Zwölf Angehörige suchen Gespräch mit Stadt. Arbeitsgruppe soll Regeln erarbeiten. Kläger bekommt keinen Zutritt.
Horb - Kommt jetzt endlich Frieden im Streit um den Ruhewald? Am Montagabend um 17.30 Uhr gab es ein Treffen zwischen den Pächtern der Gräber und dem Rathaus. Nicht-öffentlich. OB Peter Rosenberger hatte im Gemeinderat versprochen, dass er sich persönlich den Angehörigen stellt.
Kläger bekommt keinen Zutritt
17.25 Uhr vor der Hohenberghalle. Bürgermeister Ralph Zimmermann (FDP) diskutiert mit dem Kläger und dessen Mutter, die das Rathaus wegen des Deko-Streits vor dem Verwaltungsgericht in Karlsruhe verklagen. Dann verlassen der Kläger und seine Mutter den Eingangsbereich der Hohenberghalle. Sie haben keinen Zutritt bekommen. Sie treffen noch Stadtrat Dieter Rominger-Seyrich (SPD), der zum "Ruhewald-Krisengipfel" dazukommt.
Stadtverwaltung sprach bisher von "Einzelperson"
Für die Stadtverwaltung ist dieser Termin bereits eine bittere Pille. Denn seit es Unruhe im Ruhewald gibt, also seit fast zwei Jahren, spricht die Stadtspitze von einer "Einzelperson", die sich über "willkürliche und herzlose Abräumkommandos" auf Grabstellen beklagte.
Auch Ende April schrieb die Pressestelle der Stadt, dass es "sehr ruhig" sei. Gleichzeitig sparte die Stadtverwaltung nicht daran, die Medienberichterstattung selbst zu kritisieren. In unserer Zeitung kamen allerdings immer wieder verschiedene Angehörige zu Wort, die sich bitterlich über die "pietätlose" Vorgehensweise der Stadt beschwerten. So kam es beispielsweise im Juni 2019 bereits zu einem losen Zusammentreffen mehrerer Betroffener, die von ihrem Kummer berichteten. Stein des Anstoßes: Eine zunächst in einem Flyer empfohlene Dekoration mit Produkten des Waldes ufterte aus Sicht der Stadt teilweise aus, sodass schließlich nichts mehr gestattet wurde. Über Nacht wurde der Flyer auf der Homepage der Stadt entfernt.
Rosenberger war die Verärgerung anzumerken, als ebenfalls Ende April dieses Jahres der Ruhewald-Streit noch einmal Thema im Gemeinderat wurde. BiM-Stadträtin Christina Nuss hatte sich vor Ort in Nordstetten Meinungen von Angehörigen angehört und diese dann im Gremium vorgebracht. Für die Stadtspitze war die Kritik nicht nachvollziehbar. Dennoch bot der OB Gesprächsbereitschaft an: "Wer ein Problem vor Ort hat, soll mir das bitte persönlich sagen."
Und das schien tatsächlich so eingetreten zu sein. Denn am Montagabend kamen insgesamt laut Stadtverwaltung zwölf Hinterbliebene, laut Teilnehmern seien es 14 gewesen.
Um 19.18 Uhr öffnen sich die Türen der Hohenberghalle. Der Gipfel ist zu Ende. Stadträte und Angehörige stehen vor der Tür. OGL-Fraktionschef Luis Schneiderhan will nichts zur Sitzung sagen: "Das war vertraulich." Simon Jung (BiM) sagt: "Wir haben interessante Einblicke bekommen."
Dem Kläger wird die Teilnahme am Gipfel verwehrt
Zumeist sachlich soll das intensive Ges präch gewesen sein, wie der Schwarzwälder Bote im Nachhinein erfahren hat. Nur einmal sei die Stimmung gekippt, als ULH-Stadtrat Hermann Walz sein Unverständnis für die Debatte geäußert und kritisiert habe, warum der Kläger nicht selbst zum Gespräch gekommen sei. Die Vertreter der Stadt hätten aber eingeräumt, dass der Kläger keinen Zutritt zur Veranstaltung erhalten habe. Grund: Da man sich im Rechtsstreit befinde, sei ein "einfaches" Gespräch ohne die Rechtsanwälte nicht zulässig. Eine Ansicht, die der Rechtsanwalt des Klägers allerdings bestreitet. Gespräche zur Streitschlichtung seien vom Gesetzgeber erwünscht.
