Chris Kühn (Grüne) traf sich mit Mitgliedern der BI Hau und Holzwiese, unter ihnen Michael Kaupp und Christina Nuss. Foto: Lück

Chris Kühn (Grüne) stellt sich der Bürgerinitiative Hau und Holzwiese in Ahldorf. Zweiter Bundespolitiker vor Ort.

Horb-Ahldorf - "Das ist krass, was hier an Hau und Holzwiese geplant ist." Das sagt Chris Kühn, bundespolitischer Sprecher der Bundestags-Grünen für Bau- und Wohnungspolitik.

Der Platz vor der Grillhütte ist voll. Mindestens 70 sind auf Einladung der  Bürgerinitiative (BI) "Hau und Holzwiese" gekommen. Denn: Kühn ist nach Annegret Kramp-Karrenbauer der zweite prominente Bundespolitiker, der sich vor Ort ein Bild von dem geplanten Gewerbegebiet bekommt.

Ahldorfs Ortsvorsteher Harmut Göttler: "Auf unserer Gemarkung gibt es 180 Hektar Wald, 30 Hektar Autobahn. Das Dorf hat 30 Hektar." Und das geplante Gewerbegebiet soll bis zu 25 Hektar groß werden.

BI-Sprecherin Christina Nuss hatte Kühn bei seinem Besuch in Rottenburg kennengelernt. Hier kämpft Kiebingen gegen das geplante Gewerbegebiet vor seiner Haustür. Kühn: "In Kiebingen ist die geplante Fläche kleiner als hier in Ahldorf. Der Flächenverbrauch in Deutschland ist mit 64 Hektar täglich viel zu groß. Wir wollen diesen Verbrauch auf 30 Hektar herunterfahren und haben das Ziel, diese Fläche auf Null Hektar zurückzufahren. Deshalb schwebt uns Bundesgrünen ein Zertifikate-Handel mit Flächen vor. Uns ist die Bürgerbeteiligung wichtig und es kommt darauf an, dass die Bürger nicht nur die notwendigen Infos bekommen, sondern ich hoffe, dass die Bürger auch darüber hier abstimmen können!"

Grünen-Kreisrat Wolf Hoffmann: "Vor einer Woche war ich in einem Gespräch mit Winfried Kretschmann und Edith Sitzmann. Der MP hat gesagt, dass Bürger wie hier in Ahldorf ein wesentlicher Bestandteil des Umdenkens beim Flächenverbrauch sind."

Dann geht Walter Trefz ans Mikrofon. Auch Ur-Grüner, Förster und Mitglied des "Ahldorfer Aufstands". Trefz: "In Stadt, Kreis und Land ist es mit der Demokratie eher dürftig. Wegen den Menschen bin ich hier. Ich bin total begeistert von der Ecke. Von dem Wald mit seinem Laubholzrand aus Eichen, dem gestuften Nadelwald mit Laubholz. Das ist forstlich vorbildlich! Die Egelstalquelle ist in unmittelbarer Nähe. Es gibt offenbar neue Erkenntnisse vom Geologischen Landesamt über den Schutz dieser Quelle."

Nach den Statements geht es in die Diskussion. Nuss fragt, ob die Ausweitung weiterer Gewerbeflächen angesichts der Digitalisierung überhaupt notwendig ist.

Kühn: "Nach dem Zweiten Weltkrieg gingen die Planungen dahin, Gewerbe, Wohnen, Arbeit und Leben zu trennen. Heute geht der Trend genau umgekehrt – dass man alles auf engem Raum hat. Natürlich gibt es Gewerbe, das wegen des Lärms und der Emissionen wirklich besser weit weg von der Siedlung ist. Doch bevor Kommunen Gewerbegebiete ausweisen, braucht es eine Bedarfsplanung. Und diese Bedarfsplanung muss auch mit den Bürgern diskutiert werden. Es geht nicht, dass sich eine Kommune vor dieser Bürgerbeteiligung drückt."

Die Bedarfsplanung hat das Horber Rathaus – trotz mehrere Nachfragen der BI und der Offenen Grünen Liste – bis heute nicht vorgelegt. Rottenburg hat das getan. 

Ein Bürger: "Wir sind jetzt schon total eingekesselt. Wir haben das Gefühl, Horb haut uns mit der Klatsche noch eins drauf!" Kühn erklärt anhand des Beispiels Kiebingen: "Zwischen dem Neckartal und Ort entsteht die neue B 28. Wenn man dort noch große Gewerbeeinheiten hinsetzt, dann verliert der Ort seinen dörflichen Charakter."

Trefz: "Ich prophezeie heute eins: Wenn wir uns solche Landschaften wegnehmen lassen, dann ist das der Tod dieser Orte. Und das Geld, welches durch das Gewerbe eingenommen wird, ist noch schneller weg als erwartet. Dass Ahldorf zur Schlafstadt wird, ist nicht im Sinne der Ahldorfer."

Dann greift wieder BI-Sprecherin Nuss in die Debatte ein. Sie betont, dass Horbs Oberbürgermeister Peter Rosenberger immer sagt, dass die Stadt kein Gewerbegebiet an der Autobahn hätte.

Kühn: "Ich erlebe seit Jahren die CSU-Verkehrspolitik. Es macht keinen Sinn, entlang der Autobahn eine Logistikhalle nach der nächsten anzusiedeln. Etwas ganz anderes wäre es, wenn es Unternehmen vor Ort gibt, die sich erweitern wollen. Es kommt also auch auf die Frage an, welche Qualität das Gewerbe hat."

Nuss betont, dass man die Wirtschaft nicht vergraulen wolle, sondern, dass sich die BI auch mit den Unternehmen vor Ort in Verbindung setzt. Der Bundestagsabgeordnete merkt an, dass er sich im Prinzip dafür einsetzt, dass die Kommunen an sich noch mehr Planungshoheit auch für Gewerbegebiete bekommen. Gleichzeitig müsse aber auch eine wirkliche Bürgerbeteiligung her. Kühn: "Damit solche Konflikte wie hier nicht eskalieren! Ein Projekt wie hier ist keines, welches man gegen die Bürger durchsetzen kann. Im Vorfeld der Kommunalwahl hat die BI jetzt die Möglichkeit, auf alle Kandidaten zuzugehen. Das sollte man nutzen."

Und die mangelnde Bürgerbeteiligung und Information war auch Thema. Michael Kaupp: "Oft laufen wir mit unseren Fragen und Anliegen auf einen Block." Gudrun Birkenberger: "Ich war in der Steuerungsgruppe bei der Bürgerbeteiligung zum Masterplan 2050. Lange hatte ich das Gefühl, dass die Bürger wirklich einbezogen wurden. Doch hier habe ich das Gefühl, dass in Ahldorf was durchgedrückt werden soll. Bei kritischen Nachfragen erwarte ich, dass man wie Erwachsene spricht. Und nicht wie ein Kind den Nacken einzieht und sagt: Ich bin jetzt beleidigt."

Hoffmann: "Im nächsten Jahr sind Kommunalwahlen. Ich kann Ihnen nur empfehlen – kandidieren Sie – egal, in welcher Partei!"

Dann macht Chris Kühn noch mit Ortsvorsteher Göttler, Hoffmann, Kaupp, Birkenberger und anderen einen kurzen Gang zum Großen Hau. OGL-Fraktionschef Markus Pagel zeigt auf die alten Eichen am Waldrand: "Das sind die ökologisch wertvollsten Bäume, die es gibt." Chris Kühn: "Es ist nichts verloren, wenn man gut argumentiert."