temperaturen noch auf den Weg zur einstigen Richtstätte beim Wasserturm auf dem Kreuzkapellenberg. Hier beim sogenannten Galgenfeld wurden zwei Männer und 98 Frauen, die der Hexerei bezichtigt worden waren, hingerichtet. Die in Horb übliche Hinrichtungsart für Hexen war die strafmildernde Enthauptung mit anschließender Verbrennung der Leiche. Das reinigende Feuer sollte jede Erinnerung an das getötete Opfer auslöschen, seinen Zauber restlos vernichten und eine Beerdigung unmöglich machen.