Todesfalle Neckarwehr: Drei Schwanen-Babys stürzen in die Tiefe. Horberin rettet ein Vogelbaby und bringt es wieder zu Eltern.
Horb - Diese Horberin ist wirklich eine Heldin! Eine Frau rettete am Freitag das letzte Schwanen-Baby vor dem Tod.
Sie sind seit Wochen das Neckargespräch: Die brütenden Schwäne am Alten Freibad – direkt vorm Porto Neckar. Anfang der Woche schlüpften dann vier süße Küken.
Am Freitagmittag, Wochenmarkt. Der Gemüsestand vor der Markthalle. Die Frau erzählt uns, dass sie gestern gesehen hat, wie eins der vier Küken so dicht ans Wehr geschwommen ist, dass es vom Strom erfasst und runtergerissen wurde. Sie hat Tränen in den Augen.
Kann das stimmen? Recherche. Schwabo-Fotografin Maria Hopp begibt sich auf die Suche. Gegen 13.10 Uhr aufgeregter Anruf der Fotografin in der Redaktion: "Ich habe gerade gesehen, wie alle drei Küken vom Wasser mitgerissen wurden!" Das letzte Foto der Schwaneneltern mit den drei Küken hatte sie um 13.06 Uhr gemacht...
Der Schwabo alarmiert sofort Lambert Straub vom Naturschutzbund. Der setzt sofort alle Hebel in Bewegung und ruft über den NABU Verstärkung, da er sich gerade in Leonberg befindet.
Kurz danach erscheint die Frau. Sie ist völlig außer sich, gestikuliert und ruft nach Hilfe. Dann geht sie auf der Mauer unter dem Wehr entlang, man sieht, wie sie ins Wasser langt. Dann hat sie – wie durch ein Wunder – ein Küken in der Hand. Sie hält es beschützend mit beiden Händen, drückt ihm einen Kuss auf. Sie ruft: "Zwei sind noch hinter dem Wasserfall. Hilfe, Hilfe!"
Der Schwabo-Reporter geht in den Dauerlauf – Flößersteg, Ufer, Steine, vor der Mauer. Die Heldin ist völlig aufgelöst, sagt: "Können Sie schwimmen? Da sind noch zwei Küken!" Zeigt auf eine Stelle. Nichts zu sehen. Sie sagt: "Mein Küken ist um den Wasserfall an der Seite durchgeschwommen und kam auf mich zu. Da habe ich es gerettet." Sie hält das Kleine am Bauch in ihrem weißen T-Shirt eingewickelt.
Gegenüber pfeift ein Mann im roten Hemd und zeigt aufs Wasser. Dort ist ein weißer Flaumball zu sehen. Das zweite Küken – tot?
Dann kommt Biologin Ursula Göttert vom NABU alarmiert. Sie nimmt ihr Fernglas, schaut hinter den Wasserfall – nichts. Sie beruhigt die Heldin: "Es kommt gleich noch jemand von uns. Der ist Angler, der schaut nach."
Dann erscheint Eckard Göttler. Er zieht sich hohe Anglerstiefel an. Göttler watet in das Wasser, seine Frau Waltraud zuckt kurz zusammen, als er mal kurz abrutscht, den Kescher in der Hand. Göttler findet nichts.
Die Heldin sagt: "Am besten wäre, man würde die Eltern hier runter jenseits des Wehrs locken, damit das Küken beim nächsten Sturz nicht auch noch stirbt!"
Biologin Göttert beruhigt sie: "Wir werden das Küken jetzt zurück zu den Eltern bringen. Vogel-Babys macht es nichts aus, wenn sie von Menschen berührt werden – die Eltern nehmen es trotzdem an. Und Herr Göttler nimmt dann das Küken in den Kescher und wir versuchen, die Schwaneneltern runter zu locken."
Die ganze Gruppe geht flußaufwärts. Die Schwaneneltern sind gegenüber am Steg vor dem Alten Freibad. Die Heldin winkt, pfeift, doch nichts passiert. Dann packt sie das Küken in den Kescher. Es piept. Plötzlich rauschen die Eltern heran.
Göttert sagt: "Die kommen nicht raus. Lassen Sie das Küken ins Wasser." Die Frau lässt es frei. Blitzschnell schwimmt es zu seinen Schwaneneltern, die umrunden es sofort, um ihr letztes Baby zu beschützen.
Es ist 14.10 Uhr. Das Schwanendrama ist vorbei. Die Frau sagt: "Man müsste am besten das Wasser am Wehr abstellen, damit das nicht noch mal passiert." Biologin Göttert verspricht ihr, dass sie nachfragen wolle. Und tröstet sie: "Die Schwanen-Babys sind lernfähig. Wir hatten so etwas schon einmal vor drei Jahren. Da haben wir das Vogel-Baby auch zu den Eltern zurückgebracht – und ihm ist danach nichts passiert."
Und warum wurde die Frau – die nicht mit Namen genannt werden will – zur Heldin?
Sie sagt: "Ich sehe die Schwanenfamilie immer, wenn ich bei mir aus dem Fenster schaue. Als ich dann das neue Drama mitbekommen habe, musste ich gleich eingreifen!" Wenigstens das letzte Schwanenbaby konnte sie noch retten...