Das Team des Geburtshauses und rund 20 Eltern setzten gestern am internationalen Tag der Hebamme ein Zeichen und machten auf die Missstände aufmerksam. Unter dem Motto "Wir sehen schwarz", ließen die Anwesenden 250 schwarze Luftballons steigen. Foto: Hopp

Missstände im Hebammenberuf macht auch Einrichtung in Dießen zu schaffen. Wie es weitergeht, bleibt ungewiss.

Horb-Dießen - Ein Kind zu bekommen ist eines der schönsten Ereignisse. Doch was tun, wenn keine Hebamme da ist und man niemand hat, der einen während der Schwangerschaft begleitet?

Diese Sorge ist in den letzten Jahren leider bittere Realität geworden. Steigende Haftpflichtprämien für freiberufliche Hebammen haben zur Folge, dass viele Geburtshelferinnnen ihren Job an den Nagel hängen müssen.

Ab Juli 2016, so befürchten viele Hebammen, könnte es sogar zum Ende der freiberuflichen Hebammentätigkeit kommen. Ab dieser Zeit gibt es niemanden mehr, der für die Versicherung der Hebammen aufkommt.

Die Krise im Hebammenberuf macht auch Dorothea Fritz und ihrem Team vom Geburtshaus in Dießen zu schaffen. Seit 2010 versorgt das Geburtshaus rund 150 Familien im Jahr. Wie es Mitte des nächsten Jahres weitergeht, ist ungewiss. Vor allem die Planungsunsicherheit erschwert die Arbeit für Dorothea Fritz. Im November würde sie gerne eine vierte Hebamme einstellen, doch sie muss erst abwarten, wie die Politik auf die Missstände reagiert. Nicht nur die hohen Versicherungsprämien sind ein Problem. Zusätzlich klagen die Geburtshelfer über viel zu niedrige Löhne. "Wenn ich so viel bekommen würde, wie ein Handwerker, wäre ich glücklich", erzählt Dorothea Fritz, die seit 21 Jahren als Hebamme tätig ist.

Gestern, am internationalen Hebammentag, setzten das Team des Geburtshauses und rund 20 Eltern ein Zeichen und machten auf die Missstände aufmerksam. Unter dem Motto "Wir sehen Schwarz" ließen die Anwesenden 250 schwarze Luftballons steigen.

Nach der Aktion gab es einen kleinen Imbiss, ehe man sich frisch gestärkt in einer Diskussionsrunde über Sorgen und Anliegen austauschte. Mit anwesend in der Gesprächsrunde war der FDP-Landtagsabgeordnete Timm Kern, der sich über die Sorgen der Betroffenen in seinem Heimatwahlkreis informierte.

Und diese sind äußerst umfangreich. Viele Mütter und Schwangere sehen durch den Rückgang der freiberuflichen Hebammen die Wahlfreiheit, wo sie gebären möchten, eingeschränkt. Im Falle einer Schließung des Geburtshauses in Dießen müssten umliegende Krankenhäuser in den kommenden Jahren 150 werdende Mütter aufnehmen.

Zudem würde ein Service für Schwangere wegfallen, den sie im Krankenhaus so nicht bekommen würden. Neben Geburten im Geburtshaus in Dießen bieten die Hebammen zusätzlich Hausgeburten an und sind von der Schwangerenvorsorge bis zu Wochenbettbesuchen für die Mütter da. Darüber hinaus bietet das Geburtshaus Beratungen und Kurse in allen Bereichen an. "Wir sehen die Frauen, die zu uns kommen, nicht als Patientinnen, sondern als Mütter", berichtet Ulrike Lingner, die seit November 2014 im Geburtshaus tätig ist. Bereits im letzten Jahr hat das Geburtshaus zusammen mit dem Verein Mittelpunkt diese Aktion gestartet. "Da sich seitdem nichts änderte, versuchen wir es eben dieses Jahr noch einmal", so Dorothea Fritz.

Ob sich dieses Jahr etwas ändert, steht noch in den Sternen. Die Hoffnung, dass sich etwas tut, ist aber groß bei den Geburtshelferinnen in Dießen, da ihnen ihr Beruf sehr viel Spaß bereitet und sie ihn mit großer Leidenschaft ausüben.