Dennoch: Das Gespräch zwischen Hinterbliebenen und Stadt sei konstruktiv gewesen. Ein Angehöriger sagt: "Wir hoffen, dass wir einen vernünftigen Kompromiss hinbekommen." Dem pflichtet eine Frau bei: "Das hoffe ich auch. Ich bin die letzte Zeit nicht mehr in den Ruhewald gegangen. Drei Mal hat man das Grab abgeräumt."
Kurze Zeit später kommt auch Oberbürgermeister Peter Rosenberger aus der Halle. Er sagt: "Zwölf Angehörige waren in der Halle. Die Diskussion war spannend, wir haben sehr tiefe und emotionale Einblicke bekommen. Wir als Stadtverwaltung nehmen mit, dass die ursprünglichen Ideen, wie sie im ersten Flyer der Stadtverwaltung für den Ruhewald formuliert waren, wieder aufgegriffen werden könnten – allerdings konkreter ausgeführt."
Werden Dekorationen mit Wald-Produkten bald wieder erlaubt?
Er zieht aus den Akten den Flyer von damals. Tippt mit dem Finger auf den Text, der mit pinkem Textmarker durchgestrichen und mit Fragezeigen versehen ist: "Alles, was im Wald natürlich vorkommt, wie Moos, Zapfen oder Farn, kann bei Bedarf zur Dekoration eines Urnenbelegplatzes herangezogen werden. Der Baum darf nicht geschmückt werden."
Auf Vorschlag von Oberbürgermeister Rosenberger soll jetzt mit fünf der Hinterbliebenen, die Gräber im Ruhewald gepachtet haben, eine Arbeitsgruppe gebildet und Vorschläge erarbeitet werden, was konkret als Dekoration in Zukunft erlaubt sein soll. Rosenberger: "Die Regeln, die sich daraus ableiten, wollen wir dann auf Papier bringen. Schmuck wie Blumen sollen es natürlich nicht sein. Wenn wir diese Regeln gemeinsam erarbeitet haben, wollen wir sie dem Gemeinderat vorlegen. Ob wir dafür eine Satzungsänderung benötigen, sehe ich im Moment noch nicht." Ein Teilnehmer zitiert Rosenberger: "Er hat gesagt: ›Das Ziel sei, dass der damalige Flyer wieder Gültigkeit hat."
In Nagold will man einen Streit wie in Horb von Vornherein verhindern
Ein starkes Argument war wohl an diesem Abend auch der Bezug auf die Nachbarstadt Nagold, den eine Angehörige vorbrachte. Dort wird ebenfalls ein Ruhewald geplant – und der Konflikt in Horb gilt dort als mahnendes Beispiel, plädierte Landschaftsarchitekt Hagen Harwardt dafür, Grabschmuck "in bestimmten Maße" in Nagold zuzulassen. "Weil man ihn eh nie wird vermeiden können." Es gehöre zur Trauerarbeit und Trauerbewältigung dazu, über eine Gabe am Grab vom geliebten Menschen Abschied nehmen zu können. Allerdings wolle man für den Nagolder Ruhewald "ausschließlich das, was man natürlich im Wald finden" könne, zulassen. Was darüber hinaus auf den Urnengräbern platziert würde, werde auch in Nagold rigoros abgeräumt werden.
Oberbürgermeister Rosenberger hofft jetzt, dass eine Lösung gefunden wird, die für alle tragbar ist: "Der Terz im Ruhewald schadet nur. Ich hoffe, dass diejenigen, die es gerne anders hätten, Respekt vor dem Kompromiss zeigen, der hoffentlich gefunden werden kann. Und vor denen, die sich dann daran halten!"
Interessant: Zwar ist der bisher zuständige Rathaus-Mitarbeiterin für den Ruhewald weiterhin zuständig für das Friedhofswesen. Laut OB Rosenberger sei die Mitarbeiterin allerdings kein persönlicher Ansprechpartner für den Ruhewald.